Walter Famler: Whatcha Gonna Do About It (THE SMALL FACES)


Es war einer dieser sehr heißen Julitage im Sommer 1973. Ich hatte mir eine Nachprüfung in Latein eingefangen und sollte den Vormittag mit Übersetzungen von Ovids Metamorphosen verbringen. Für den Nachmittag war ein Treffen in Mandis Mansarde anberaumt. Dabei wollte ich das Programm für unseren ersten Auftritt als Vorgruppe beim Sommerfest der Gewerkschaftsjugend festlegen und endgültig über den Namen unserer Band entscheiden. Mein Vorschlag, The No Names, war bei der letzten Probe mangels brauchbarer Alternativen nur vorläufig angenommen worden und bei der Setlist hatte ich mich überhaupt nicht durchsetzen können. Statt mich also mit Pyramus und Thisbe weiter herumzuschlagen, legte ich eine Kassette in den Recorder, die mir ein älterer Schulkollege vor ein paar Wochen gezogen und mit krakeligen Großbuchstaben beschrieben hatte: SMALL FACES BEST. Ich hatte bislang nur Lazy Sunday gekannt, aber was mir jetzt aus dem Lautsprecher entgegenkam, schlug ein wie ein Blitz und war gleichzeitig die Lösung aller Probleme der No Names. Denn so wie ich hatte sicher auch niemand anderer in unserem Kaff bislang diese Songs gehört. Wir bräuchten also nur die Nummern von meiner Kassette zu covern, hätten ein super Programm und würden den Hauptact, die um einige Jährchen reifere Groove Gang aus dem Nachbarort, ziemlich matt aussehen lassen.

Als ich ein paar Stunden später zuerst den Bandnamen durchsetzte und danach Here Come The Nice, Itchycoo Park, Tin Soldier und The Universal aus Mandis Stereoanlage dröhnen ließ, bezichtigten mich die No Names, jetzt offensichtlich völlig durchgeknallt zu sein. Denn erstens könnten wir so viele neue Songs auf keinen Fall bis zum Auftritt hinkriegen und zweites würde keine Sau im Publikum irgendetwas wieder erkennen, weil niemand hier jemals von den Small Faces gehört hätte. Und der Wiedererkennungswert jedes Songs, das wusste Mandi, der als einziger schon Auftrittserfahrung mit einer anderen Band hatte, ist der Schlüssel zum erfolgreichen Gig. Mit Müh und Not brachte ich Sha-La-La-La-Lee noch auf die Zugabenliste und die nächsten Wochen übten wir Kriminaltango, See you later Alligator, Popokatebetltwist, Blowing in the Wind und Bad Moon Rising.

Bei ihrem ersten Auftritt sind die No Names dann gegen die Groove Gang, die plötzlich nicht nur Satisfaction sondern auch Lazy Sunday im Repertoire hatten, ziemlich abgestunken. Und weil ich als Schlagzeuger bei zwei Nummern falsch eingezählt hatte und mir dann auch noch erlaubt hatte, unseren Misserfolg mit der Setlist in direkten Zusammenhang zu bringen, wurde ich aus der Band ausgeschlossen. Als ich in der Woche darauf bei der Latein-Nachprüfung durchfiel und danach mir Doris über Gabi ausrichten ließ, dass Sie als Arzttochter nicht mit einem Sitzenbleiber gesehen werden wollte, wäre ich am liebsten für immer im Itchycoo Park verschwunden.

Die No Names wechselten gänzlich das Genre und brachten es Jahre später als Steyrtal-Trio bis zu einem Auftritt im Musikantenstadl. Ich zog eine Ehrenrunde im Gymnasium, mutierte kurzfristig zum Vorzugsschüler und startete neben der Schule eine Karriere als Gewerkschaftsaktivist. Weil die Landjugend schwer mit politischen Parolen zu gewinnen war, organisierten wir quer durchs Land Tanzveranstaltungen. Als Landesdiskjockey-Stellvertreter der Gewerkschaftsjugend schwänzte ich wochenlang den Samstagunterricht und schleppte stattdessen Anlage, Lichtorgel und Plattenkoffer in Wirtshaussäle und Parteiheime. Als wir einmal im hintersten Ennstal gastierten und sich der Chef-DJ nach Mitternacht zum Aufriss aufs Parkett begab, kam ich zwar endlich mal wieder ans Mikro, nur war jetzt blöd, dass ich von der Bühne aus zuschauen musste, wie der Boss ausgerechnet das Mädel anbaggerte, in das ich die vergangenen drei Stunden mein gesamtes Taschengeld investiert hatte. Um bei meiner Angeflirteten weiter präsent zu bleiben, legte ich „exklusiv für Dich“ Itchycoo Park auf, spielte Nummer für Nummer aus der LP und langweilte die alkoholisierte Dorfjugend mit langatmigen Ansagen. Anschwellende T-Rex-Choräle überspielte ich mit höheren Phonzahlen und die Bierflasche, die gegen die linke Lautsprecherbox knallte, ignorierte ich. Als mir dann aber mehrere Gläser über Anlage und Glitzerhemd gegossen wurden und ich gerade zum Gegenangriff übergehen wollte, gab es einen Kurzschluss, der das ganze Wirtshaus lahm legte. Darauf geriet der Wirt derart in Rage, dass er uns samt Publikum an die frische Luft setzte und unsere Anlage erst wieder rausrückte, nachdem sich die Gewerkschaft bereit erklärt hatte, die Kosten für einen durch Kabelbrand vernichteten Schaltkasten zu übernehmen.

Ein paar Wochen nach der Ennstal-Episode schaffte ich die Matura und ergriff die Flucht Richtung Bundeshauptstadt. Im Herbst 1977 dämmerte kurzfristig sogar den Wiener Sozialdemokraten, dass sozialistische Politik vielleicht auch jenseits der Verwaltung von Gemeindebauten möglich wäre, was bei einem jungen Revoluzzer vom Land fast zwangsläufig zu fatalen Fehleinschätzungen der politischen Perspektiven führen musste. Da das aber in eine andere Geschichte gehört, hier nur in kurzen Sätzen, welche Rolle die Small Faces in meinen nun exakt dreißig Wiener Lebensjahren weiter spielten.

Zunächst kam mir ein Großteil meiner Singles auf Studentenheimfeten abhanden. Kurzfristig war ich dafür im Besitz einer originalen Ogdens’ Nut Gone Flake (nur für Laien: das ist die LP, deren Aluminiumhülle rund wie eine Tabakdose ist!) Ich konnte Sie günstig von einem bankrotten Kommilitonen erwerben, musste sie in großer Geldnot aber an einen Sammler weiter verscherbeln.

Als die Achtzigerjahre immer grauenhafter wurden, beschloss ich an meinem dreißigsten Geburtstag, eine Bluesband zu gründen. Ich renovierte ein altes Ludwig Schlagzeug, baute einen schalldichten Proberaum und formierte die Roaring Mopeds. Als Steve Marriott 1991 starb, wollte ich die Roaring Mopeds in Small Faces Revisited umbenennen. Ich verlor die Abstimmung, brachte aber Sha La La La Lee wieder auf eine Zugabenliste. Und für den nächsten Auftritt proben wir jetzt Ichycoo Park.

Beatlemania!
50 Jahre Beatles! Wir feiern mit einem sensationellen Bildband von Fans für Fans, mit Insider-Stories, fantastischen Fan-Fotos, Dokumenten und Faksimiles.

1. Auflage 2010, ca. 140 Seiten, mit über 100 Fotos, Dokumenten u. Faksimiles
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LangenMüller

Als sie noch live auftraten, wurden sie von ihren Fans in einem Maße verehrt, wie es keiner anderen Popgruppe je zuteil wurde. Der Kult um die vier Jungs aus Liverpool hält bis heute ununterbrochen an. Die Beatles haben die Musik revolutioniert und die Menschen begeistert. Die Beatles und ihre Fans – das ist ein seit damals andauerndes Liebesverhältnis, fast schon eine Weltanschauung. In diesem aufwändig und liebevoll gestalteten Album wird diese besondere Beziehung dokumentiert – mit vielen raren, zum Teil unveröffentlichten Fotos und Texten. Ein Buch von Fans für Fans.

Mit Texten von Horst Fascher, Lisa Fitz, Chuck Hermann, Jürgen Herrmann, Chris Howland, Klaus Kreuzeder, Gabriele Krone-Schmalz, Uschi Nerke, Abi Ofarim, Brian Parrish, Helmut Schmidt, Manfred Sexauer, Tony Sheridan, Pete York uvm.
Fotos von Bubi Heilemann, Werner Kohn, Ulrich Handl, Rainer Schwanke, Frank Seltier, Günter Zint u.a.