Dem republikanischen US-Präsidentschaftsbewerber wird die Hetze gegen Einwanderer zum Verhängnis
Wie ein Lauffeuer verbreitet sich das Foto in den sozialen Netzwerken: Es stammt aus Mexiko und zeigt, innen an einem Hosenbund, ein Stück Stoff mit der Aufschrift "Made in Mexico" – neben einem anderen, auf dem steht, dass die Hose für Donald Trumps Kleidungsmarke genäht wurde. Der Milliardär, der mit populistischer Hetze gegen Einwanderer aus dem Nachbarland Entrüstung entfachte, lässt seine Ware also selbst südlich des Rio Grande herstellen.
Seit er im Juni seine Bewerbung um die Kandidatur für das Weiße Haus bekanntgab, bestimmt Trump den Ton des republikanischen Bewerberfelds. Zwar räumt ihn kein seriöser Experte Chancen ein, doch stellt der 69 Jahre alte Baulöwe mit dem markanten Schopf aus weißblondem Haar die Rivalen derzeit so gründlich in den Schatten, dass man sie in den Medien kaum noch wahrnimmt. Ein Provokateur, der es genießt, die Konkurrenz mit schrillen Parolen vor sich herzutreiben.
"Drogen, Verbrechen, Vergewaltiger"
Noch immer hallt die fremdenfeindliche Tirade nach, zu der er sich verstieg, als er an den Start des Rennens ging. "Wenn Mexiko seine Leute schickt, dann schickt es nicht seine besten", dröhnte er. "Sie bringen Drogen, sie bringen das Verbrechen, sie sind Vergewaltiger." Später legte er mit der Twitter-Zeile nach, Jeb Bush habe sicher kein Problem mit illegalen Einwanderern, er sei ja verheiratet mit einer Mexikanerin. Erst versuchte der Exgouverneur Floridas, die Attacke mit kühler Nichtachtung ins Leere laufen zu lassen, dann aber platzte ihm doch der Kragen: Was Trump über Mexikaner erzähle, sei hässlich.
Die Fernsehsender Univision und NBC setzten Trump vor die Tür, indem sie entschieden, die von ihm vermarkteten Schönheitswettbewerbe Miss Universe und Miss USA nicht länger auszustrahlen.
Nach dem Willen der NBC-Manager soll der New Yorker auch nicht mehr in der Serie "The Apprentice" auftreten, einer Show, in der sich angehende Geschäftsleute von Test zu Test quälen, bis sie mit einem knappen "Du bist gefeuert!" entlassen werden.
Gegenseitiger Boykott
Die Kaufhauskette Macy's hat ihr Donald-Trump-Sortiment aus den Regalen geräumt, woraufhin der Kandidat dazu aufruft, Macy's zu boykottieren. Univision überzieht er mit einer 500-Millionen-Dollar-Klage: Der Sender wolle seine Redefreiheit einschränken.
Im Übrigen, lässt er wissen, hätte er, säße er im Oval Office, ein exzellentes Verhältnis zu Wladimir Putin, während sich die Chinesen mit ihrem Exportdumping warm anziehen müssten ("Mann, was würde China für Ärger bekommen"). Niemand, sagt er, verstehe vom Militär mehr als er. Was den Arbeitsmarkt angehe, so werde er "der großartigste Präsident sein, den Gott je erschaffen hat".
Ein irgendwie aus der Zeit gefallener Macho auf Egotrip, das alles ist den Amerikanern vertraut. Je greller die Inszenierung, umso größer das Interesse – nach der Maxime hat Trump schon immer gehandelt, seit er in Manhattan ins Geschäft mit Edelimmobilien eingestiegen ist. Dass er soeben ein altes Postamt in der US-Hauptstadt zu einem Hotel umbaut, nach seinen Worten zum luxuriösesten der Welt, darüber schreibt die Washington Post sogar auf ihrer Titelseite. Die Masche funktioniert.
In Umfragen auf Rang zwei
Neu ist, dass er seine Show erstmals als Präsidentschaftsanwärter abzieht – in einer Partei, deren Strategen genau wissen, dass sich mit Hetze gegen Latinos keine Wahl gewinnen lässt. Das Phänomen: Trump hat es geschafft, vom belächelten Außenseiter zum Favoritenschreck zu avancieren. In den Umfragen liegt er derzeit auf Platz zwei hinter Jeb Bush.
Es ist wohl ein Zeichen dafür, dass die populistische Rebellion der Tea-Party mit ihrer nostalgischen Sehnsucht nach dem alten, von weißen Männern dominierten Amerika nach wie vor Wind in den Segeln hat. Der rechte Flügel der Republikaner; in Trump könnte er eine neue Galionsfigur gefunden haben. Das Problem ist nur, dass Trump eigentlich kein Republikaner ist. Das Gros seiner politischen Spenden floss einst an die Demokraten. Und auch an Hillary Clinton – damals, als sie den Bundesstaat New York eine Zeitlang im US-Senat vertrat. (Frank Herrmann aus Washington, 9.7.2015)