Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER VI

Das sechste Zeitalter ergießt sich selbst als Tee. Sachte sucht es seinen Mund in einer Tonne. Sachte sucht es seinen Mund in allen Dachtraufen der Stadt. Der Sturz ist einwärts in sich selbst gedreht. Ohne Feuchte, ohne Blau und ohne Horizont. Das Weichbild der Stadt winkt sich die Vorstädte herein, die Dörfer, allerdings Linden. In der Hoffnung auf einen Arm zu dieser Hand. „Die Evolution des Empedokles!“, flüstert etwas. Gänsehaut steht ab sofort ganz für verwandtschaftliche Freude.

23. November 2010 10:08










Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER V

Das fünfte Zeitalter ergibt sich selbst als Hand und Leben. Eine Laubsägearbeit aus einem Lindenstamm. Nie dagewesen und doch als Erstes dagewesen. Die Hand an der Säge, die sich selbst aussägt. Verduftender Hibiskus. Zögernd, aber bald weitab. Vielsilbig reißend, vielstimmig guttural. Was soll das für ein Leben sein? Eines als Hand, als Gliedmaß oder als System? So fragt das Leben einmal um sich selbst herum und beginnt dann still mit seiner ersten Nacktarbeit. Dort hinten, vor der Änderungsschneiderei.

9. November 2010 10:07










Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER IV

Das vierte Zeitalter ist ein Ticken ohne Ticken. Auch dies plagt sich also vergeblich an der Frage seiner Schwingung ab. „Welle oder Teilchen?“ tickt es: „Das andere ist das andere.“ Nur über der schmalen Grenze jener Unschärfe findet es ein Bett. Sonnenseite. Aber keine Zeit, das Rütteln zu vergessen. Keine Caféterrasse, kein Regen als Lindenblütentee. Vor allem keine Löffel, die sich in die Sonnenseite blitzen. Und doch schwingt sich das ein. Zur eigenen Begrenztheit hin.

2. November 2010 10:08










Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER III

Das dritte Zeitalter fängt sich selbst mit einem Aufstoßen an. Das hängt der Straße ihre ersten Markisen ein. Hibiskusfarben, wie sich versteht. Bald ausgewaschen. Schon nach tausend Herbsten regnet es den ersten Lindenblütentee. Wollmäuse flüchten fensterein. Ihre Bewegung bleibt als reines Moll zwischen den Straßenschildern hängen. Als Ausgerenktheit ohne Glieder. Dort drüben hat jetzt der Kirchturm mit sich selbst geschlagen. Die Glocke, aufs Vibrieren untersucht, zerfällt.

26. Oktober 2010 10:17










Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER II

Das zweite Zeitalter ist sein eigener Flur. Ein mildes Einzelnes und großes Zischen. Und der Asphalt träumt seinen ersten Taxistand. Wacht auf in Fahrgastlosigkeiten. Ein Haus und noch ein Haus setzt noch ein Haus aus sich heraus. Leer, leer und leer. Noch vor jeder Neutronenbombe. Das Nachbarhaus warnt seine Nachbarhäuser: „Wartet nur ab, bis ihr eure nächsteerste Stromrechnung bekommt!“ Aber noch ist kein Erstes und kein Zweites. Noch ist bloß Erdzeitalter satt.

19. Oktober 2010 10:22










Andreas H. Drescher

ELF ZEITALTER I

Das erste Zeitalter tut noch nicht wie ein Zuhause. Die Stadt lässt das nicht zu. Wilder Hibiskus vielleicht, nicht aber eine Linde. Wilder Hibiskus, der vom Asphalt in Fernen träumt. Im Clinch mit dieser Linde. Ein ganzes Erdzeitalter lang. Sie steht ganz einfach falsch in ihrem Nichtdastehen. Vielleicht, weil die nicht weiß, wie groß sie ist. Unter Hibiskusgröße? Über Hibiskusgröße? Letztlich beginnt sie doch noch mit sich selbst. Als sich drehender, als sich stauchender Klang.

12. Oktober 2010 10:11










Andreas H. Drescher

TEXT-DIALOGE EXTERN I

LANDSCAPE (Björn Kuhligk)

Hier ist es still, am Morgen hinterließ
der kopflose Hahn des Dorfidioten
einen Kreis hellen Blutes in dieser
verschneiten Dezembergegenwart
sagte der Idiot, ach, diese Pracht muß
ein Abgrund sein, und ging mit seiner
kirchturmlangen Neurose über den Marktplatz
daß es einem leid tun konnte, singen
die Gymnasiasten im Radio Ich möchte so gern
am Fließband stehn, und alles, alles
fließt so schön
, in der Kneipe der Pfarrer
der Lehrer und der, dem der Rest gehört
trinken Sauwein aus Haßdorf und Dekaden
später kippt das Licht am Horizont hinab

A 620 I (A.H. Drescher)

Das Dröhnen hier
hört keiner mehr

Wenn ich mein Haus
loswerde flattert es

so ohne Kopf noch ein
mal auf und gibt sich der

art klug wie nie vor
her vor einem Eimer

22. April 2010 19:03










Andreas H. Drescher

Pferde

Ans Pferd gebunden
Der Schweif ein Knoten aus Horn
Ans Pferd gebunden
Durch meine Beine scheint der Mond
Ans Pferd gebunden
Die Stimme der Leibstandarte
Ans Pferd gebunden
Der Ochser über meinem Mund so hinterher
Ans Pferd gebunden
Das Geschenk ein Fähnleinführergeschenk

Das hatte ich mir anders vorgestellt

Cowboys im Ginster die breiten Hüte
rutschen ganz von selber ins Genick

Lassie ist noch nicht zum Zwergpudel geworden
Auf Zecken wird mit unreifen Erbsen geschossen

Pro Schuss mauert Großvater einen Stein in Palominos Stall der ist
noch nicht mit Hackfleisch-Reitern zu Black Beauty hochgefüttert

Bukephalos als Grauschimmel der für immer seinen letzten
Sprung über den Ginster steht das sind ganz einfach noch

ADAMS SCHWARZE STIEFEL
ADAMS SCHWARZES HAAR

9. April 2010 20:08










Andreas H. Drescher

NOCH EINMAL GRIECHENLAND

In den Schulen singen die Kinder
während das Feuer ihre Dörfer erreicht

27. März 2010 07:33










Andreas H. Drescher

EFHARISTO DES WETTBÜROS II VON II

Die Füße auf der Bahn in Richtung Schlacht. Die Metzgerfüße ein- und ausgezogen. Zart, sehr zart Gestolpertes. Ein Blumenhändler für fleischfressende Pflanzen. Eine Frau Bestatterin in jeder Blüte. Soso bleiben sie, die Dinge selbst. Auch, was loslässt, lässt nie wieder los. Gerade in dern Saft und ausgebeult wie ausgebeutet. Die Tür quietscht aus in letztes Katzenkreischen. Füßefauchen, auch und auch. Aber sie schweigen es, sie denken es nicht mal. Fleisch, so weiß und süß, wie´s nur das Schweigen kann. Katzen sitzen sich auch schon mal selber aus. Kreisende Fleische, die einander Pfoten schlucken. Bargeldlos, ein Pal. Wuff, ein Pay-Pal, ein halbes Prozent. Gesichtsverleiher, ausbezahlt mit Spielgeld, Blechgeld, Schummelgeld. Katzen aus Spanien, Katzen aus Portugal, Katzen aus Griechenland. Verkocht vom Blütenstängel. Die Kater als Genossenschaft, mit Kater Raiffeisen als letztem Substantiv. Alles muss gemeinsam sein, nicht wahr! Das Schild zur Einbahnstraße ist noch nicht begossen. Er versteht die Ruhe wie sie ganz. Auch wenn er inzwischen beim Wechselunterschreiben schon beide Pfoten nimmt. Ist klar? Und bei dir? Pfotiges E, pfotiges Z, pfotiges B. Fleisch, das Fleisch verabschiedet. Oh! Was heißt nochmal Stoßstange auf Spanisch? Ach ja! Hauptsache gesund! Die ausgelegten Krallen gehen ein. Ein Zurück, mein kein Zurück. Unsystematisch. Zeitlos ausgerechnet. Ja klar! Kniehelenen, sososo ist das gelaufen. Ach wo! Vergiss es! Was nach Müll riecht, wird auch keine Katze kaufen. Ausgebremst, versteh mich doch! So schön graviert zahlt sich kein Bankrotteur mehr ein. Raiff für die Insel. Raiff schleckt seine Produktivstreusel auf. Natürlich geht das so! Eine Katzenklappe geht auf Raisen. IBAN-Linie. Auf Eis gleitend, entflohen. Da komm ich grad rüber! Miauer, aua, aus und aus. Neinnein! Dann ist schon aus. Ob das was? Ob das eine Arbeitsanweisung ist? Nein! Das sind die Zecken! Auch Katzen fangen sich schon einmal Zecken ein. Zahlungsanweisungen, sag ich doch! Mir geht das genausoso. Sechs Uhr zwölf Uhr ach, zehn Uhr? Katzenschwanz und Kapital. Das ist ja wirklich… Nicht? Warum? Zähl doch mal auf! Nach der Arbeit? Wieso nach der Arbeit? Bingbong! Ab jetzt wird auf von neun bis fünf gezählt. Architektur war, Bildhauerei war, Kritzelei war. Mann, ist mir das über! Der LKW verwirft das Fleisch des Blumenhändlers jetzt in die Dolden. Dann gehst du hin und rufst nochmal. Der Blick, dem Blick, den Seitenblick. Farben schnupft das, lässt das fließen. Vereinigter Blumenfeldgeruch. Ach, so ein Duft geht schließlich aus! Hmhm. Auch wenn das noch so lange läuft, es ruft doch seine Steigerung. Dann geht es einfach nur noch so. Tschüss! Flucht ins Ampelgrün, dann Flucht ins Ampelrot. Gorgias kauft sich ein neues Fahrrad. Lach nicht! Nein! Lach nicht! Ein Wiederverkauf kommt gar nicht in Frage. Aigisthos nun als fleischfressende Pflanze. Der Chef kommt selbst. Als Bademeister. Gemischte Zuckungen zum Schalter und wieder zurück. Zwischennetztische, langsam rotierend, langsamer rotierend, schneller. Zahl und Zahl. Wer zahltzahltdrauf. Das Bankgeheimnis eingeschlossen. Ein Ungenehmigte mit einem Knüppel aufgelöst. Mit mehr als einem Knüppel. Die Kapitalaufstockung bis ins Gras. Plumps, ein Aus. Und plumps, ein Neuanfang. Füße in der Luft, dann Füße in der Erde. Geh zum Papa. Mama hat jetzt keine Zeit. Raiffeisen wagnert sich inzwischen selber aus und macht Rendite überm Rost und weiter. Wo gehen wir hin? Sagst du irgendwas? Narkoleptika, Zirkelschluss, Zivilschutz und Echo als verliebte Jungfer. Undurchsichtigkeiten, Unübersichtlichkeiten. Papas Sprünge zur Seite. Was du nicht glaubst, langt dir auch lang. Ach, hilflos! Aberaber! Papa ist gestorben. Es war zu ausgedünnt. Das ist seine Aufgabe. Nun ist seine Aufgabe hinter den Dolden.

So, jetzt komm! Kommkomm, nimm endlich deine Ohrfeige zurück.

Selbstverständlich kann ein E dich schlagen, bis ins Z herunter, bis ins B herauf.

10. März 2010 12:29










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