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Deon Meyer: ein Mann mit Leidenschaften

von litprom

Deon Meyer, der erfolgreiche Autor von Kriminalromanen aus Südafrika, entspricht genau dem Bild, das man sich von einem ehemaligen Rugbyspieler macht. 1958 in Paarl in der westlichen Kap-Provinz in Südafrika geboren, wuchs er in der Goldgräberstadt Klerksdorp auf, leistete seinen Militärdienst im angolanischen Bürgerkrieg ab, studierte an der Potchefstroom-Universität und arbeitete dann als Reporter beim „Volksblad“, einer afrikaanssprachigen Tageszeitung in Bloemfontein. Nach jahrelanger Tätigkeit unter anderem als Pressesprecher, Webdesigner, Manager für BMW Südafrika und in der Werbebranche ist er heute freier Schriftsteller, sein Traumberuf seit seinem 14. Lebensjahr.

Nebenbei organisierte er die jährliche GS Challenge, eine anspruchsvolle Biker-Tour auf Südafrikas Straßen und offroad. Motorrad fahren ist eine von Deon Meyers Leidenschaften, kein Wunder, dass er Thobela Mpayipheli, den Helden seines Kriminalromans Das Herz des Jägers (aus dem Englischen von Ulrich Hoffman, Rütten und Loening Verlag 2005) auf eine lange Reise mit einer schweren BMW-Maschine von Kapstadt nach Lusaka/Sambia schickt. Ein hoch spannender Roadmovie für den Kopf und ein Roman, der ebenso wie sein 2007 erschienener Nachfolgeband Der Atem des Jägers von der KrimiWelt unter die 10 besten Kriminalromane (2005 und 2007) gewählt wurde. Eva Massingue, für die seine Bücher wahre „pageturner“ sind, konnte dem Autor anlässlich seiner Lesung in Bad Homburg einige Fragen stellen.

Eva Massingue: Die Helden in ihren Büchern, mittlerweile sind ja vier Ihrer Krimis bereits ins Deutsche übersetzt, scheinen mir alle ein bisschen Ihr Alter Ego zu sein: Wie Thobela sind Sie groß und kräftig, Sie lieben Mozart wie Zapotek von Heerden, essen und kochen gern wie der übergewichtige Matt Joubert. Und Sie fahren leidenschaftlich gern Motorrad wie Thobela. Gibt es noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen Ihren Protagonisten und Ihnen?

Deon Meyer: Eigentlich nicht. Ich neige nur dazu, über meine Leidenschaften zu schreiben, z.B. eben über Motorrad fahren, über Musik und übers Essen, aber wenn es um die Persönlichkeitsstruktur, um Überzeugungen oder Anschauungen geht, dann bin ich anders als meine Helden. Es sei denn, ich hätte eine multiple Persönlichkeit, von der ich bisher noch keine Ahnung habe.

In Deutschland werden Sie in der Werbung Ihres Verlags als der afrikanische Henning Mankell bezeichnet. Kennen Sie die Bücher des Schweden? Und wenn, sehen Sie auch eine Verbindung zwischen Mankell und Ihnen oder betrachten Sie das nur als ein typischen Werbeslogan, um das Kaufinteresse zu wecken?

Ich kenne und liebe Mankells Bücher und betrachte den Vergleich zuallererst als Kompliment. Und da wir beide Kriminalromane schreiben, die einen deutlichen Anstrich von „noir“ haben, glaube ich, dass die Analogie ihre Berechtigung hat. Zumindest gibt sie dem Leser einen Hinweis darauf, was er oder sie bei meinen Romanen erwarten kann.

Alle Ihre Helden ringen mit persönlichen Problemen und haben ein komplexes, angeschlagenes Innenleben. Benny Griessel hält seine Arbeit nur mit Alkohol aus und verliert durch die Sauferei Frau und Kinder und fast auch den Job. Matt Joubert ist traumatisiert durch den Tod seiner Frau und die Umstände ihres Todes, van Heerden ist ein verkrachter Ex-Bulle und auch Thobela, mein liebster Held, ringt mit den gewalttätigen Anteilen seines Charakters und der Furcht, dass der Killer in ihm für immer die Oberhand gewinnen könnte. Eigentlich alles kaputte Typen – ist das auch als eine Lagebeschreibung des neuen Südafrikas zu verstehen: angeschlagen, traumatisiert zum Teil, aber stark und eigentlich doch sympathisch?

Ich versuche meine Charaktere so menschlich, lebensnah und plastisch zu zeichnen wie möglich, mit Schwächen und Stärken, die wir doch alle auch von uns selbst kennen. Ich glaube auch, dass sich ein Leser eher mit einem etwas fragwürdigen Charakter identifizieren kann. Wo gibt es denn schon perfekte Menschen?
Für die Dramaturgie einer Geschichte ist natürlich auch ein gebrochener Charakter deutlich spannender als ein nahezu fehlerloser – und außerdem entsprechen die Personen eher der Wirklichkeit, viele im Polizeidienst trinken, viele sind geschieden … Letztendlich hilft ihnen das sogar bei ihrer Arbeit mehr, als dass es schadet: Wer die Abgründe in sich selbst kennt, kann die Abgründe in anderen eher ausloten und verstehen.
Was Analogien zur Lage in Südafrika betrifft, so ist es eher die Aufgabe des Lesers und des Rezensenten, diese herauszustellen – wenn es sie denn gibt.

In Afrikaans, der Sprache, in der Sie Ihre Bücher schreiben, erstaunen Ihre Titel durch Ein-Wort-Kürze: Feniks, Orion, Proteus und Infanta. Können Sie uns die Titel etwas erläutern?

Ich liebe kurze Titel, und seit meinem zweiten Buch tendiere ich dazu, nur jeweils ein einziges Wort dafür zu wählen. Das funktioniert gut in Afrikaans, der Sprache, in der ich schreibe, aber nicht immer genauso gut in den Übersetzungen. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Feniks in Afrikaans heißt auf Englisch Phoenix. Das ist als Titel aber keine sehr gute Wahl, englischsprachige Leser könnten Phoenix womöglich eher mit der Stadt in Arizona verbinden als mit dem Vogel, der aus der Asche wiedergeboren wird. Da verlasse ich mich bei der Titelwahl lieber auf die Verleger, die ihren jeweiligen Markt kennen und den für Land und Sprache passenderen Titel vorschlagen können.

Wie sieht es denn überhaupt mit den Übersetzungen aus? Die deutschen Ausgaben ihrer Romane werden aus dem Englischen übersetzt, doch die englische Ausgabe ist ja schon eine Übersetzung aus dem Afrikaans. Haben wir es also mit der Übersetzung einer Übersetzung zu tun und besteht dadurch nicht die Gefahr von Qualitätsverlust und Fehlern?

Da kann ich sie beruhigen. Ich schreibe zwar in Afrikaans, weil es einfach meine Sprache ist, die Sprache, in der ich liebe und träume. Aber ich arbeite an der englischen Übersetzung sehr eng mit und kann Ihnen versichern, dass es keine substantiellen Unterschiede zwischen der Afrikaans-Version und der englischen Version meiner Bücher gibt.

Seit Anfang dieses Jahres ist Ihr neuer Kriminalroman The Invisible fertig, noch dieses Jahr wird er auch auf Englisch erscheinen. Wieder führen Sie einen neuen Charakter ein: den Bodyguard Lemmer, der eigentlich zum white trash gehört und ebenfalls eine dunkle Vergangenheit hat. Gibt es wieder eine neue Reihe oder planen Sie weiter einzelne, unterschiedliche Protagonisten, die dann in den Geschichten der anderen kurze Gastauftritte haben?

Ich weiß es nicht. Mir gefällt Lemmer, und wenn ich für ihn noch eine richtig gute Geschichte finde, dann kommt er vielleicht zurück!

Alle Ihre Ermittler sind Afrikaaner. Wie wäre es denn mal mit einem Zulu oder Xhosa Cop?

Es gibt in meinen Büchern eine ganze Reihe schwarzer Polizeibeamte, auch in Invisible. Und wer weiß, vielleicht wird einer von ihnen mal zu einer Hauptperson?

Sie sprachen von einem Projekt an der Universität in Stellenbosch, an dem Sie beteiligt sind: WoW, Words open Worlds, ein Hilfsprojekt für benachteiligte Schüler und Jugendliche. Können Sie darüber noch ein bisschen mehr erzählen?

Das WoW-Projekt startete 2003 mit dem Ziel, Kindern und Jugendlichen aus durch die Apartheid ehemals benachteiligten Gemeinschaften zu mehr Bildung zu verhelfen. Viele haben nur einen rudimentären Zugang zu Sprache und Bildung, ihre Sprachkompetenz ist mangelhaft – sowohl mündlich als auch schriftlich. Mit Literatur und Kunstaktionen soll den nachwachsenden Generationen zu einer besseren Beherrschung ihrer Sprache verholfen werden, auch um ihnen Zukunftsperspektiven aufzuzeigen. Mit verschiedenen Programmen erreichen wir in der westlichen Kap-Provinz bis zu 10.000 Kinder jährlich. Zu diesen Programmen gehören u. a. Literaturwettbewerbe und auch Autorenlesungen in Schulen – etwas, was ich sehr gerne mache.

7. April 2008

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1 Kommentar

  1. krimiblog.de » Weiter auf Streifzug schrieb am April 7, 2008:

    […] Krimiautor → Deon Meyer hat Eva Massingue Rede und Antwort gestanden. Das Interview gibt es im → Blog des ZVAB zu lesen. Sehr […]


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