Neue Literatur aus Österreich
Incentives - Neue Literatur aus Österreich
readme.cc eröffnet einen mehrsprachigen Zugang zur neuesten österreichischen Literatur. In Kooperation mit dem Literaturhaus in Wien bietet die Leseplattform Einblick in das aktuelle literarische Geschehen des Landes.
LiteraturjournalistInnen und WissenschaftlerInnen stellen aktuelle Neuerscheinungen vor, Leseproben vermitteln kurze Einblicke in die jeweiligen Texte, Kurzporträts der Autorinnen und Autoren ergänzen das Bild.
Das Informationsangebot steht derzeit in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch.
Das Projekt will zur Internationalisierung österreichischer Literatur beitragen bzw. zur Übersetzung aktueller Texte anregen.
Durchführung: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Rezensionen, Autorenporträts) – Übersetzergemeinschaft (Übersetzungen) – readme.cc (Infrastruktur).

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Eigenleben oder wie schreibt man eine Novelle
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Marina di Cecina im Winter. Ein Badeort ohne Gäste, die Häuser am Strand versperrt und verbarrikadiert, eingemottet bis zur nächsten Saison. Alles klamm und feucht, schlecht geheizt oder geschlossen. Leer der Strand, an der Kaimauer eine üble antisemitische Parole von fünf Metern Länge: Demontiertes Idyll im Novemberwetter, aber trotz allem ein kontemplativer Ort. Ein Ort zum Gehen, Denken, Sehen und Schreiben. Christoph Wilhelm Aigners Prosatext „Eigenleben oder wie schreibt man eine Novelle“ kreist um die Sinne, das Wahrnehmen, das Drehen und Wenden des Aufgenommenen im Kopf, um das Grübeln, das Sprache oder Bild werden Lassen dessen, was der Kopf so freigibt – oder auch dessen, was die Polaroid-Kamera festgehalten hat. Und das ist nicht immer das, was der Ich-Erzähler gesehen zu haben glaubt. Die Bilder entfalten ihr Eigenleben: „Merkwürdige Ereignisse in Italien“.
Immer wieder das Spiel mit der Sprachbewusstheit: Aigner dreht und wendet Formulierungen, bis sie seltsam erscheinen, einige von ihnen vielleicht sogar ein wenig neu. Auch wenn ihm stets bewusst ist, dass alles schon einmal da war. Auch die Avantgarde hat Tradition, Vorreiter in längst bekanntem Gelände. Aber vielleicht entdeckt ja die Nachhut noch etwas Neues in einer althergebrachten Gattung: Geht es in einer Novelle nicht traditionell und per se ganz im Wortsinn darum: um etwas Neues.Wird dieser Anspruch bei Aigner problematisiert, so erscheint es nur konsequent, dass in seiner Annäherung an die Novelle auch der Wendepunkt traditionsgemäß eintritt – und zwar hübsch sonderbar.
Die Wende liegt in diesem Fall in den Bildern und ihrem Eigenleben. Die Bilder wiederum sind nichts anderes als Sprache in einem anderen Darstellungsmedium. Und zuweilen eigenwillig und eigenmächtig: die Muse küsst oder lässt es bleiben: eine Hommage an den romantischen Glauben an Inspiration? An die Romantik als Blütezeit der Novelle? Wie kommt der Dichter zum Text, wie kommt der Denker zur Sprache? Warum fällt uns ein, was uns einfällt? Ist eine Idee nicht ebenso unglaublich wie ein nie fotografiertes, überraschendes Motiv auf einem Polaroid-Film? Sonderbares, neu – und doch nicht originär: eine Novelle also im klassischen Sinn.
Kurzfassung der Rezension von Sabine Dengscherz, März 2011Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=8818
[ Info ] Aigner, Christoph Wilhelm: Eigenleben oder wie schreibt man eine Novelle.
(original language: German)
Edition Laurin,
Innsbruck, 2011
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ISBN: 978-3-902719-90-4.
Dieses Buch ist ...
Genre: Roman
Sprachen (Buchtipp): Englisch, Deutsch, Französisch, Tschechisch, Ungarisch