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Gewinner des Preisausschreibens "Verlorene Bücher mit Geschichte"

von zvab

Der Gewinner des Preisausschreibens „Verlorene Bücher mit Geschichte“ von lesenswert.de und ZVAB.com steht fest: Bernd Debus aus Dormund hat mit seiner Kurzgeschichte „Von Füchsen und Menschen“ die Jury überzeugt und darf sich darüber freuen, sein verlorenes Buch – „Der Herr der Felsenhöhe“ von Michel-Aimé Baudouy – bald wieder in den Händen zu halten.

Von Füchsen und Menschen

Michel-Aimé Baudouy: Der Herr der Felsenhöhe

„Abramczik, Polizeiinspektion Nord. Sind Sie Jan Schmidt?“
„Ja, das bin ich.“ Ich spüre wie mir das Blut aus dem Gesicht weicht. „Ist was mit Sabine passiert?“
„Wer ist Sabine?“
„Die Frau, mit der ich lebe“, antworte ich.
„Nein, von Ihrer Frau weiß ich nichts. Aber Ihre Schwester liegt in der Unfallklinik. Und wir haben hier ein Mädchen, Sarah. Sie hat nur ein paar Kratzer. Könnten Sie sie wohl abholen?“
Den ganzen Weg zu uns nach Hause redet Sarah kein Wort. Ihr Sweatshirt hat Blutflecke und ihre Jeans sind mit Erbrochenem beschmiert. Ich habe keine Ahnung was passiert ist. Die Kollegen hätten den Bericht noch nicht geschrieben und wären schon wieder im Einsatz, sagt der Polizist auf der Wache. Und das Krankenhaus gibt keine Auskünfte am Telefon. Nein, Lebensgefahr bestehe nicht. Ich rufe Sabine an und bitte sie, in die Unfallklinik zu fahren.
Sarah schicke ich unter die Dusche. Ich überlege kurz. Sie ist zehn. „Kommst du klar?“ Sie nickt und sieht mich verlegen an.
Als ich das Wasser plätschern höre, lege ich ihr einige Anziehsachen von Sabine auf die Waschmaschine. Sabine ist ziemlich klein und Sarah recht groß für ihr Alter. Das wird schon passen. Als sie wieder auftaucht, hält sie die Hose mit den Händen fest. Ich habe einen Gürtel vergessen.
Sie quetscht sich neben mich in den Sessel. „Es war ein Fuchs“, sagt sie. „Mama ist einem Fuchs ausgewichen und gegen einen Baum gefahren.“ Sie schluckt. „Sind Füchse böse?“
Ich schüttele den Kopf. „Nein, Füchse sind nicht böse. Ich habe als Kind ein Buch gelesen, in dem ein Fuchs die Hauptrolle spielt. Es hieß ‚Der Herr der Felsenhöhe’. Seitdem mag ich Füchse.“
„Kannst du es mir vorlesen?“
„Ich hab es nicht mehr. Weist du noch, das Omas Haus mal gebrannt hat?“
„Ja“, sie nickt heftig. „Das war als ich noch ein Baby war. – Kannst du mir das Buch dann erzählen?“
Ich überlege kurz und erzähle ihr. Von dem jungen Fuchs, der seiner Mutter davonläuft und alleine zu Recht kommen muss. Wie er ein hervorragender Jäger wird und alle Bauernhöfe der Umgebung heimsucht, um dort die Hühnerställe zu plündern.
Ich erzähle von den vier Kindern, die bei ihrer Tante in einer alten, halb verfallenen Wassermühle leben, weil ihre Eltern einen Unfall hatten und im Krankenhaus liegen. Wie sie bei ihren Streifzügen durch den Wald den Bau des jungen Fuchses entdecken und ihm fortan helfen, den wütenden Bauern und Jägern zu entkommen. Ich berichte von dem geheimnisvollen alten Kapitän, mit dem sich die Kinder anfreunden, obwohl er als der beste Fuchsjäger weit und breit gilt.
Irgendwann muss sie eingeschlafen sein.
Als ich Sarah in das Gästezimmer trage, wird sie kurz wach. „Du hast die Geschichte nicht zu Ende erzählt“, sagt sie.
„Du bist eingeschlafen.“
„Nein, bin ich nicht. Ich hab alles mitgekriegt. Da war dieser Fuchs und er ist mit seinem Fuß in eine Falle geraten. Und das hat ihn so vorsichtig gemacht, dass ihn niemand erwischen konnte.“
Ich setze sie auf die Bettkante.
„Aber am Ende hat er eine Füchsin gefunden und sie haben Junge bekommen und der Jäger hat den kleinen Füchsen nichts getan, obwohl sein Hund sie aus dem Bau geholt hat …“
Ich helfe ihr aus der Hose und in eines von Sabines Nachthemden.
„Was ist mit Mama?“
„Sie ist Okay. Sabine ist bei ihr. Wir können sie morgen besuchen.“
Als ich das Zimmer verlasse, schläft sie.
Ich gehe an den Rechner im Büro neben der Küche. ‚Der Herr der Felsenhöhe’. Eine Suchmaschine verrät mir den Namen des Autors: Michel-Aimé Baudouy. Irgendwer wird es noch haben, antiquarisch. Ich würde es gerne mal wieder lesen.

Bernd Debus

13. August 2009

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1 Kommentar

  1. Markus Reiss schrieb am September 16, 2009:

    Diese nette, kleine Kurzgeschichte ist der Beweis dafür, dass man auch seine eigenen Wünsche nett verpacken kann. Na dann viel Spaß mit dem wiedergefundenen Schatz, Herr Debus!


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