Max
Reinhardt
das ist bis 1904 Max
Goldmann
geb. Baden,
Niederösterreich, am 9. September 1873
gest.
New York,
New York, am 30. Oktober 1943
Schauspieler, Theater-
und Filmregisseur sowie Theaterdirektor
Max Reinhardt, Sohn
eines jüdischen Kaufmanns, wuchs in Wien auf. Er besuchte 1884 bis 1888
das Realgymnasium in Wien, begann anschließend eine Banklehre und konnte
daneben Schauspielunterricht nehmen. 1890 debütierte er am Fürstlich
Sulkowskischen Privat-Theater in Wien, wo übrigens 1873 auch
Josef Kainz (1858–1919) debütiert hatte. 1892 bis 1893 hatte
Reinhardt ein Engagement am Neuen Volkstheater in Wien-Rudolfsheim, 1893
in Pozsony / Preßburg (Ungarn; Bratislava, Slowakei) und 1893 bis 1894 am
Stadttheater in Salzburg (Salzburg).
1894 kam Max Reinhardt
als Schauspieler ans Deutsche Theater in Berlin, dem er bis 1902
angehörte. 1898 war er Mitbegründer der Secessionsbühne am Neuen Theater
in Berlin, wo er auch erste Erfahrungen als Regisseur sammelte,
wenngleich sein erstes öffentliches Debüt als Regisseur erst 1902
erfolgte. 1900 bis 1902 erteilte er außerdem Schauspielunterricht am
Stern’schen Konservatorium in Berlin. 1901 war Reinhardt Mitbegründer
des Vereins »Die Brille« und eröffnete 1901 sein erstes Theater, die
Kleinkunstbühne »Schall und Rauch« in Berlin, aus dem 1902 das Kleine
Theater (später Berliner Ensemble) hervorging und dessen Direktion er
1903 bis 1905 inne hatte. Gleichzeitig übernahm Max Reinhardt die
Direktion des Neuen Theaters in Berlin (später Theater am
Schiffbauerdamm), die er 1903 bis 1906 inne hatte. Für die umfangreichen
Unternehmen holte er 1901 seinen Bruder
Edmund Reinhardt (1875–1929) nach Berlin, der fortan die
geschäftlichen Angelegenheiten von Max Reinhardts Theaterunternehmungen
managte. Auch die anderen Brüder, Siegfried Reinhardt (d.i. Siegfried
Goldmann; 1883–?) und Leo Reinhardt (d.i. Leo Goldmann; 1885–?),
arbeiteten später an den Theaterunternehmungen Max Reinhardts mit. 1904
nahmen Max Reinhardt und seine Geschwister den teilweise schon früher
geführten Namen »Reinhardt« offiziell an. 1905 übernahm Max Reinhardt
die Direktion des Deutschen Theaters, die er bis 1920 inne hatte.
Gleichzeitig eröffnete er 1905 die von ihm geleitete Schauspielschule
des Deutschen Theater. 1906 kaufte Reinhardt das Deutsche Theater und
eröffnete am Nachbargrundstück die dem Deutschen Theater angeschlossenen
Kammerspiele. Zahlreiche Gastspiele in Europa und seit 1912 auch in den
USA folgten, und Reinhardt inszenierte an den bedeutendsten Bühnen des
deutschsprachigen Raums. Reinhardts neuer Theater- und Inszenierungsstil
erregte allgemeines Aufsehen, hatte aber auch zahlreiche Kritiker, etwa
den Journalisten, Schriftsteller und Übersetzer
Paul Goldmann (1865–1935).
1910 heiratete Max
Reinhardt, der schon eine außereheliche Tochter Jenny mit einer Sängerin
hatte, die Schauspielerin Else Heims (1878–1958). Aus dieser Ehe stammen
die Söhne Wolfgang Reinhardt (1908–1979), der später Filmproduzent in
den USA wurde, und Gottfried Reinhardt (1913–1994), der als Schauspieler
bei seinem Vater begann und später Filmproduzent und Regisseur wurde.
1933 wurden sie nach lettischem Recht geschieden, 1935 erfolgte die
Trennung in gegenseitigem Einverständnis.
Seit 1910 war er auch
als Regisseur und seit 1912 als Produzent von Filmen tätig. Außerdem
wurde er 1913
korrespondierendes
Mitglied der »Künstlerischen Bühnenvorstände«, Berlin. 1915 bis 1918 war
Reinhardt auch Direktor der Volksbühne in Berlin, und 1917 eröffnete er
mit Georg Heinz Herald (d.i. Georg Pinner; 1890–1964) am Deutschen
Theater die Versuchsbühne »Das junge Deutschland«, welche wesentlich zur
Durchsetzung des Expressionismus in Deutschland beitrug.
1918 erwarb Max
Reinhardt das Schloss Leopoldskron in Salzburg (Salzburg), das er bis
zur Enteignung durch die Nationalsozialisten 1938 besaß. Er gestaltete
Schloss wie Park aufwändig aus, machte sie zu einem wichtigen Treffpunkt
für Künstler und Künstlerinnen und inszenierte hier seit 1923
Theaterfestspiele. Außerdem gründete er die seit 1917 mit
Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) und
Richard Strauss (1864–1949)
vorbereiteten Salzburger Festspiele 1920, bei denen er bis 1937
inszenierte, seit 1925 auch im neu eröffneten Salzburger Festspielhaus;
unter anderem wurden diese seit 1925 von
Bruno
Walter (1876–1962) mitgestaltet.
1919 eröffnete Max
Reinhardt in Berlin den umgebauten Zirkus Schumann als Großes
Schauspielhaus in Berlin (später Friedrichstadtpalast) und schloss
diesem sein zweites Kabarett »Schall und Rauch« an; beide Unternehmungen
standen bis 1920 unter seiner Direktion.
Im August 1920 gab Max
Reinhardt die Direktion all seiner Berliner Theater ab, behielt sie aber
in seinem Besitz. Reinhardt war eng mit dem Großindustriellen
Isidor Mautner (1852–1930), welcher sei 1925 auch Besitzer
der
Textilfabrik Marienthal war, befreundet. Dieser ermöglichte als
erster Finanzier 1923 die Pacht und nach dessen Kauf auch den 1924
abgeschlossenen Umbau des Theaters in der Josefstadt in Wien. Max
Reinhardt übernahm die künstlerische Leitung, sein Bruder
Edmund Reinhardt die Verwaltung. An diesem Theater arbeiteten
übrigens dann auch die Schauspielerin
Adrienne Gessner (1896–1987), der Schauspieler und Regisseur
Alfred Neugebauer (1888–1957), die Bühnen- und
Filmschauspielerin
Paula Wessely
(1907–2000) und ihr Mann, der Bühnen- und Filmschauspieler
Attila Hörbiger
(1896–1987), sowie der
Schwiegersohn von
Isidor Mautner, der
Schauspieler, Regisseur, Schauspiellehrer und Schriftsteller
Paul Kalbeck (1884–1949), der in zweiter Ehe mit
Marie Mautner (1886–1972)
verheiratet war; einen weiteren Berührungspunkt mit der Mautner-Familie
gab es durch die Reinhardt-Schauspielerin
Eleonora von Mendelssohn (1900–1951).
Paul Kalbeck gründete mit dem
Bruder seiner ersten Frau, der
Schauspielerin, Schauspielpädagogin und Regisseurin
Helene Thimig
(1889–1974), mit dem
Schauspieler Hans Thimig (1900–1991)
1923 die Neue Schule für dramatischen Unterricht, aus
der 1929 das so genannte Reinhardt-Seminar hervorging, 1929 begann
Reinhardts Zusammenarbeit mit dem Komponisten, Dirigenten und Pianisten
Erich Wolfgang Korngold (1897–1957), die er während seiner
USA-Aufenthalte in Hollywood (California) fortsetzte. 1935 heiratete Max
Reinhardt Kalbecks geschiedene Frau Helene Thimig. Beide, Max Reinhardt
und Helene Thimig, gehörten zum engen Freundeskreis der Kunstmäzenin
Jenny Mautner (1856–1938), der Ehefrau von
Isidor Mautner.
1924 eröffnete Max
Reinhardt die Komödie am Kurfürstendamm in Berlin und übernahm wieder
die Direktion aller seiner Berliner Bühnen. 1928 eröffnete er das
ebenfalls von ihm geleitete Berliner Theater in Berlin. Im Dezember 1932
gab er jedoch die Leitung all seiner Berliner Bühnen ab.
Im März 1933 verließ
Max Reinhardt Deutschland endgültig, obwohl ihm vom Minister für
Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels (1897–1945) die
»Ehren-Arierschaft«
angeboten wurde. Er lebte nun in Wien, hielt sich aber vielfach auch in
den USA auf. 1933 erhielt er das Ehrendoktorat (Dr. phil. h. c.) der
University of Oxford. 1935 gab Reinhardt die Leitung des Theaters in der
Josefstadt ab, nicht zuletzt, um seine Emigration vorzubereiten.
1937 emigrierte Max
Reinhardt mit seiner Frau in die USA, deren Staatsbürger er 1940 wurde.
1937 eröffnete er in Hollywood (California), den Max Reinhardt Workshop
for Stage, Screen and Radio, eine Art Akademie, bei der auch seine Frau
Helene Thimig
als Dozentin und Direktorin arbeitete. Nach der Schließung der Akademie
1941 zog das Ehepaar nach New York (New York) wo es unter anderem von
Erich Wolfgang Korngold unterstütz wurde. Reinhardt
unterzeichnete hier auch einen Aufruf prominenter österreichischer
Exilanten, sich einem geplanten Austrian Bataillon zur Befreiung vom
Nazi-Deutschland anzuschließen. Seine Privatsekretärin in New York war
übrigens Johanna
Haeussermann (1918–1945), die Tochter des
Schriftstellers,
Regisseurs und Theaterdirektors
Ernst Lothar (1889–1974).
Max Reinhardt gilt
heute als einer der bedeutendsten Theaterregisseure des 20.
Jahrhunderts, der ein eigenes, auf Großrauminszenierungen mit riesiger
Bühnenmaschinerie und einer Vielzahl von Statisten beruhendes
»Schautheater«
begründete.

Selbstständige
Publikationen von Max Reinhardt
● Schall und
Rauch. Mit
Buchschmuck von Albert Fiebiger.
Erster Band.
Berlin–Leipzig: Schuster & Loeffler 1901, 235 S. Mehr nicht erschienen.
● Rede über
den Schauspieler. (Mit einem Originalholzschnitt von Elisabeth
Stemberger.)
[Wien]: Edition Komödie im Bindenschild-Verlag 1947, 30 S.
● Ausgewählte
Briefe, Reden, Schriften und Szenen aus Regiebüchern. Herausgegeben von
Franz Hadamowsky.
Wien: Prachner 1963 (= Veröffentlichungen der Theatersammlung.
Neue Folge. 3. /
Museion Reihe. 1.),
210 S. & 16 Tafeln.
● Der
Briefwechsel Arthur Schnitzlers mit Max Reinhardt und dessen
Mitarbeitern. Herausgegeben von Renate Wagner.
Salzburg: Müller 1971 (= Publikation der Max-Reinhardt-Forschungsstätte. 2.),
145 S.
● Schriften.
Briefe, Reden, Aufsätze, Interviews, Gespräche, Auszüge aus
Regiebüchern. Herausgegeben von Hugo Fetting.
Berlin: Henschel 1974, 527 S. Auch unter dem Titeln
»Ich
bin nichts als ein Theatermann. Briefe, Reden, Aufsätze, Interviews,
Gespräche, Auszüge aus Regiebüchern«
und
»Leben
für das Theater. Briefe, Reden, Aufsätze, Interviews, Gespräche, Auszüge
aus Regiebüchern«.
● Drei
Don-Carlos-Parodien, [herausgegeben] von Peter Löffler.
Basel: Birkhäuser 1992, 91 S. Enthält:
Don Carlos oder Der
Infant von Spanien oder Der unnatürliche Sohn. – Karle. – Carleas und
Elisande.

Filme von Max
Reinhardt
● Sumurûn.
Regie: Max Reinhardt. Deutschland 1910, schwarz-weiß.
● Das Mirakel.
Regie: Cherry Kearton (1871–1915) & Max Reinhardt (auch Produzent).
Österreich 1912, schwarz-weiß, 30 Minuten.
● Die Insel der Seligen.
Regie: Max Reinhardt. Deutschland 1913, schwarz-weiß, 49 Minuten.
● Eine
venezianische
Nacht.
Regie: Max Reinhardt (auch Drehbuchautor). Deutschland 1914,
schwarz-weiß.
● A
midsummer night’s dream.
Regie:
William Dieterle (1893–1972) & Max Reinhardt (auch Produzent). USA 1935. Tonfilm, schwarz-weiß, 142 Minuten.
© Reinhard Müller
Stand:
Juli 2011
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