Julia Trompeter
Einem gleicht er wohl.
Wem gleicht er, fragst du.
Wem wohl, dem, der fragt
gleicht er, denn gleich
& gleich gesellt sich gern &
gern & gern gesellt sich gleich.
Das Gleiche ist immerzu gleich,
oder das Selbe.
Wem selbt er dann?
Nur sich selbst selbt er,
nicht dir oder mir, denn
deine sind nicht deine
Söhne & Töchter der Sehnsucht usw.
Also wem gleicht er nun, dieser Selbe,
oder ist er gar sich selbst nicht gleich?
Wem gleiche ich & bin ich die Selbe
wie er, der Fluß, in den ich steige.
Dieser Selbe, der sich mir entselbt.
8. Oktober 2019 19:20
Julia Trompeter
annehmlich es sei alles nicht so
wie es sei, und es ist wie es ist:
der baum nur 1 baum nur 1 baum,
kein querschlagen der synapsen,
übersprungsgedanken balsamiert.
annehmlich du bist nur du und
ich bin nur ich, ganz ohne kon-
junktiv, wir hängen so anneinan-
der und diese hand ist nur hand,
und wir sehen uns wirklich so
wie wir sind. annehmlich du und
ich sind 1 paar. was können wir
tun, um uns nackt und blind und
außerirdisch lange zu lieben.
30. Juli 2019 20:42
Julia Trompeter
Immer bei Regen ziehen Schwaden von Zigarre
vom Innenhof hinauf zu mir und den Meinen,
die mir nicht gehören, und vernebeln unsere Luft,
die wir abwechselnd ein- und ausatmen, ein und aus, und ich frage mich:
Wer im Hinterhaus raucht hier Zigarre?
Das lesbische Paar mit den winzigen Töchtern, die nie schlafen, ist es nicht
Der Geiger mit der Armprothese, der unendlich üben kann, ist es nicht
Die verräterische Oma mit dem Veilchenparfum ist es nicht
Die Stadtreinigung ist es nicht
Auch Bob Dylan ist es wahrscheinlich nicht
Bleibt noch der Hofhund wider Willen
Bleibe noch ich, vor Jahren
Bleibt noch
x
6. Juni 2019 19:52
Julia Trompeter
trauringe augen, motten unter achseln
oder andere bilder, die man im album, das weiß bleibt,
nicht sieht, denn: diese hochzeit bleibt geheim.
was? ein geheimnis, eingeheimst von der kosmetikindustrie
und dem feuchten traum eines jungen. mädchens. noch fast kinder.
man sollte nicht zu früh anfangen mit dem vergessen, doch was,
wenn es nichts zu erinnern gibt, nichts außer dem ersten kuss,
der ein versehen war unter alkohol, ein versprechen (oh, pardon!),
ein vers ohne icherung, eben wie das leben so spielt,
wenn man es von hinten aufrollt, teenie, der es
in den ersten jahren war, und wert es zu probieren
16. April 2019 17:07
Julia Trompeter
Milchschorf, der unter den Nägeln hängt,
bange Bitten zwischen ungeweinten Tränen,
nicht geschlafene Nächte – und Tee, der
auf Zedern quellt und Blicke lenkt,
und das letzte Mal ist lange her.
Nirgends ein Zipfel mehr von dir,
nicht mal das ungemachte Bett, auch nicht
mein ungemachtes Haar, das Textchen hier,
der Anrufantwortpiepton schweigt, der Schlingel –
nur bei den Nachbarn ist noch Abendbrotverzehr.
Ich hab den Alltag in der Poesie verloren,
ich hab als Mutter keinen Sinn für die Natur,
es ist im Schornstein noch kein Qualm geboren,
ich bin so müd, ich glaub, ich träum das alles nur.
27. Januar 2019 20:08
Julia Trompeter
Ebbe Ebbe in der Kasse Kasse
Mutter, an der Tür ist ein Glatzenhummel.
Ein was?
Ein wer?
Ein Glatzenhummel. Räuberisch mit Degeto am Revers.
(~) Aber der Tatort. Aber der Fußball. (~)
Sag dem Hummel: Wir kaufen Nix.
Ist ihm recht. SAGT ER. Solang wir zahlen.
Noch mehr Ebbe Ebbe in der Kasse Kasse
13. Dezember 2018 08:36
Julia Trompeter
Trösten wir uns einfach mit dem nicht Geklappten
das sich, anders als der schnell verklappte Müll im Meer
in Luft vergessen hat auf unserer Reise
Stell dir ein reinweißes Segel vor
nen inselfreien Horizont
keine Fische, kein Plastik im Bauch
nur du und ich und die ZuKunft
Nicht mal der Himmel stört
Wenn ich hier am mosaikenen Kanal ganz steilrecht hocke
tröste ich mich so. Das kann ich dir natürlich nicht mehr sagen
Wie das eben so ist mit Dingen, die sich im Nichts auflösen
3. Mai 2018 09:02
Julia Trompeter
Der abgeschnittene Haselzweig
auf dem moosigen Plattenbeton;
im vierkantigen Hof scheint die
grünende Sonne erstmals in
diesem Jahr splitternackt, sie
wartet aufs Blühen – auch der
Frühling und das Teil, das einmal
seines war, der verödete Zweig.
Bin auch ich voll von Trieben,
sprieße auch ich fern vom Stamm,
habe auch ich keinen Zweck
als irgenddann Zierde zu sein?
Niemand sieht mich mehr an,
wenn ich ausgestopft hänge;
der verendete Teil eines Menschen
in einem Zimmer zur Osterzeit.
5. März 2018 17:58
Julia Trompeter
Hast du je auf dem Rücken gelegen
den Blick Richtung Decke
ihrem göttlichen Stuck
den Spinnweben, Spinnen vielleicht;
hast du je mein Gesicht gesehen
in den Pickeln des Raufaserhimmels
meine Stimme gehört durch das Zischen
des Wasserkochers –
wie ich im Kinderton nach dir rufe
aufgebahrt im Bett
suchend mit den Augen
nach einem festen Punkt irgendwo oben
wo sich die Wahrnehmung auflöst
in den Schleiern des Vergessenwerdens
ich frage das nicht aus Berechnung
noch Interesse, bloß aus dem Nichts.
17. Januar 2018 15:27