Neue Literatur aus Österreich
Incentives - Neue Literatur aus Österreich
readme.cc eröffnet einen mehrsprachigen Zugang zur neuesten österreichischen Literatur. In Kooperation mit dem Literaturhaus in Wien bietet die Leseplattform Einblick in das aktuelle literarische Geschehen des Landes.
LiteraturjournalistInnen und WissenschaftlerInnen stellen aktuelle Neuerscheinungen vor, Leseproben vermitteln kurze Einblicke in die jeweiligen Texte, Kurzporträts der Autorinnen und Autoren ergänzen das Bild.
Das Informationsangebot steht derzeit in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch.
Das Projekt will zur Internationalisierung österreichischer Literatur beitragen bzw. zur Übersetzung aktueller Texte anregen.
Durchführung: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur (Rezensionen, Autorenporträts) – Übersetzergemeinschaft (Übersetzungen) – readme.cc (Infrastruktur).

Neue Literatur aus Österreich drucken
[ Buchtipp von Incentives ]
Als NichtraucherIn begegnet man dem Buch „Rauchernovelle“ mit gespaltenen Gefühlen. Da sitzt eine Frau in einem Zug und beklagt, dass ihr das Rauchen verwehrt wird. Soll man hier Mitleid haben? Oder das Buch gar weglegen?
Nein, denn man würde etwas versäumen.
Das Buch erzählt von einer Frau, die reist. Zunächst zwischen Wien und Zürich. Später geht es nach Budapest und Venedig. Fast immer befindet sie sich im Zug, in einem Abteil mit immerwechselnden Mitreisenden. Es ist ein ehemaliges Raucherabteil. In den Armlehnen der Sitze sind ausziehbare, silberne Aschenbecher, wie wir sie heute fast nicht mehr kennen. Die Protagonistin will einen ebensolchen Aschenbecher öffnen. Da sieht sie plötzlich die Schrauben: Zugeschraubt wurden die Aschenbecher. Und Minuten darauf erlebt die Protagonistin, wie sich Schrauben durch ihre eigenen Hände bohren. Sie wird im Abteil festgenagelt, gekreuzigt.
Von hier an nimmt diese fiktive Geschichte, die sich wie ein Traum liest, ihren rasanten Lauf. Sogar Nichtraucher fiebern mit.
Wann wird diese Frau ihren nächsten erlösenden Zug von der Zigarre machen? Mit wem kann sie sich im Zug verbünden? Der Bord-Service-Mitarbeiter Anatol wird zu ihrem Komplizen.
Dahimène schreibt in ihrem gewohnten Stil, den man schon aus früheren Werken (wie etwa „Buttermesser durch Herz“) kennt. Eigenwillig ist ihre Schreibe, individuell und artifiziell die Sprache. Leser müssen sich hineinfallen lassen und sich Zeit nehmen, um vielleicht auch ein zweites Mal über Passagen zu gehen. Sonst bleibt das Sprachspiel – die Komplexität von Wortspielen und Bedeutungsverschiebungen – verborgen. Das Tempo in diesem Buch wechselt. Mal ist es die Langsamkeit, mit der Dahimène die Qualen ihrer Protagonistin beschreibt. Dann wieder besticht der Text durch seine Lebendigkeit und die bildhafte Sprache. Unmöglich ist es, in der Protagonistin nicht auch die Autorin zu sehen: Adelheid Dahimène war Raucherin. Auf dem nun erschienen Taschenbuch ist ihre eigene Silhouette zu sehen. Die Rauchernovelle ist das letzte von der Autorin für den Druck freigegebene Buch. Dahimène, die auch Kinder- und Jugendbuchautorin und Lyrikerin war, ist im Herbst 2010 gestorben.
Kurzfassung der Rezension von Emily Walton, März 2011
Originalversion: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=8825
[ Info ] Dahimène, Adelheid: Rauchernovelle.
(original language: German)
Klever Verlag,
Wien, 2011
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ISBN: 978-3-902665-28-7.
Dieses Buch ist ...
Genre: Roman
Sprachen (Buchtipp): Englisch, Deutsch, Französisch, Ungarisch, Tschechisch