Hellmuth Opitz: Mr. Bonham schlägt auf (2006)
In my time of dying
don´t want nobody to mourn.
Led Zeppelin
I.
Die Stille. Und wie Jimmy Page
ihr den Buckel runterrutscht
auf der Fender Slide.
Die Hand am Hals, den Ringfinger
im Metallröhrchen, hinunter ins
Tal des offenen Akkords.
Dann schlendert der Bass hinzu:
Mr. Jones, ein lässiger Begleiter
auf dem Weg zum ersten Schlag von
In My Time Of Dying.
Doch halt. Noch sind wir nicht
beim Sterben. Spul das Band zurück.
II.
Zurück zum 31. Mai 1948: ein Tag,
der den Augen entgegenfliedert,
hier in der Grafschaft Worcestershire,
im sanften Herzen Englands,
ein Tag, an dem im Hospital von Redditch
ein Junge zur Welt kommt: John Henry Bonham.
Sein Herzschlag flattert, das Stationsarzt
betrunken, den Krankenschwestern gelingt es
schließlich, ihn zu stabilisieren.
Verstolperter Takt gleich zu Beginn.
Nein, niemand hat ihm an der Wiege gesungen
einmal Schlagzeuger zu werden.
III.
Dann der erste Schlag: ein Hieb
in die Magengrube mit der Bassdrum,
Oh, my Jesus! die Stimme von Robert Plant
und dann rumpelt der Song los,
die Drums hinterher, eisenbeschlagene
Stiefel, die eine Holzstiege hinunterpoltern.
Keiner hat diese Wucht, diesen Killerfuß,
keiner schlägt die Felle mit den Händen
härter als mit Sticks.
Natürlich Polyrhythmik, Verstocktechnik,
natürlich Wirbel, Triplets, Snare und Hi Hat,
vor allem aber der unbedingte Wille,
dieses Sterben, diesen rohen 11-Minuten-Blues
mit krachenden Beats zu begehen,
das durchzustehen, ach was, zu -stampfen.
IV.
Wir sehen den Zeppelin im Zenit,
das Mutterschiff des Rock.
Wir sehen vier Herren abheben
im Lear Jet von Auftritt zu Auftritt.
Ja, man braucht jetzt schon ein eigenes
Flugzeug, um von einem Punkt des Egos
zum andern zu kommen. Auch Mr. Bonham
fliegt seine Persönlichkeiten ab: vom
Schlagzeuger zum Rockstar, zum Gutsbesitzer,
Rinderzüchter, Stockcar-Fahrer, Dragster-Racer,
zum sanften Ehemann und Vater, der seinem
kleinen Sohn das Schlagzeugspiel beibringt.
Auf Tour aber ein Vieh von einem Mann:
ein Säufer, Hool, solider Schläger,
never afraid of a knock.
V.
Hören. Wie etwas ins Schleudern kommt
auf der Fender Slide. Wie die Gitarre das Ende
vorwegnimmt, den Absturz des Ikarus:
If my wings should fail below,
please meet me with another pair.
Sterbenszeit: eine Nacht im späten September.
Es braucht 40 Wodka und ein paar Biere, um
diesen Kerl aufschlagen zu lassen auf dem Kissen
und dann: dieses klägliche Ersticken an Erbrochenem.
Mr. Bonham - ein Schlagzeuger, der Schläge zeugte
wie kein anderer, ein Vieh von einem Mann,
grob und doch: feine Innenausstattung.
In My Time Of Dying. Fast als letzter der vier
steigt er ein bei diesem Song. Und als erster
steigt er aus. Aus diesem Lied. Aus dieser Band.
Aus diesem Leben.
Aus: Die Sekunden vor Augenaufschlag. Pendragon Verlag, Bielefeld 2006
Beatlemania!

1. Auflage 2010, ca. 140 Seiten, mit über 100 Fotos, Dokumenten u. Faksimiles
ISBN: 978-3-7844-3221-2
19,95 EUR D / 20,60 EUR A / 34,50 CHF (UVP)
LangenMüller
Als sie noch live auftraten, wurden sie von ihren Fans in einem Maße verehrt, wie es keiner anderen Popgruppe je zuteil wurde. Der Kult um die vier Jungs aus Liverpool hält bis heute ununterbrochen an. Die Beatles haben die Musik revolutioniert und die Menschen begeistert. Die Beatles und ihre Fans – das ist ein seit damals andauerndes Liebesverhältnis, fast schon eine Weltanschauung. In diesem aufwändig und liebevoll gestalteten Album wird diese besondere Beziehung dokumentiert – mit vielen raren, zum Teil unveröffentlichten Fotos und Texten. Ein Buch von Fans für Fans.
Mit Texten von Horst Fascher, Lisa Fitz, Chuck Hermann, Jürgen Herrmann, Chris Howland, Klaus Kreuzeder, Gabriele Krone-Schmalz, Uschi Nerke, Abi Ofarim, Brian Parrish, Helmut Schmidt, Manfred Sexauer, Tony Sheridan, Pete York uvm.
Fotos von Bubi Heilemann, Werner Kohn, Ulrich Handl, Rainer Schwanke, Frank Seltier, Günter Zint u.a.