Martin Grzimek: Auslüften (Fleetwood Mac)


Noch das Lachen der Kinder im Ohr, das kreischende
Über das Lachen hinausschrillende Toben der Stimmen,
Dann plötzlich verschluckt von der Füllung des Bettzeugs
Ein bisschen Spucke im weißen Tuch der Bezüge. He!
Hörst du dich rufen, was macht ihr da? Gleich gibt es
Frühstück, wer hat euch gesagt, dass ihr das Bettzeug, das
Da zum Auslüften in der Sonne liegt, auslutschen sollt?
Auslutschen? ruft Friederike zurück und lacht und kann sich
Kaum halten vor Lachen, wie sollen wir denn
Aus den Betten die Federn auslutschen? Und schon
Rennt sie dem Bruder nach, jagt ihn herum um die Kissen,
Kreischt vor Vergnügen und fuselt sich Federn,
Wie sie sich vorstellt, aus dem Mund, und Christian,
Kaum zwei Jahre älter als Rieke, gerade mal neun,
Weicht der Schwester hakenschlagend aus, durch die
Milde Luft an diesem Sonntagmorgen, dreißig Jahre zuvor.

Hanne und ich haben den Tisch gedeckt, Henna nannt’
Ich sie manchmal scherzend, wenn sie die Haare wieder
Rot gefärbt nass auf die Schultern fallen ließ und ich sie
In den Nacken küsste. Da beugte sie sich gerade nach vorn
Um die Brötchen neben die Wurst zu stellen, den Joghurt
Neben den Honig, dorthin genau, wo die Sonne hinscheint
Durch das große, das Panoramafenster der Villa der Freundin,
Mit Blick hinab über die Dächer der Kleinstadt, hinab
Auf den Fluß, der sich vorbei an Burgen und Wiesen
Und Wäldern zum Rhein, zur Ebene hin windet.

In dieser modernen Villa, einem Bungalow gleich,
Wohnten wir eine Zeit lang mit den Kindern, mit
Rieke und Chrissi, gerade erst aus dem Bett gekrochen.

Ein Frühstück zelebrieren mit Wurst und Brötchen, Hol-
Undersaft aus dem Reformhaus und Marmelade von
Hagebutten und einem selbstgebackenen Kuchen, der
Noch keinen Namen verdient, Quark, sagst du, ein Kuchen aus
Quark und eine Hälfte mit Rosienen, denn Chris mag sie nicht,
Er mag keine Rosinen, und ich keinen Kaffee ohne Milch.

Rieke, ruf’ ich in die dreißig Jahre zurück, Rieke und Chris,
Wir lieben die Kurzform der Namen, hört ihr mal auf!
Kommt ihr endlich zum Frühstück! Fertig ist alles, und dann,
Nebenbei gesagt, ist auch noch Sonntag. Ach, lass sie doch
Spielen! hör’ ich dich aus der Küche, wartend darauf, dass
Frischgekocht fertig werden die Eier, die weichen Eier für
Chrissi, denn Friederieke kann das nicht ausstehen, wenn
Das Eigelb zerfließt, geronnen vor dreißig Jahren, wartend
Entschloss ich mich, weil die Kinder nicht kamen, nicht
Weiter nach ihnen zu rufen. Mir ist noch das Echo der
Stimmen im Ohren, ein Klang, der sich nie wiederholt hat.
Lass sie doch spielen, hast du gesagt. Und so ging ich
Zum Plattenspieler und sah, dass sie noch immer
Sich drehte, die Platte, die wir gestern, ein Gestern vor
Vielen Jahren, wieder und wieder gehört hatten, dass
Sie noch immer sich drehte, dass keiner von uns
Den Plattenspieler ausgeschaltet hatte nach dem Tanz.

Mit den Kindern um uns herum und auf unseren Armen,
An den Händen gefasst und an den Körper gedrückt,
Als sie müde wurden, und wir sie ins Bett hinein tanzten,
Weil sie so weich wurden und ihre hitzigen Köpfe in den
Kissen versanken, umschlossen von Federn, um die sie jetzt
Toben auf der Rückseite des Hauses, im Garten, nicht
Aufhören können zu toben, weil sich auch immer noch wieder
Die Platte dreht, Fleetwood Mac Roumors in der Auslaufrille.

Kommt ihr jetzt endlich zum Frühstück! hör’ ich dich rufen.
Und du auch, sagst du zu mir, wenn du mich stehn siehst
Beim Plattenspieler. Ja, ich komme, sage ich über die Schulter
Und möchte plötzlich diese Platte sein, die sich dreht und dreht
Und drehte und drehte, eine ganz Nacht lang, während wir
Schliefen mit den Kindern mitten zwische uns, auf einer großen
Matratze, auf der wir uns drehten, um uns herum im Schlaf
Gegen den Uhrzeigesinn wider uns selbst dicht aneinander gedrückt.

Und ich hebe den Tonarm an und setze ihn an den Anfang,
Höre das Knacksen, sehe mich, wie ich mich umseh’, und
Rufe: Frühstück! Und kurz darauf, drei Sekunden, vier, fünf?
Beginnt das erste Lied. Und Hanne kommt aus der Küche,
Lächelt mich an. Wir gehen nach draußen, auf die Terrasse
Hinter dem für kurze Zeit ausgeborgten Haus und fangen
Die Kinder ein. Wir führen sie an den Händen zu unserem
Frühstückstisch und beginnen, bevor wir uns setzen, zu
Tanzen. Wie gestern. Wie gestern vor dreißig Jahren. Wie
Zwischen den in der Sonne zum Lüften ausgelegten Betten,
So ist die Musik, wie Kinder, die tanzen, dreißig Jahre danach
In Ausgelassenheit. Bis wir uns setzen. Rieke und Chris
Trinken Kakao, wir Kaffee. Die Brötchen sind köstlich,
Der Honig frisch, der Joghurt makellos weiß. Hagebutten
Im Nacken, sich kratzen in der Vergangenheit, Bettzeug
Und Kopfkissen liegen in der Sonne und lüften sich aus.

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Fotos von Bubi Heilemann, Werner Kohn, Ulrich Handl, Rainer Schwanke, Frank Seltier, Günter Zint u.a.