Celine oder Welche Farbe hat das Leben
von lesartige
Kiril Dimova
Leseeindrücke von Kiril Dimova (13 Jahre)
Celine ist 16 Jahre alt und lebt mit ihrer Stiefmutter zusammen in Chicago. Ihre Mutter ist als Forscherin in Südamerika unterwegs, und auch ihr Vater ist selten zu Hause und lässt Celine mit ihrer Stiefmutter allein, dich sich zwar um das Mädchen kümmert, aber genug eigene Dinge im Kopf hat. Darum ist Celine oft allein. Sie malt sehr gern, liest einen Haufen schwieriger Bücher, schaut viel Fern und macht sich über die Sendungen lustig.
Eines Tages steht ein kleiner Junge vor ihrer Tür, dessen Eltern gerade dabei sind sich zu trennen. Er ist sehr traurig und allein und klingelt daher immer öfter bei Celine. Erst ist sie etwas genervt von ihm, doch schon bald freut sie sich, Jake zu sehen und mit ihm zusammen Fern zu sehen. Bald lernt sie auch seinen Vater kennen, der Künstler ist und Celine sehr beeindruckt. Sie verliebt sich kurz in ihn, ich denke vor allem, weil sie auch gern Künstlerin werden möchte, und er ein Vorbild für sie ist. Doch das geht auch wieder vorbei, als sie merkt, dass sie sich nur eingebildet hat, dass er ihre Gefühle erwidert.
Mit hat an dem Buch gefallen, dass Celine und Jake sich deshalb kennen lernen, weil sie beide einsam sind. Und obwohl sie so verschieden alt sind, verstehen sie sich bald gut, denn beide machen sich über viele Dinge Gedanken und denken sich gern Geschichten aus. Das Buch ist aber eher etwas für Mädchen, weil die Hauptperson ja auch ein Mädchen ist. Aber ich würde es auf jeden Fall empfehlen, weil es auf der einen Seite ernst und manchmal etwas traurig ist, auf der anderen Seite aber auch oft komisch und verdreht. Celine ist ein sehr merkwürdiges Mädchen und macht vieles anders, als man es erwarten würde. Aber das macht sie auch sehr spannend. Man kann sich überlegen, was man selbst in ihrer Situation getan hätte.
Erwachsene könnten nach der Lektüre dieses psychologisch und sprachlich außergewöhnlichen Buches einmal versuchen, sich mit den Augen der 16jährigen Ich-Erzählerin zu sehen. Dieser Selbstversuch wäre kein Vergnügen. Celines scharfsinnig-genaue Beobachtungen, verbal ausgedrückt in bissig-ironischen Formulierungen, sind schmerzhafte Rundumschläge, auch gegen sich selbst. Sie resultieren aus sehr komplizierten Beziehungen u.a. zur fast gleichaltrigen Stiefmutter, dem sich entziehenden Vater und der in Südamerika lebenden Mutter… Aber Celine denkt auch über Literatur (Salingers Holden Caulfield), über Malerei als ihrem Ausdrucksmittel und über das geliebte ironisch kommentierte Fernsehen nach. Sie und Jake, der 6jährige Nachbarjunge, der die Trennung der Eltern nicht verkraftet und zu dem Celine fast mütterliche Gefühle hegt, zappen sich durch die Kanäle. Beide spannen Bilder und Wunsch-Geschichten zusammen, bestimmen ihre Fernseh-Welt, nicht nur konsumtiv, sondern kreativ. Die sich vertiefende Beziehung zu Jake ermöglicht fast unmerklich auch Celine, eigenes Verlassenwordensein zu verarbeiten.
Claudia Rouvel
Celine oder Welche Farbe hat das Leben
von Brock Cole
Aus dem Englischen von Sybil Gräfin Schönfeldt
Carl Hanser Verlag