Neue Literatur aus Österreich
Incentives - Neue Literatur aus Österreich
readme.cc eröffnet einen mehrsprachigen Zugang zur neuesten österreichischen Literatur. In Kooperation mit dem Literaturhaus in Wien bietet die Leseplattform Einblick in das aktuelle literarische Geschehen des Landes.
LiteraturjournalistInnen und WissenschaftlerInnen stellen aktuelle Neuerscheinungen vor, Leseproben vermitteln kurze Einblicke in die jeweiligen Texte, Kurzporträts der Autorinnen und Autoren ergänzen das Bild.
Das Informationsangebot steht derzeit in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch.
Das Projekt will zur Internationalisierung österreichischer Literatur beitragen bzw. zur Übersetzung aktueller Texte anregen.
Durchführung: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Rezensionen, Autorenporträts) – Übersetzergemeinschaft (Übersetzungen) – readme.cc (Infrastruktur).

Neue Literatur aus Österreich drucken
[ Buchtipp von Incentives ] Bereits am Anfang ist das Ende sicher. Richard Sorge weiß, wohin ihn sein letzter Gang führt: aufs Schafott. Nach dreijähriger Haft, es ist das Jahr 1944, geht er seiner Hinrichtung entgegen. Damit setzt Martin Kubaczeks Roman ein. Und demonstriert so, dass all das, was beim Namen Sorge mitschwingt – Abenteuer und Spionageromantik –, nur indirekt von Interesse ist. Schon die Koppelung des Namens Richard Sorge (1895–1944) im Untertitel mit „Traum“ verweist auf anderes, für das sich Kubaczek mehr interessiert als für die korrekte Nachzeichnung der Geschehnisse um den kommunistischen Doppelspion, der ab 1929 für den Nachrichtendienst der Roten Armee arbeitete, 1933 nach Tokio entsandt wurde, um dort ein sowjetisches Agentennetz aufzubauen, dort als Korrespondent einer deutschen Tageszeitung – diese Position bot ihm eine hervorragende Tarnung für seinen Auftrag – Kontakt zur deutschen Gemeinde aufnahm, Mitglied der NSDAP und enger Berater des deutschen Botschafters und einflussreicher Wirtschaftskreise wurde. Im Mai 1941 gelang es Sorge, Moskau das Datum von Hitlers Überraschungsangriffs auf die Sowjetunion zu übermitteln. Doch Stalin nahm seine Berichte nicht ernst.
Was Martin Kubaczek, der 15 Jahre in Japan lebte, an Sorge interessiert, ist seine Spiegelfunktion japanischer Kultur kurz vor und nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Intensiv porträtiert er Nippon, seine Sitten, Menschen, auch die ersten einsetzenden Veränderungen. Inmitten dieser Schilderungen tritt Sorge als multipler Charakter auf: Lebemann, Geliebter vieler Frauen, rühriger Reporter. Der immer wieder vor Rätseln steht, nicht zuletzt vor denen der eigenen Psyche und der Unzulänglichkeiten seiner Gefühle. Er wird als Zerrissener gezeichnet, der Informationen sammelt, die nicht geglaubt werden. Dieses Psychogramm eines Fremden in einem fremden Land wird aufgeblättert in schlaglichtähnlichen Szenen.
Schwelgerisch zeichnet Kubaczek nicht nur die japanische Landschaft nach, sondern eine überraschende Fülle an minuziösen Details, und injiziert seiner Prosa eine überzeugende, nie falsch auftrumpfende Energie voller Leuchtkraft und energetischen Schwebens.
Rezension von Alexander Kluy, September 2009
Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=7400
[ Info ] Kubaczek, Martin: Sorge. Ein Traum.
(original language: Deutsch)
Folio Verlag,
Wien, Bozen, 2009
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ISBN: 978-3-85256-497-5.
Dieses Buch ist ...
Genre: Roman
Sprachen (Buchtipp): Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch, Ungarisch