R. L. Burnside: Burnside on Burnside
Das Skelett des Blues
Der große TIMES ATLAS OF THE WORLD nimmt fast den ganzen Tisch ein. Tafel 107: U.S.A., Lower Mississippi. Von Illinois im Norden bis zum Golf von Mexiko im Süden zeigt sich hochformatig die ganze Pracht des amerikanischen Südens. Unübersehbar prägt der Große Fluß das Blatt, windet sich entlang der Staatsgrenzen abwärts. Die Stadt Oxford findet sich zwischen Yocono River und Tallahatchie River, Nord Mississippi. Bis zum großen Namensgeber, Lebensspender und Verderber sind es knapp über 100 Kilometer in westlicher Richtung. Hier, im Lafayette County, hat Mister R.L. Burnside seinen 75. Geburtstag gefeiert. Man darf annehmen, daß auch zu den herumstehenden Instrumenten gegriffen wurde. Nach kurzem Geplänkel haben sich die Musikanten eingesenkt in den Fluß der Rhythmen, sind weggetrieben: Goin` down South, lange Version. Ein Strom, unerbittlich, ohne Eile, ein stetiges, sanftes, kraftvolles Treiben. Und der Jubilar in seinem karierten Hemd, die dunkle Schildkappe über den Schädel gezerrt, hat eine launische Anekdote über gehörnte Väter und falsche Mütter erzählt ("Bad Luck and Trouble"), die Jungs haben ein bißchen im Hintergrund geklimpert, um anschließend mit Schmackes in den nächsten Song einzusteigen. "Jumper on the Line" - und das Haus tanzt und fließt.
So wie auf seiner CD „Burnside on Burnside“, live eingespielt im Januar 2001: 53 Minuten elektrischer Blues aus Musikhallen in Portland und San Francisco. Begleitet, wie seit etlichen Jahren, von seinem Enkel Cedric Burnside am Schlagzeug und dem Ziehsohn Kenny Brown an der Slide-Gitarre. Da wird direkt nach vorne gespielt, ohne Zugeständnisse an den sogenannten Massengeschmack. R.L. Burnside, stets auf der rechten Bühnenseite sitzend, ist ein alter Mann, der sich mit seinen schmerzenden Knochen ökonomisch durch die Songs arbeitet. Kein Schlenker zuviel, bloß keine unnötigen Aufwallungen. Er spielt seine Akkorde stur, mit grimmiger Entschlossenheit: das Skelett des Blues. Und das Skelett tanzt wie ein Irrwisch.
Das Album kann als konventionelle Aufnahme gelten – was man von den beiden vorhergehenden Projekten nicht sagen kann. Mit „Come on in“ von 1998 und dem 2000er „Wish I was in Heaven sitting down“ haben Burnside und seine Leute dem Blues neue Perspektiven eröffnet. Über die rhythmischen Fundamente sind Loops und Samples gelegt, DJ Swamp(!) scratcht dazu – die Mixtur funktioniert auf wunderbare Weise. Man höre die sechs Minuten von R.L.`s Story, in denen die Toten des alten Mannes im Sprechgesang auferstehen: einfache Sätze, einfach erzählt, unterlegt aber von unheilschweren Gitarrenschlieren, überlagert von heillosem Scratching. Was die Stimme nicht preisgibt - der begleitende Sound enthüllt den Schmerz.
Burnside, im Lafayette County geboren, ging als junger Mensch nach Chicago, wo innerhalb weniger Wochen sein Vater, der Bruder und ein Onkel ermordet wurden. Zurückgekehrt nach Mississippi, schuftete er tagsüber auf einer Farm und bearbeitete nachts seine Gitarre in den Bier- und Tanzhallen der Umgebung. Während Flower Power, Psychedelia, Glam Rock und Punk kamen und gingen, zog Burnside mit seinen Söhnen unter dem Namen „The Sound Machine“ durch die Lande. Robert Palmer, Autor von „Deep Blues“, wurde Anfang der 90er Jahre auf ihn aufmerksam und produzierte die CD „Too Bad Jim“. Mit dieser Veröffentlichung ging zugleich das Fat Possum Label in die Startlöcher, welches seither in Oxford beheimatet ist und innerhalb weniger Jahre für hochkarätige Entdeckungen sorgte. Aufregender Blues zuhauf: Junior Kimbrough mit ellenlangen Meditationen * Paul „Wine“ Jones und sein verfluchtes Wah Wah Pedal * Elmo Williams & Hezekiah Early, durchs Jukehouse stampfend * T-Model Ford, der zornige Alte, mit seiner epochalen „You better keep still“ von 1998.
Fat Possum schickt den Blues in die Welt, kompromißlos, ohne konservativ zu sein. Neben den Klängen aus dem Delta haben sie sich auch anderen Formen geöffnet, zu den Ambient Beats/DJ Scratches soll in diesem Jahr ein neues Album von Little Axe produziert werden – die legendäre Seilschaft um Skip McDonald mit ihrem bluesgetönten Dub. Die Zukunft scheint hell über North Mississippi. Trotz aller Last des Lebens und der Vergangenheit. Seit jeher spricht diese Musik von den grundlegenden Dingen: der Arbeit, den Gefühlen, der Ungerechtigkeit, dem Rausch. Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
„Songs sollten die Wahrheit erzählen“. Ein 60jähriger Traktorfahrer aus dem Yazoo River Delta sagte diesen Satz im Sommer 1965. Für R.L. Burnside ist jener heute fast vergessene Gitarrist und Sänger ein starker Einfluß. Sein Name: Fred McDowell. Das erste Bottleneck sah McDowell bei einem Onkel – einen getrockneten und ausgeblasenen Knochen. Was daraufhin geschah, können wir hören: „Was ich singe, singt die Gitarre auch; und was die Gitarre sagt, sage ich“. Bis heute.
Olaf Velte
Beatlemania!

1. Auflage 2010, ca. 140 Seiten, mit über 100 Fotos, Dokumenten u. Faksimiles
ISBN: 978-3-7844-3221-2
19,95 EUR D / 20,60 EUR A / 34,50 CHF (UVP)
LangenMüller
Als sie noch live auftraten, wurden sie von ihren Fans in einem Maße verehrt, wie es keiner anderen Popgruppe je zuteil wurde. Der Kult um die vier Jungs aus Liverpool hält bis heute ununterbrochen an. Die Beatles haben die Musik revolutioniert und die Menschen begeistert. Die Beatles und ihre Fans – das ist ein seit damals andauerndes Liebesverhältnis, fast schon eine Weltanschauung. In diesem aufwändig und liebevoll gestalteten Album wird diese besondere Beziehung dokumentiert – mit vielen raren, zum Teil unveröffentlichten Fotos und Texten. Ein Buch von Fans für Fans.
Mit Texten von Horst Fascher, Lisa Fitz, Chuck Hermann, Jürgen Herrmann, Chris Howland, Klaus Kreuzeder, Gabriele Krone-Schmalz, Uschi Nerke, Abi Ofarim, Brian Parrish, Helmut Schmidt, Manfred Sexauer, Tony Sheridan, Pete York uvm.
Fotos von Bubi Heilemann, Werner Kohn, Ulrich Handl, Rainer Schwanke, Frank Seltier, Günter Zint u.a.