Neue Literatur aus Österreich
Incentives - Neue Literatur aus Österreich
readme.cc eröffnet einen mehrsprachigen Zugang zur neuesten österreichischen Literatur. In Kooperation mit dem Literaturhaus in Wien bietet die Leseplattform Einblick in das aktuelle literarische Geschehen des Landes.
LiteraturjournalistInnen und WissenschaftlerInnen stellen aktuelle Neuerscheinungen vor, Leseproben vermitteln kurze Einblicke in die jeweiligen Texte, Kurzporträts der Autorinnen und Autoren ergänzen das Bild.
Das Informationsangebot steht derzeit in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch.
Das Projekt will zur Internationalisierung österreichischer Literatur beitragen bzw. zur Übersetzung aktueller Texte anregen.
Durchführung: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Rezensionen, Autorenporträts) – Übersetzergemeinschaft (Übersetzungen) – readme.cc (Infrastruktur).

Neue Literatur aus Österreich drucken
[ Buchtipp von Incentives ] „Ruhm“ lautet der lakonische neue Buchtitel des Erfolgsschriftstellers Daniel Kehlmann. Einen „Roman in neun Geschichten“ kündigt der Untertitel an, geschickt sind die einzelnen Erzählungen aufeinander bezogen. Einem komplexen Bauplan folgend entführt Kehlmann seine Figuren und Leser in ein labyrinthisches Spiegelkabinett und treibt mit ihnen ein postmodernes Spiel mise en abyme - „Geschichten in Geschichten in Geschichten.“ Der Einsatz ist hoch: verhandelt werden Fragen nach Identität, nach Realität und Fiktion, nach der Bedeutung des Verhältnisses von Wirklichkeit und Literatur, nach dem Kunstwerk im Zeitalter von Internet und Mobiltelefon und nach den Möglichkeiten von Anonymität, Identitätswechsel und Doppelleben, die diese neuen Medien erst eröffnen.
So erreichen den Techniker Ebling plötzlich Anrufe, die eigentlich dem Filmstar Ralf Tanner gelten. Ein Fehler bei der Vergabe der Telefonnummern. Für kurze Zeit kann Ebling daher seinem Alltag entfliehen und sich der Illusion hingeben, dass „Ralfs Dasein ja immer schon für ihn bestimmt gewesen“ sei und „nur ein Zufall ihrer beider Schicksale vertauscht“ habe.
Dem Zufall ist es außerdem zu verdanken, dass an Stelle von Leo Richter eine Autorin von Kriminalromanen eine Lesereise nach Zentralasien antritt und dort aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände verloren geht: Es führt kein Weg zurück.
Außer, der Autor will es so. Er allein vermag es, über das Schicksal seiner Figuren zu entscheiden, über ihr Leben und Sterben. Die Figuren tun ihr Möglichstes, ihn in die Schranken zu weisen, doch bleiben ihre Bemühungen am Ende vergeblich. Kehlmann geriert sich als Artifex Divinus, als Puppenspieler, der alle Fäden in der Hand hat, und beansprucht für sich die anachronistische Position des allwissenden, allmächtigen Erzählers.
„Ein Roman ohne Hauptfigur“ sollte es werden. „Die Komposition, die Verbindungen, der Bogen, aber kein Protagonist, kein durchgehender Held.“ Ein ehrgeiziges Formexperiment, in Ansätzen durchaus gelungen, doch hat Kehlmann darüber leider das Erzählen vernachlässigt. So gerät ihm dieses Buch leider zu einem etwas artifiziellen Konstrukt.
Rezension von Martina Wunderer, Februar 2009
Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=1613
[ Info ] Kehlmann, Daniel: Ruhm.
Ein Roman in neun Geschichten. (original language: Deutsch)
Reinbek bei Hamburg,
Dieses Buch ist ...
Genre: Roman
Sprachen (Buchtipp): Englisch, Deutsch, Französisch, Ungarisch, Tschechisch