Neue Literatur aus Österreich
Incentives - Neue Literatur aus Österreich
readme.cc eröffnet einen mehrsprachigen Zugang zur neuesten österreichischen Literatur. In Kooperation mit dem Literaturhaus in Wien bietet die Leseplattform Einblick in das aktuelle literarische Geschehen des Landes.
LiteraturjournalistInnen und WissenschaftlerInnen stellen aktuelle Neuerscheinungen vor, Leseproben vermitteln kurze Einblicke in die jeweiligen Texte, Kurzporträts der Autorinnen und Autoren ergänzen das Bild.
Das Informationsangebot steht derzeit in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch.
Das Projekt will zur Internationalisierung österreichischer Literatur beitragen bzw. zur Übersetzung aktueller Texte anregen.
Durchführung: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Rezensionen, Autorenporträts) – Übersetzergemeinschaft (Übersetzungen) – readme.cc (Infrastruktur).

Neue Literatur aus Österreich drucken
[ Buchtipp von Incentives ] Nachdem sich die Leser drei Jahre geweigert haben, das offene Ende von „Gut gegen Nordwind“ zu akzeptieren, gibt Daniel Glattauer Leo und Emmi eine zweite Chance:
Kaum ist Leo zurück im alten Europa und hat sein E-Mail-Konto aktiviert, weht der Nordwind auch schon Post von Emmi in den virtuellen Briefkasten. Der Dialog geht weiter, kurzweilig und ironisch wie zuvor. Schon auf Seite 32 treffen Leo und Emmi persönlich aufeinander. Doch während die Leser mit jeder Seite ungeduldiger darauf warten, dass endlich „etwas“ passiert, verbannt Glattauer Emmi und Leo zurück hinter ihre jeweiligen Tastaturen und lässt sie unerbittlich weiter aneinander vorbeischreiben. Der Neuanfang, den Leo aus Boston mitgebracht hat, ist nämlich ebenso kompliziert wie Emmis Ehe: der Neuanfang heißt Pamela, trinkt zum Frühstück „Alt-Bostoner Milchkaffee mit viel Wasser und Milch und Zucker, aber ohne Kaffee“, und „in den raren Sexpausen fönt sie ihre bis zu den Kniekehlen wallenden blonden Haare.“
Daniel Glattauer schafft es, die „sieben Wellen“ bis zuletzt so spannend zu halten wie den „Nordwind“. Mal steht die Sehnsucht kurz davor, die Vernunft zu besiegen, mal hält jeder an seinem eigenen mühsam aufgebauten Leben fest. Glattauers Erfolgsgeheimnis: seine Protagonisten sind alles andere als unkompliziert und perfekt, und oft wissen sie selbst nicht genau, was sie wollen. Emmis Selbstgerechtigkeit und Leos Zurückhaltung können die Nerven der Leserschaft zwar gehörig strapazieren, bleiben aber liebenswert und glaubhaft. Das Briefromanformat ist direkt und überlässt zugleich vieles der Phantasie. So weckt Glattauer nicht nur in den Adressaten der E-Mails, sondern auch in deren vielen (Mit)lesern die Sehnsucht nach der „siebenten Welle“.
Was unterscheidet die siebente Welle von den ersten sechs? Der Strafgefangene Henri Charrière soll von der Teufelsinsel aufs Meer gestarrt und festgestellt haben, „dass jede siebente Welle höher war als die anderen. Von so einer siebenten [...] ließ er sein Kokosnussfloß schließlich auf die See hinaustreiben, was seine Rettung bedeutete.“ Was das für Emmi und Leo heißt? Gar nichts, denn Leo schreibt: „Das Meer ist ruhig, die Sonne blendet. Ich warte auf nichts.“ Und Emmi antwortet: „Ich brauche keine Wellen, nicht die ersten sechs, und schon gar nicht die siebente.“ ... oder etwa doch?
Kurzrezension von Christine Schranz, März 2009
Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=7325
[ Info ] Glattauer, Daniel: Alle sieben Wellen.
(original language: Deutsch)
Deuticke ,
Wien, 2009
.
ISBN: 978-3-552-06093-7.
Dieses Buch ist ...
Genre: Roman
Sprachen (Buchtipp): Französisch, Ungarisch, Tschechisch, Englisch, Deutsch