Anmerkung der Redaktion: “Forget China, India and the Internet – economic growth is driven by women” titelte der Economist vor einigen Jahren. Mittlerweile ist das Thema “Frauen in der Arbeitswelt” auch in Deutschland in aller Munde. Für uns Grund genug, der Diskussion mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Ab heute wird Angela Rittig das Thema für uns begleiten und in loser Folge über ihre Sicht auf Frauen im Berufsleben schreiben.
www – das stand einmal für world wide web. Wenn es nach Avivah Wittenberg-Cox geht, dürfte diese Abkürzung nun neu zu besetzen sein. www das sind für die quirlige Frau die drei Kräfte, die das 21. Jahrhundert vorantreiben werden :
- Weather – die Akzeptanz auf breiter Basis für einen umfassenden Umweltschutz,
- Web – die radikale Veränderung unserer Lebens- und Kommunikationsgewohnheiten durch neue Technologie und
- Women – den enormen Beitrag, den Frauen zur zukünftigen Entwicklung von ökonomischem Wachstum und Führungsverhalten leisten können.
Als Kanadierin mit zwei weiteren Staatsbürgerschaften sticht sie nicht nur optisch hervor in ihrem roten Mantel auf Deutschlands erster Mixed Leadership Conference in Hamburg. Als Geschäftsführerin von 20 first berät sie
Unternehmen darin, eine ausgewogene Führungsmannschaft zu implementieren und so genannte geschlechtsbilinguale Organisationen aufzubauen. In Deutschland sollte sie sich dabei vor Anfragen kaum retten können: Nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey über die Zusammensetzung von Vorständen in elf Industrienationen und Schwellenländern landet Deutschland gemeinsam mit Indien auf dem letzten Platz. Gerade einmal zwei Prozent der Führungspositionen sind hier von Frauen besetzt.
Wer nur an die Hälfte denkt, ist auch nur halb so gut
Unter dem Titel „Wer nur an die Hälfte denkt, ist auch nur halb so gut“ zeigt auch Cornelia E. Hulla, Vorstand Personal bei Coca Cola Erfrischungsgetränke AG, Gründe auf, warum es in Deutschland in Sachen Gleichberechtigung noch hapert. Dazu gehören die inzwischen altbekannten Ursachen wie mangelhafte Betreuungsmöglichkeiten für berufstätige Mütter und unflexible Arbeitsmodelle, die unbegrenzte Verfügbarkeit und Mobilität der Mitarbeiter voraussetzen.
Hulla widerlegt dabei, dass Frauen einfach mehr MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) studieren müssten, wie unter anderem hier gefordert: Zum einen würde das bedeuten, dass deutsche Unternehmen von Führungskräften mit genau diesen Abschlüssen geleitet werden. Dem ist nachweislich nicht so. Tatsächlich entfallen zumindest in den Vorstandsetagen der DAX-30-Unternehmen mehr als die Hälfte aller Abschlüsse an Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Auch widerlegt sie ein naturgegebenes Desinteresse von Frauen an diesen Themen. Denn die Zahlen weiblicher Absolventen in eben diesen Fächern sind in vielen arabischen Staaten und Ländern des ehemaligen Ostblocks um ein Vielfaches höher als in Deutschland. Nach Ansicht der Referenten hat das Problem tiefer gehende gesellschaftliche Ursachen; es mit mangelndem Interesse zu begründen, sei demnach zu kurz gegriffen.
Frauen müssen sich ins Zeug legen
Wichtig ist allen Referenten auf der Mixed Leadership Conference an diesem Tag, dass das Thema nicht eindimensional betrachtet wird: Es liege auch an den Frauen, sich ihren Platz in den Führungsetagen zu sichern. Dazu gehörten auch der Wille, Verantwortung zu übernehmen, nach der Babypause zügig wieder in den Job einzusteigen und frühzeitig Netzwerke zu knüpfen. Das bestätigt auch Bettina Orlopp von McKinsey in einem der Workshops, die mit ihrem Team die Gründe analysiert hat, warum hierzulande Frauen so selten in Führungspositionen anzutreffen sind. „Frauen vermarkten sich nicht selbst ausreichend“ und „Frauen bilden weniger tragfähige berufliche Netzwerke“ finden sich dabei auf den vorderen Rängen. Dass die letztgenannte Annahme so falsch nicht sein kann, deuten auch die Nutzerstatistiken von XING an: Zwei Drittel der Mitglieder sind Männer und auch auf der Plattform legen sich die Damen noch nicht wirklich ins Zeug: Sie versenden weniger Einladungen, Kontaktanfragen und Nachrichten als die Männer und haben im Durchschnitt auch weniger Kontakte.
Dabei zeigen Frauen im Privaten bereits hinreichend wie es geht, pflegen Beziehungen und sind hervorragende Netzwerker. Die Bereitschaft, diese nun auch für das berufliche Fortkommen einzusetzen, müsse sich noch stärker durchsetzen, so Orlopp.
Es ist also noch viel zu tun. Natürlich kann so eine Konferenz keine Lösungen schaffen. Aber sie kann Denkanstöße geben, mit falschen Annahmen aufräumen und Aha-Effekte erzielen. Leider sieht es so aus, als würden sowohl wir Frauen als auch die Gesellschaft noch einige dieser Effekte brauchen, bis sich die Situation spürbar verbessert.
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sehr guter bericht muß ich sagen! finde nicht das es da noch so breite oder große lücken gibt in sachen gleichberechtigung. denke frau hat in den letzten 2 jahrzenten schon gezeigt für was sie im stande ist undauch in vielen geschäftzweigen fuß gefasst.und ich denke das ende ist lange noch nicht erreicht…lg chris
@Chris: deswegen sind ja auch so unglaubliche viele Posten in den Chefetagen von Frauen besetzt …