Urbane Legenden
von konecnyDie alten Erzähler begannen ihre Märchen mit dem Satz „Es war einmal…“. Die heutigen Ammenmärchen beginnen mit: „Ein Freund hat mir erzählt, dass ein Freund von ihm…“ oder „Dem Freund eines Freundes von mir ist folgendes passiert…“. High-Tech-gerecht wird in diesen modernen friend-of-a-friend-tales das Lebkuchenhaus durch die Mikrowelle ersetzt, die Handlung vom Land in die Stadt verlegt, und schon ist eine neue urbane Legende geboren. Zum Beispiel die nordamerikanische Sage über eine alte Frau, die ihre vom Regen nasse Katze immer in der Bratröhre ihres Elektroherds bei milder Hitze trocknete. Der Herd hatte irgendwann ausgedient und die Frau bekam eine Mikrowelle. Als sie die Katze zum Trocknen in die Mikrowelle steckte, explodierte die Katze. Die Frau verklagte den Mikrowellenherdhersteller auf Schadensersatz. Seitdem werden Mikrowellen in den USA mit dem Warnhinweis versehen, dass sie zum Trocknen von Haustieren nicht geeignet seien.
(Weiterlesen …)
Dostojewski am Ziel seiner Träume
von wietek
Fjodor M. Dostojewski
kurz vor seinem Tod
Als Fjodor Michailowitsch Dostojewski am 1. Februar 1881 auf dem Friedhof des Alexander-Newskij-Klosters in St. Petersburg beigesetzt wurde, war der Trauerzug, der ihn begleitete, über zwei Kilometer lang – ca. 60 000 Trauergäste gaben ihm das letzte Geleit.
Erst zehn Jahre zuvor war er als zwar anerkannter, aber von Literaturkritik und Publikum hinter Tolstoi und zu seinem Leidwesen auch hinter seinem Intimfeind Turgenjew eingereihter Schriftsteller wieder nach Russland zurückgekehrt, wirtschaftlich am Boden liegend und von seinen Gläubigern verfolgt. (Weiterlesen …)
Mario Vargas Llosa: Die Stadt und die Hunde. Aus dem Regal hervorgeholt von Doris Wieser
von litprom
Mario Vargas Llosa
(Foto: MDCarchives)
Mario Vargas Llosa (*1936) gehört zu jenen großen lateinamerikanischen Erzählern, deren Werke in den 1960ern und -70ern auf der Welle des boom nach Europa gespült wurden. Die Paradigmen des Neuen Romans und Magischen Realismus standen damals für die lateiname-
rikanische Literatur schlechthin und brachten erstklassige Werke von Weltruhm hervor. Dies war nur durch die Professionalisierung des Schriftstellerberufs möglich, die den Autoren die Möglichkeit gab, solche extrem zeitaufwändigen „totalen Romane“ wie die von Vargas Llosa zu schreiben. (Weiterlesen …)
LOVELYBOOKS sucht die Leser-Rezension 2009
von zvabJedes Jahr erscheinen über 90.000 neue Bücher in Deutschland.
Eine riesige Auswahl – eine riesige Herausforderung. Welche Bücher soll man lesen? Und welche nicht?
Mit der Aktion sollen Leser geehrt werden, die mit eigenen Rezensionen anderen Lesern helfen, sich im Dschungel der Buchveröffentlichungen zurechtzufinden. Machen Sie mit und senden Sie Ihre Rezension bis spätestens 30. September 2009 an folgende email-Adresse: leserrezension@lovelybooks.de.
24. August 2009Friedrich Anis suchende Jugendliche
von bardolaDer Autor literarischer Kriminalromane Friedrich Ani hat sich im Bereich des Jugendromans mit dem Debüt Durch die Nacht, unbeirrt, mit dem modernen Klassiker Wie Licht schmeckt und mit dem seiner Zeit immer noch vorauseilenden Das unsichtbare Herz einen großen Namen als Chronist einsamer Protagonisten mit ungewöhnlich tief gehenden Gefühlen gemacht. Wie Licht schmeckt wurde fürs Kino verfilmt (Foto unten: Ani und die beiden jungen Schauspieler) und leistet, was nur ganz selten gelingt: Der Film erzählt eine ruhige Geschichte, die fesselnder als ein Thriller ist. In der Belletristik für Erwachsene gelang Ani im Jahr 2000 mit German Angst der Durchbruch. Wegen der Thematik (Ausländerhass), wegen der 14-jährigen Protagonistin Lucy und wegen der für das Hörbuch bearbeiteten Fassung sollte German Angst auch von Jugendlichen entdeckt werden: „Das Buch sticht durch seinen eindrucksvollen Realismus hervor und zeichnet als bestes Exempel des Genres ein beklemmendes Bild der Verbrechenswelt in der Bundesrepublik von heute“, schrieb die Jury anlässlich der Verleihung des Radio-Bremen-Krimipreises. In Wuppertal wurde German Angst als Theaterstück uraufgeführt und löste bei Lehrern und Schülern heftige Diskussionen aus. TV-Tatortkommissar Udo Wachtveitl liest eine besonders für Jugendliche geeignete Fassung des Bestsellers.
(Weiterlesen …)
Irma Krauß – Arabella oder Die Bienenkönigin
von lesartige„Wir sind umgezogen von Augsburg hinaus aufs Land.“ Und das erfreut Benni nicht besonders. Denn dort ist alles anders…
Da sind die Sailer-Truppe und die völlig ungewohnten Sitten der Dorfbewohner. Da ist Bennis völlig veränderter Vater. Und schließlich ist da Arabella, die so unglaublich bezaubernd ist, wenn sie alleine sind.
Dem Leben auf dem Land kann Benni dank Oma Friedl und dem alten Gregor dennoch bald etwas abgewinnen. Sie bringen ihm und den Lesern zum Beispiel viel über Bienen und den Umgang mit ihnen bei.
(Weiterlesen …)
Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben
von konecny
Das Restaurant „Zur Erdachse“ im mährischen Schamberg ist eine Oase inmitten der Wüste der Wirtschaftskrise, ein aufgeschlagener Stammtischgedichtband, ein Traktat der Kneipenphilosophie – kurzum der Heilige Brunnen der Illusion!
„Lada ist reif für die Klapse!“, sagte Arnošt und nickte zu der hübschen Kellnerin Lada, die gerade Bier an die Durstenden verteilte. „Sie hat irgendeinen bescheuerten Workshop für angehende Geistheiler und Geistheilerinnen besucht – um politisch korrekt zu bleiben -, und jetzt will sie mir ständig einreden, dass ich krank bin und mich von ihr behandeln lassen muss.“ Arnošt unterbrach seine Tirade, da Lada unseren Tisch angesteuert hatte. „Das Pilsner Urquell schmeckt heute wie Gurkenwasser“, sagte er und reichte ihr sein halb geleertes Bierglas! Bring mir besser auch Radegast!“
(Weiterlesen …)
Dostojewskis stürmische Jahre
von wietekEndlich war es soweit: 1859 konnte Fjodor Michailowitsch Dostojewski nach St. Petersburg zurückkehren. Es war jedoch nicht mehr das St. Petersburg, das er verlassen hatte; in den zehn Jahren seiner Abwesenheit hatte sich Entscheidendes verändert. Vorbei war es mit der bleiernen Friedhofsruhe unter Nikolaus I.: Russland hatte die Erfahrung des verlorenen Krimkrieges gemacht; mit Alexander II. war ein liberaler Kaiser an der Macht; Reformen waren angekündigt und teilweise schon durchgeführt; die Aufhebung der Leibeigenschaft stand vor der Tür; über hundert Zeitungen waren neu gegründet worden und die Pressezensur war zwar nicht aufgehoben, aber doch erheblich abgeschwächt worden – Land und Leute und vor allem die Schriftsteller atmeten auf.
(Weiterlesen …)
Kein Sinn im Leben außerhalb der Kunst – Wilhelm Lehmann, Großmeister der Naturlyrik
von tergast1923 erhält Robert Musil den Kleist-Preis. Doch nicht nur er, sondern noch ein weiterer Zeitgenosse wird von Alfred Döblin in diesem Jahr mit dem renommierten Preis geehrt: ein gewisser Wilhelm Lehmann, dessen Name heute selbst bei fleißigen Lesern im Gegensatz zu Musil und Döblin vor allem Achselzucken hervorrufen dürfte. (Weiterlesen …)
20. July 2009Wittkamps Findlinge
von bardola
Frantz Wittkamp
Frantz Wittkamp dichtet für Groß und Klein. Als Einstieg in sein Werk bietet sich das Hörbuch Du bist da und ich bin hier an, eine Sammlung von Sprachspielen in Versform, gelesen vom kürzlich verstorbenen Schauspieler Manfred Steffen und den Kindern Emma (4), Johnny (8) und Vincent (11). Der Einsatz der Kinderstim- men zeugt von sorgfältigen Vorüberlegungen: Welche und wie viele Verse sollen von den Kindern gelesen werden? Welche spricht der Profi Manfred Steffen? Auf diese Fragen hat Regisseurin Angelika Schaack eine in jeder Hinsicht glückliche Antwort gefunden. Hier ist ein Stimmenquartett zu hören, das die Inhalte in bestmöglicher Abfolge wunderbar präsentiert und so ein besonderes Gesamtklangbild erzeugt.
Das alles aber ist nur möglich, weil Franz Wittkamp mit seinen „Findlingen“ kleine Weisheiten und erstaunliche Beobachtungen aufs Papier gezaubert hat, die mit ihrer Ideenvielfalt, ihren wechselnden Rhythmen und überraschenden Pointen dreijährige Kinder ebenso begeistern wie Erwachsene. (Weiterlesen …)
13. July 2009