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Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben

von konecny

Das Restaurant „Zur Erdachse“ im mährischen Schamberg ist eine Oase inmitten der Wüste der Wirtschaftskrise, ein aufgeschlagener Stammtischgedichtband, ein Traktat der Kneipenphilosophie – kurzum der Heilige Brunnen der Illusion!

„Lada ist reif für die Klapse!“, sagte Arnošt und nickte zu der hübschen Kellnerin Lada, die gerade Bier an die Durstenden verteilte. „Sie hat irgendeinen bescheuerten Workshop für angehende Geistheiler und Geistheilerinnen besucht – um politisch korrekt zu bleiben -, und jetzt will sie mir ständig einreden, dass ich krank bin und mich von ihr behandeln lassen muss.“ Arnošt unterbrach seine Tirade, da Lada unseren Tisch angesteuert hatte. „Das Pilsner Urquell schmeckt heute wie Gurkenwasser“, sagte er und reichte ihr sein halb geleertes Bierglas! Bring mir besser auch Radegast!“

„Vielleicht hast du die Zuckerkrankheit!“, sagte Lada. „Da schmeckt man nicht richtig!“

„Na, wenn du Süßes magst, kannst du mich ja…“, sagte Arnošt, aber bevor er seine ungeheuere Beleidigung loswerden konnte, jagte Lada schon zum Ausschank. „Von wegen Zuckerkrankheit!“, sagte er. „Ein ganzes Fass Pilsner Urquell kann ich doch nicht in zwei Tagen allein schaffen. Ihr Proleten trinkt das billige Radegastbier, und das gute Pilsner Urquell versauert. Wo bleibt Lada so lange damit? Meine Alte wartet auf mich!“

„Donnerstag ist der Liebestag, oder?“, sagte Pepa. „Heute musst du wohl deine Ehepflichten erfüllen?“
„Bei Arnošt gibt’s Bescherung nur an Weihnachten!“, sagte Jenda.
„Quatsch!“, sagte Arnošt. „Heute lassen wir’s im Bett krachen! Wenn ich mich ausziehe, betet mich meine Frau an wie den jungen Adonis!“
„Wie kannst du deine Ehepflichten erfüllen, wenn du dich hier vorher so zusäufst?“, fragte Milena.
„Im nüchternen Zustand leide ich an ejaculatio precox!“, sagte Arnošt. „Doch wer zu früh kommt, den bestraft das Leben! Meine Frau hat mich deswegen immer Liegestütze machen lassen. Bis ich festgestellt habe, dass der Alkohol das beste Orgasmusverzögerungsmittel ist, das es gibt! Um meine Frau zu befriedigen, muss ich mir halt immer etwas Verzögerung ansaufen!“
„Ach, ihr Männer!“, sagte Milena. „Als wir Frauen uns im Paradies an den schönen Äpfeln der Erkenntnis von Gut und Böse vergangen hatten, hat uns Gott zu hart bestraft: Er hat uns unsere Nacktheit erkennen lassen und somit auch unsere Lust am Sex!“
„Na, das ist doch keine Strafe!“, sagte Arnošt. „Sex ist was Gutes!“
„Das hängt von dem Partner ab!“, sagte Milena. „Uns hat Gott den Mann zugeteilt, damit er uns befriedigt. Das ist, wie wenn man aus einem Tauben einen Musiker machen möchte. Der Mann als Sexpartner war die wahre Strafe Gottes für unser Vergehen!“
„Das gilt nur für die Abstinenzler!“, sagte Arnošt. „Der Alkohol ist nicht nur gut gegen den vorzeitigen Samenerguss, sondern auch das einzige Aphrodisiakum, das wirklich funktioniert! Wenn ich aus der Kneipe heim komme, läuft meine Frau nur im verführerischen Negligé rum. Sie weiß, was für sie gut ist. Kleine Menge Alkohol erhöhen den Testosteronspiegel, und das Hormon Testosteron ist für unseren Sexualtrieb verantwortlich!“
„Was sind aber die kleinen Mengen?“, fragte ich.
„Bei mir sechs Halbe!“, sagte Arnošt.
„Nach sechs Halben kriegst du nicht mal die Hand hoch, du Sexperte“, sagte Milada. „Ganz zu schweigen von den anderen Organen.“
„Die optimale Alkoholmenge ist bei jedem anders“, sagte Arnošt. „Und eine recht knifflige Sache! Dein eigener Promillelustbereich! Du musst halt so viel saufen, dass du erst nach zwei Stunden kommst, aber so wenig, dass dein Ding die ganzen zwei Stunden auch durchhält. Nach zwei Stunden im Bett am Stück wird meine Alte so rasend, dass sie dabei Gedichte von Else Lasker-Schüler rezitiert:

„Jüx! Wollen uns im Schilfrohr
Mit Binsen aneinander binden
Und mit der Morgenröte Frühlicht
Den Süden unserer Liebe ergründen!“

„Meine Frau ist noch schlimmer!“, sagte Jenda. „Ihr wisst, sie ist Deutsche! Auf ihrem Höhepunkt fängt sie immer an, ein Lied von diesem deutschen Popsänger zu singen, wie heißt der nur… ah, Herbert Grönemeyer! Ist das nicht pervers?“
„Das ist normal!“, sagte ich. „Dass eine Frau dabei Lieder von Grönemeyer singt – holländische Wissenschaftler haben unlängst herausgefunden, dass Frauen während des Orgasmus weite Teile ihres Gehirns ausschalten.“
„Und Männer nicht?“, Milena.
„Beim Mann kann man das gar nicht messen“, sagte ich, „weil sein Orgasmus zu kurz ist!“
„Dann ist alles klar“, sagte Arnošt. Unglücklicherweise gerade als Lada ihm sein Bier brachte. „Weil der Orgasmus bei der Frau viel länger dauert als beim Mann, braucht sie ihn nicht so oft.“
„Du alter Chauvi!“, sagte Lada und kippte ihm die Hälfte seines neuen Biers in den Schoss.
„’tschuldigung!“, sagte sie und lächelte verzückt.
„Verdammt!“, sagte Arnošt. „Und direkt in den Schritt! Das war Absicht, meine Dame! Jetzt kann ich doch nicht nach Hause gehen. Sonst denkt meine Alte, ich hätte mich vollgepisst. Bis die Hose eintrocknet, muss ich in der Kneipe bleiben und Bier trinken. Na ja nach acht Halben kann ich die ganze Nacht. Da wird meine Frau heute einen kosmischen Orgasmus kriegen. Die Tantraflut!“
„Arnošt!“, brüllte plötzlich eine weibliche aber brutale Stimme vom Eingang. In der darauf folgenden Stille konnte man einen Tropfen Bier vom Zapfhahn bei seiner Begegnung mit der Blechtheke hören – patsch! „Ja, spinnst du?“, kreischte Arnošts Frau weiter. „Ich hab dir doch gesagt, du musst heute Abend auf unsere Enkelkinder aufpassen! Hast du vergessen, dass ich zu meiner Mutter fahre? Ich bin schon unterwegs zum Bus, und der alte Trottel hockt in der Kneipe!“
„Ich gehe schon, Schätzchen!“, rief Arnošt, hüpfte hoch, schob Lada einen Geldschein zu und lief davon. Etwas verdutzt guckten wir ihm nach. Von draußen kam durchs Fenster der Rest der Schimpfkanonade: „Mein Gott! Hast du dir wieder in die Hose gemacht? Du solltest zum Arzt gehen und dir ein neues Ventil machen lassen!“
„Lada hat mir Bier auf die Hose geschüttet!“
„Immer diese Lügen!“, kreischte Arnošts Frau, ihre Stimme aber wurde leiser und leiser.
„Doch kein Sex für Arnošt heute!“, sagte Pepa. „Babysitting! Schade!“
„Habt ihr gesehen wie er torkelte?“, sagte Lada. „Der hat keinen Gleichgewichtssinn mehr. Das ist sicher Schilddrüsenüberfunktion! Den muss ich mir mal angucken!“
„Eher Suffüberfunktion!“, sagte Milena.
„Wohl beides!“, sagte Lada. „Wollt ihr noch eine Runde?“
„Klar!“, sagten wir einstimmig. Nach Hause wollten wir noch nicht. Die Zeit war ja noch nicht reif dafür. Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben.

3. August 2009

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3 Kommentare

  1. Laufsau schrieb am August 11, 2009:

    mei hab ich gelacht. danke jaromir. jetzt weiss ich auch, was ich immer falsch mache…

  2. Jaromir Konecny schrieb am August 13, 2009:

    Hallo Marc,

    danke für Dein Lachen! Wenn man immer alles falsch macht, hat man ja viel zum Lachen. Ich sitze gerade im Urlaub in Mähren, im tschechischen Fernsehen gibt’s jetzt tatsächlich ein Fernsehserial, das “Die Kneipe” heißt. Ich schreibe seit Jahren meine “Kneipenphilosophengeschichten”, und so hab ich mir gestern eine Folge davon angeguckt… na, ja, Fernsehen halt. Auf jeden Fall merke ich hier in Tschechien wieder mal den Unterschied zu deutschen “Kneipen”. In Deutschland tauscht man in den Kneipen vor allem Informationen aus, hier werden noch Geschichten erzählt. Und manchmal auch zusammen musiziert und gesungen. Das ist sicher keine Eigenart der “tschechischen” oder der “deutschen Natur” und ist eher ein Überbleibsel aus den sozialistischen Zeiten. Paradoxerweise hat das schlechte System damals die Leute irgendwie zusammen getrieben. Man sieht aber, wie jetzt im Kapitalismus auch in Tschechien, vor allem in den großen Städten, diese Kneipenkultur langsam schwindet. Wenn man viel Leistung bringen will und muss, kann man nicht den halben Tag in der Kneipe hocken. Kann aber sein, dass ich in Deutschland in den falschen “Kneipen” verkehre. Ich lebe in Deutschland ja viel “asketischer” als in Mähren. In deutschen “Kneipen” hocke ich meist nur nach meinen Auftritten und “tausche Informationen aus”. Ich muss mich ja in Deutschland von meinen Urlauben in Tschechien erholen.

    Liebe Grüße aus Schamberg

    Jaromir

  3. Bücherlei Weblog » Blog Archive » #327 schrieb am April 13, 2010:

    […] Sex haben Die süße Tüte des Vergessens Tschechensport Ich sammle Joghurtdeckel Urbane Legenden Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben Der Mensch und die Wunder der Technik Die schönen Seiten der Globalisierung Omas Han am Tag der […]


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