Die Kinderbücher von Tom Seidmann-Freud
von Kristina KrämerDie Künstlerin und Kinderbuchautorin Tom Seidmann-Freud galt schon früh als exzentrisch. Im Alter von 15 Jahren beschloss die als Marta Gertrud Freud aufgewachsene Nichte des Psychoanalytikers Sigmund Freud, den Namen Tom anzunehmen und von nun an Männerkleidung zu tragen. Der Namenswechsel kam aber nicht von ungefähr: Die aufstrebende Künstlerin rechnete sich mit einem Männernamen höhere Erfolgschancen aus.
Seidmann-Freuds frühe Bilderbuchillustrationen sind noch stark vom Jugendstil geprägt, in späteren Werken zeigen sich zunehmend die Einflüsse der Neuen Sachlichkeit und des Expressionismus. Typisch für Seidmann-Freud sind die Bilder mit klaren geometrischen Formen, die mittels der pochoir-Technik mit Wasserfarben in leuchtendbunten Tönen gefüllt werden. Als ihr besonderes Meisterwerk gilt das 1923 erschienene Bilderbuch Die Fischreise, in dem der Junge Peregrin zusammen mit seinem übergroßen Goldfisch eine Traumreise unternimmt. Das Buch gilt nicht nur wegen der modernen Illustrationen als Meilenstein des deutschen Kinderbuchs, auch der Einfluss der Traumdeutung und von psychoanalytischem Gedankengut war revolutionär.
Peregrin war auch der Name des Verlags, den Seidmann-Freud zusammen mit ihrem Ehemann Jakob Seidmann gründete. Neben Bilderbüchern verlegte das Paar dort auch Lernbücher für Kinder. Besonders beeindrucken sind auch heute noch die Spiel- und Verwandlungsbücher Das Wunderhaus und Das Zauberboot mit zahlreichen Klappen, Schiebern und Drehelementen. Trotzdem wird der Verlag kein Erfolg. Während der Weltwirtschaftskrise geht der Peregrin Verlag endgültig bankrott, Jakob Seidmann begeht daraufhin Selbstmord. Der doppelte Schock stürzt Tom Seidmann-Freud in eine tiefe Depression, von der sie sich trotz einer Behandlung bei ihrem berühmten Onkel nie mehr erholt. Nur wenige Monate nach dem Tod ihres Mann nimmt sie sich mit einer Überdosis Tabletten das Leben.
Heute sind nur noch wenige Exemplare von Seidmann-Freuds Werk erhalten. Wegen ihrer jüdischen Abstammung wurden ihre Bücher von den Nationalsozialisten verboten und vernichtet.
Die 10 schönsten Kinderbücher für Sammler
Weitere Bücher und Illustrationen von Tom Seidmann-Freud:
25. May 2016Über die Zukunft des Buches
von ZVABVom 9. bis 12. Juni 2010 fand am Rochester Institute of Technology ein Symposium mit dem Titel The Future of Reading (Die Zukunft des Lesens) statt. Dass die dort geäußerten Expertenmeinungen auch zwei Jahre später noch von höchstem Interesse sind, beweist ein Blick auf ein Büchlein mit dem Titel What is Reading for? (Wozu lesen?). Es enthält den Abschlussvortrag des renommierten Typografie-Spezialisten Robert Bringhurst (Autor des Referenzwerks The Elements of Typographic Style) und ist bisher leider nur in englischer Sprache, in einer Auflage von 500 Ausgaben, erschienen.
Was bedeutet Lesen?
Darin befreit der Autor den Begriff des Lesens von seiner sprichwörtlichen Bedeutung und (Weiterlesen …)
Rainer Werner Fassbinder – 25. Todestag
von zvabWeder der gescheiterte Versuch, die staatliche Schauspielprüfung in München abzulegen, noch die Absage der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin hinderten Rainer Werner Fassbinder (* 31. Mai 1945 in Bad Wörishofen, Bayern; † 10. Juni 1982 in München) daran, seine Liebe zum Film zu leben. Zum Glück! Der Regisseur, Filmproduzent und Schriftsteller gilt inzwischen als einer der wichtigsten Vertreter des Neuen Deutschen Films.
Größen wie Luchino Visconti, Claude Chabrol, Jean-Luc Godard und Bewegungen wie die Nouvelle Vague waren ihm Vorbild bei seinen zahlreichen Filmprojekten. Fassbinders cineastische Projekte sind legendär, seine Frauencharaktere beeinflussten in den 1970er Jahren die Nachkriegsfilmgeschichte wie kaum andere. Hanna Schygulla in Maria Braun und Barbara Sukowa als Lola schrieben Filmgeschichte. Die Produktionen machten beide Schauspielerinnen zu Weltstars.
Fassbinders Hörspiele, Liedtexte und Essays sind vielleicht nicht ganz so berühmt wie seine Filme, aber nicht minder interessant. Das ZVAB hält einige Überraschungen zu diesem Künstler für Sie bereit, wie zum Beispiel die oben abgebildete signierte Autogramkarte.
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Karl Valentin – 125 Jahre
von zvab“Er ist ein Phänomen und spottet der Analyse. Er ist ein Gespenst und doch ein Münchner”. – Alfred Polgar

Gemeint ist der am 04. Juni 1882 in München/Au geborene Valentin Ludwig Fey, der berühmte bayerische Kabarettist, Komiker und Filmproduzent. Zu seinem Künstlernamen Karl Valentin kam er 1902, als er zum ersten Mal in Nürnberg auftrat.
Im Jahr seiner Geburt starben seine Brüder Karl (8) und Max (6) an der Diphterie, der kleine Valentin überlebte die Krankheit nur knapp. Er besuchte sieben Jahre lang die Schule, die er selbst als “Zuchthausstrafe” erlebte. Neben seiner Schreinerlehre nahm er noch Unterricht im Zitherspielen bei Ignaz Heppner. Durch sein handwerkliches Geschick baute er seine später betretenen Bühnen stets selber. Er zog sich auch gerne mal in die Werkstatt in seinem Haus in Planegg bei München zurück. 2 Jahre lang arbeitete er noch als Geselle in verschiedenen Schreinerbetrieben in München, absolvierte aber bereits kleinere Auftritte, z.B. bei Vereinsveranstaltungen. Nach dem Tod des Vaters übernahmen er und seine Mutter die Spedition “Falk & Fey”. Nebenbei baute er sein Musikinstrument: das “Lebende Orchestrion”, mit dem er sich nach dem Verkauf der Spedition auf Tournee durch verschiedene Städte begab darunter Leipzig, Bamberg, Halle an der Saale und Berlin. Obwohl diese Reise ein Misserfolg wurde, hielt sich Karl Valentin weiterhin als Zitherspieler und Komiker mit Unterstützung vom Druckereibesitzer und Komiker Franz Erlacher und dem Münchener Wirt und Künstler Ludwig Greiner über Wasser. (Weiterlesen …)
Elfriede Jelinek 60. Geburtstag
von zvab2004 wurde Elfriede Jelinek mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet: “für den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen”, wie es in der Begründung der Jury heißt.
Die am 20.10.1946 in Mürzzuschlag (Österreich) geborene Autorin gilt als radikale Feministin und Provokateurin. Mutig übt sie in ihren Werken scharfe Kritik an der Klassen- und Männergesellschaft sowie an Fremdenfeindlichkeit und nationalsozialistischer Vergangenheit.
24. October 2006Hannah Arendt 100. Geburtstag
von zvab
Hannah Arendt, „die Philosophin des 20. Jahrhunderts“ (DIE ZEIT), wäre am 14. Oktober 100 Jahre alt geworden. Als Jüdin deutscher Herkunft lebte sie seit 1933 in der Emigration und erhielt 1951 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie arbeitete unter anderem als Hochschullehrerin und Journalistin und setzte sich in ihrer Forschung und ihren Veröffentlichungen immer wieder kritisch mit den Themen Antisemitismus und Totalitarismus (womit sie den Nationalsozialismus und den Stalinismus meinte) auseinander.
14. October 2006Leo Tolstoi
von zvabAlle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.” (Anfang des Romans Anna Karenina)
Das Hauptwerk von Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi, der am 9. September 1828 in Jasnaja Poljana bei Tula geboren wurde, bilden zwei epochale Romane von Weltruhm: Krieg und Frieden (1868/69) und Anna Karenina (1877/78). Fünf Jahre arbeitete Tolstoi an dem Roman über Ehe und Moral in der adligen russischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Die umfang- und detailreiche Handlung des achtteiligen Romanepos beginnt und endet mit einem tragischen Tod auf Eisenbahnschienen – Tolstoi wurde anscheinend durch die Lektüre eines Zeitungsartikels über einen solchen Tod zu dem Roman inspiriert.
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Bertolt Brecht: 50. Todestag
von zvab
© Fotomuseum im Münchner
Stadtmuseum
Bertolt Brecht, der am 14. August vor 50 Jahren starb, galt und gilt nach wie vor als einer der größten deutschen Dramatiker. “Episches Theater” und “Verfremdungseffekt” sind Begriffe, mit denen versucht wurde, uns diesen Brecht in der Schule nahe zu bringen, offensichtlich mit zweifelhaften Erfolg: Laut einer aktuellen Umfrage kennt fast die Hälfte der Deutschen kein Werk des so bedeutenden Dichters mehr. Sehr schade, denn es lohnt sich, die Entwicklung des Bertolt Brecht zu verfolgen: Von seinem Frühwerk Baal über die Dreigroschenoper (sein erstes episches Drama) und das Parabelstück Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui bis zu Herr Puntila und sein Knecht Matti ist es ein weiter (und lehrreicher) Weg. Wenn Sie einmal in Berlin sind, dann sollten Sie sich eine Inszenierung seiner Werke an dem von ihm gegründeten Berliner Ensemble nicht entgehen lassen.
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George Bernard Shaw: Zum 150. Geburtstag
von zvab
Eliza Doolittle: Walk? Not bloody likely. I’m going to take a taxi.
Akt 3, Pygmalion
Mit seiner 1913 uraufgeführten Komödie Pygmalion löste George Bernard Shaw einen Skandal aus. Das Stück, das von der Londoner Blumenverkäuferin Eliza Doolittle handelt, die in starkem Dialekt spricht und sich dabei einer derben Ausdrucksweise bedient, erregte vor allem durch die Verwendung des Begriffs bloody Anstoß in der englischen Gesellschaft. In dem Schauspiel wettet der von sich selbst überzeugte Professor Henry Higgins, daß er durch intensiven Sprach- und Benimmunterricht das Blumenmädchen aus der Gosse in eine englische Herzogin verwandeln kann.
26. July 2006Rembrandt: 400. Geburtstag
von zvab
Rembrandt Harmenszoon van Rijn, besser bekannt unter seinem ersten Vornamen Rembrandt, wurde vor 400 Jahren am 15. Juli 1606 geboren und gilt heute als der wichtigste niederländischer Maler des 17. Jahrhunderts. Im Jubiläumsjahr des Künstlers hat der britische Regisseur Peter Greenaway mit den Dreharbeiten zu einem Film begonnen, der ein Gemälde, seine Entstehung und die Auswirkungen auf das Leben Rembrandts neu interpretiert. (Weiterlesen …)
15. July 2006