Vor dem zweiten Teil meines Ausflugs in den wilden Osten schiebe ich aus aktuellem Anlass noch einen kurzen Bericht über zwei Veranstaltungen ein. Schon Stunden nach meiner Rückkehr aus Kiev ging ich schon wieder auf Reisen. Zuerst einmal referierte ich zusammen mit Nico Rose von Bertelsmann am Personalmanagementkongress in Berlin über Jobvideos und deren Einsatz in crossmedialen Kommunikationsstrategien (Kollege Rose fokussierte vor allem auf den Einsatz von Facebook in Employer Branding und Recruiting, was ich sehr gelungen fand). Mit weit über 1000 Teilnehmern war diese Veranstaltung riesig, hervorragend durchorganisiert, durch die schiere Grösse aber natürlich auch etwas anonym. Aus Zeitgründen habe ich von den anderen Inputs leider nur wenig mitnehmen können (ausserdem beschäftigte mich der Totalausfall meines iPhones und die damit verbundene temporäre Aussperrung von der Aussenwelt doch sehr…). Ich befürchte, ich befinde mich in einem Vorstadium zur Abhängigkeit. Nicht wenige in meinem Umfeld meinen, ich sei schon weiter.
Die 1. Social Media Recruiting Summit im beschaulichen Wiesbaden von heute Montag war bedeutend kleiner als die Berliner Veranstaltung, was aber keinesfalls ein Nachteil war. Der inoffizielle Warm-up fand schon am Sonntagabend in einem afrikanischen Restaurant in Wiesbaden statt. Das war interessant, neu (Bier aus Holzschalen, Essen mit Händen… theoretisch mindestens) und ganz einfach ein toller Abend. Fast schon unglaublich, aber das Thema Recruiting holte unsere Runde selbst in dieser aussergewöhnlichen Location im beschaulichen Wiesbaden ein: In der Toilette war nämlich das Handtuchpapier mit Werbung bedruckt (vielleicht ist das ja typisch afrikanisch?), sogar eine Stellenanzeige war dabei! Ist das einfach nur “den Gewohnheiten der Zielgruppen folgen” konsequent fertig gedacht oder doch des Guten zuviel? Ich meine Letzteres. Ein paar werbefreie Örtchen sollte es doch noch geben. Auf jeden Fall ein grosses Dankeschön an Franzi, Henner und Lukas (vom Automobilzulieferer Brose), den ich dann am folgenden Tag noch in offizieller Mission hören konnte, für den spannenden Abend.
Das Programm des eintägigen Social Media Recruiting Summits war nur so gespickt von wirklich spannenden Themen: Obwohl ich nur bis 14:00 dabei sein konnte, habe ich meine Öhrchen gut gespitzt und von den Vorträgen der Kolleginnen und Kollegen wieder Interessantes aufgeschnappt – das eine oder andere Saatkorn (Gruss an Gero) wurde in der für neue VBZ-Ideen zuständigen Hirnwindung abgelegt und reift nun.
Den Reigen der Vorträge öffnete Lutz Altmann, der gleich auch den Tagungsvorsitz inne hatte. In seinem Impulsreferat hat mir speziell sein Plädoyer für klare Arbeitgeberbotschaften gefallen. Sein Beispiel für ehrliche Botschaften anhand von Songpassagen aus Herbert Grönemeyers “Bochum” fand ich ebenso simpel wie genial. So muss Personalmarketing: Die Dinge nicht unnötig verkomplizieren, sondern einfach halten und auf den Punkt kommen. Lutz Altmann brach in seinen Ausführungen sehr zu recht auch eine Lanze für das Kommunikationsmedium Blog: Dessen Wert als Kommunikations- und Informationsdrehscheibe und als meinungsbildender Kommunikationskanal wird noch zu oft unterschätzt.
Mein “afrikanischer” Kollege Lukas Zulehner vom Automobilzulieferer Brose stellte anschliessend die Social Media Aktivitäten seines Unternehmens vor. Ich staune immer wieder: das Unternehmen wird als Mittelständler bezeichnet, ist aber doch in Tat und Wahrheit zumindest aus Schweizer Optik eher ein Weltkonzern mit 20’000 Mitarbeitern. Ein typischer Hidden Champion also. Toll, wie unkonventionell, aber doch professionell Brose auf der Klaviatur der neuen Medien spielt. Da steckt spürbar viel Esprit drin – in den Aktivitäten selber und in der Person von Lukas.
Das Schöne an solchen Veranstaltungen sind ja nicht nur die frischen Impulse, sondern auch das Wiedersehen mit bekannten Gesichtern. Auf Lutz Altmann habe ich mich sehr gefreut, auf Wolfgang Brickwedde, auf meinen Branchenkollegen Robindro Ullah und auch auf Marc-Stefan Brodbeck von der Deutschen Telekom.
Letzterer war nach meinem Input an der Reihe und sein Auftritt hat mich ganz ehrlich sehr beeindruckt. Er versteht es, sein grosses Fachwissen und seine immense Erfahrung mit einer lockeren, humorvollen Art zu verbinden. Dabei argumentiert er sehr pointiert und ehrlich. Cooler Typ, davon müsste es noch viel mehr geben. Cool auch, dass ein Riesenkonzern wie die Deutsche Telekom den Mut hat, auch unkonventionelle (ja fast schon Guerilla-) Massnahmen zu wagen: Seinen Ausführungen zu den Aktionen in der Nähe von Mitbewerbern habe ich auf jeden Fall sehr aufmerksam gelauscht.
Die den Vormittag abschliessende Expertendiskussion gestaltete sich spannender, als ich dachte (häufig langweile ich mich solche Runden etwas). Viel Kompetenz, keine selbstverliebten Selbstdarsteller und geschickte Themeneinwürfe von Lutz Altmann waren hier der Mix. Zu reden kamen die Expertinnen und Experten unter anderem auch die Zukunft des Stelleninserates – das Vorgehen der VBZ kam dabei gut weg. Elke Guhl von Monster.de nannte es “der Job muss den Bewerber finden” und das gefiel mir sehr. Deutlich spürbar – und das ist so etwas wie mein Fazit aus dem ersten Teil der Veranstaltung – ist der Wandel, der im Recruitung derzeit abläuft. “Der Personaler als Vertriebler” hat es jemand genannt. Gemeint ist, dass klassische Push-Rekrutierungskonzepte für die Ansprache von Fachkräften in Mangelberufen (z.B. Ingenieure, IT) nicht mehr funktionieren und ein pro-aktives Sourcing unabdingbar ist. Die Personaler mutieren dabei mit Hilfe von Xing oder Linkedin immer mehr selber zu Headhuntern. Das verlangt nach neuen (kommunikativen) Fähigkeiten und, mehr noch, auch ein bisschen Mut. Auf diese Entwicklung müssen wir uns auch bei den VBZ in nächster Zeit einstellen und lernen, eben auch eine Art “Kaltaquise” zu praktizieren. Die (Bau-) Ingenieure dürften dabei unser erstes Betätigungsfeld sein.
Danke an Lutz Altmann für die souveräne Tagungsleitung, war mir ein Vergnügen. Jetzt aber freue ich mich auf den VBZ-Alltag und vor allem auf ein paar Wochen ohne Koffer.
Auf Wiederlesen.
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Es waren einmal eine Ostdeutsche, ein Ostwestfale, ein Österreicher und ein Schweizer. Die trafen sich und gingen zusammen aus. Ich bedanke mich für die Völkerverständigung, den Wiener Schmäh und ich danke dir, lieber Jörg, dass du OHNE Dialekt gesprochen hast. So konnten wir dich gut verstehen
. Ich sende liebe Grüße in die Schweiz!!!
Vielen Dank, liebe Franzi!