Meier - Alle waren in Woodstock...Georg Meier: Alle waren in Woodstock - außer mir und den Beatles

Vierzig Jahre danach. In der Rückschau verklärt sich manches, wirkt verzerrt. Authentizität gilt nicht als literarisches Gütesiegel, diesen Anspruch kann man beiseite legen. Damit im Grunde auch die so genannte Erinnerungsliteratur. Denn die Berichte aus dem Innern der Unruhen von Jochen Schimmang ("Der schöne Vogel Phönix", 1979) bis zu jüngst Johano Strasser ("Als wir noch Götter waren im Mai", 2007) und Rainer Langhans ("Ich bins – die ersten 68 Jahre", 2008) funktionieren lediglich als Dokumente, als Reprisen zeitgeschichtlicher Reflexion.

Grundsätzlich kann man sagen, dass in der deutschsprachigen Literatur das Thema `68, das ja bis heute eine unerhörte Wertigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion erfährt, eher unterrepräsentiert ist. Neben den zahlreichen Sachbüchern zum Thema, gerade auch im Kontext dieses „Jubiläums“, existieren nur wenige Romane von Rang, die sich mit dem Sommer der Liebe 1967 und der Studentenrevolte von 1968 auseinandersetzen.

Sehr real erscheint die umfassende Schilderung aus dem Leben eines deutschen Beatniks und Gammlers der sechziger und siebziger Jahre, die Georg Meier mit "Alle waren in Woodstock – außer mir und den Beatles" (2008) vorgelegt hat. Im Gegensatz zu den „Schreibtischaufwieglern“ schildert Meiers Hauptfigur „mit den Augen des Davongekommenen“, was sich zwischen Gießen und Goa, Istanbul und Hamburg im Sinne eines kollektiven Irrsinns abspielen konnte. Immer auf der Suche nach dem nächsten Joint und einer willigen Frau wird, im Sound der Straße und Kifferstuben, erzählt, wie man sich als „subversives Subjekt“ mit langen Haaren, ohne Geld und Anstellung seinen Traum von Freiheit und Abenteuer damals zu erfüllen suchte. Eine pralle Einladung zum Veteranentreffen, aus der Zeit von Swinging London, Beat und Romantik bis hin zur Eskalation von Gewalt und Drogen und der krassen Dekonstruktion des Mythos von ´68.

Georg Meier, 1947 in der Garnisonsstadt Gießen geboren, wuchs mit AFN und Rock`n´Roll auf. Eine Kochlehre verschlägt ihn ins Fränkische, und erlebt, neben dem ersten Sex, hier sein musikalisches und irgendwie auch soziales Initiationserlebnis: The Beatles mit „Twist and Shout“. Das was 1964 hip und „Symbol der neuen Zeit“: „Die Gespenster Rebellion und Lebenslust grinsten mit kariösen Gebissen an jeder Ecke, Beatmusik war der Inbegriff des Schreckens, des kollektiven Irrsinns.“

Vieles galt fortan als subversiv und oppositionell, und Meier erzählt plastisch und drastisch – ganz anders als die Zeitgenossen aus den politischen Zirkeln – von seinem Leben als Tramp auf der Straße. Neben all den Drogen-, Suff- und Sexgeschichten blitzt aber immer wieder ein klares politisches Bewusstsein vom Kampf der Generationen, von der intellektuellen Auseinandersetzung mit Nachkriegsfaschismus und Revolutionsromantik durch: „Die Beatnikperspektvie ist völlig anders. Alles ist so hartkantig.“ Meiers Anti-Held greift ab, was sich bietet, kultiviert seine Existenz als „Volksschädling“ und kämpft sich wacker durchs Leben.

Etwas nervig ist die bemühte Suche des Erzählers nach Zuhörern, vor denen er seine Lebensgeschichte ausbreiten kann. Auch die leicht kriminalistische Nebenhandlung, in der ihm ein japanischer Killer – wie in einem Alptraum – nach dem Leben trachtet, ist überflüssig. Stark ist Meiers Text immer da, wo er mit klaren Worten ausspricht, was damals Sache war. Da wird nichts verklärt und beschönigt, doch eines war auch schon damals klar: „Echt Scheiße, das mit der Unumkehrbarkeit der Zeit.“

Georg Meier: Alle waren in Woodstock – außer mir und den Beatles. Roman. Dittrich Verlag, Berlin 2008, 484 Seiten, 22.80 Euro

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Fotos von Bubi Heilemann, Werner Kohn, Ulrich Handl, Rainer Schwanke, Frank Seltier, Günter Zint u.a.