Morgenlicht und Sternenwächter
von lesartige
Leseeindruck von Clara Schattauer
(12 Jahre)
Dieses Buch erzählt vom Erwachsenwerden und davon, wie schwer das manchmal sein kann. Es handelt von zwei Geschwistern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Morgenlicht liebt den Morgen, Sternenwächter den Abend. Ihre Gefühle und ihr Blick auf die Welt sind wie Tag und Nacht. Trotzdem verstehen sie sich und halten zusammen, wenn es darauf ankommt. Die Kapitel wechseln zwischen zwei Perspektiven. So hat die Geschichte eine weibliche und eine männliche Stimme. Diesen Wechsel finde ich sehr interessant, denn in anderen Büchern ist er nicht so deutlich zu erkennen (oder gar nicht vorhanden)!
Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Christoph Columbus landete 1492 auf der Insel auf der Morgenlicht und Sternenwächter leben. Über dieses Erlebnis verfasste er einen Tagebucheintrag, der als Epilog im Buch abgedruckt ist. In der Geschichte tauchen am Ende Fremde auf, die von Morgenlicht und Sternenwächter willkommen geheißen werden. So wird deutlich, woher der Autor weiß, wie Morgenlicht und Sternenwächter leben. Diesen geschichtlichen Hintergrund finde ich sehr spannend.
Das Buch hat wunderschöne Illustrationen von Quint Buchholz, die die ruhige Stimmung der Geschichte gut erfassen. Sie zeigen vor allem Natur: den Sonnenaufgang, den weiten Sternenhimmel, das Meer, den Strand. Und natürlich auch die beiden Kinder. In der Geschichte passiert nicht sehr viel, aber das hat mich nicht gestört. Sie ist einfach sehr schön erzählt.
„Wenn der Tag vor dir anfängt, holst du ihn nie mehr ein… Der Tag gewinnt.“
So denkt Morgenlicht. Sie steht vor dem Tag auf und setzt ihren Fuß leise auf den Weg, auf dass ihre Geräusche mit denen der Welt verschwimmen. Ganz anderes ihr Bruder Sternenwächter. Man müsse sich an den Tag erinnern, während die anderen schliefen und müsse ihn rufen, wenn es „Zeit für die Sonne ist, nach Hause zu kommen“.
Diese naturverbundene, in poetische Bilder gefasste Weltsicht durchzieht den gesamten Text. Wechselnde Erzählperspektiven grenzen Morgenlicht oder Sternenwächter voneinander ab, vermitteln jedoch auch ihre Emotionen füreinander. Beider Namen sind vorläufig. Endgültige Namen erhalten sie bei der rituellen Aufnahme in die Welt der Erwachsenen. Die Geschichte spielt im 15. Jahrhundert auf den Bahamas und endet mit dem ersten Kontakt mit den spanischen Eroberern. Angeschlossen wird ein Epilog aus dem Tagebuch des Kolumbus. Die braun-schwarz getönten, ganzseitigen, fotorealistischen Bilder von Quint Buchholz bilden gleichsam einen szenischen Hintergrund, dessen vermittelte Traurigkeit den Text begleitet.
Das inhaltlich und ästhetisch konstituierende Thema „Anderssein“ wird sehr verschieden gewertet: die Eltern nehmen die Verschiedenheit ihrer Kinder als Geschenk und gehen sensibel damit um. Die Wahrnehmungen der Fremden durch Morgenlicht und ihre Angebote sind von diesem achtungsvollen Umgang bestimmt. Kolumbus` ausschließlich eurozentristisch geprägten Tagebucheintragungen über die Indianer zeugen von völlig anderen Hierachie-, Religions- und Zivilisationserfahrungen.
Claudia Rouvel (Quelle: Der Rote Elefant, Nr. 13, Berlin 1995)
Autor: Michael Dorris
Illustration v. Quint Buchholz
Aus d. Amerk. von Uwe-Michael Gutzschhahn
Otto Maier Verl., Ravensburg 1995, 93 S., ab 11J.
Stichwörter:
Jugendliteratur, Kinderbücher, Kolumbus, LesArt, Lesetipps, Michael Dorris, ZVAB1 Kommentar
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Glarean Magazin schrieb am June 20, 2010:
Sommer-Tanka (4)…
Kagawa Kageki prägte stark das Lyrik-Schaffen seiner Zeit mit und gilt der altjapanischen Kulturforschung als einer der bedeutendsten Poeten der späten Tokugawa-Periode…….