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Versammlungsort der Getöteten Marrakesch, Djemaa El Fna , 29. 4. 2011

Scherben auf der Türschwelle schlafender Schutzengel.

Dämpfe steigen über dem Markt auf.

Das Café Argana zeigt nur noch sein Gerippe

unter der zerrissenen Haut , während die Garküchen

schon wieder beginnen, Passanten zu füttern.

Alle sind da, wie es im Buch steht:

die Musiker, die Schlangenbeschwörer,

die Henna-Malerinnen und die Wahrsagerinnen,

die Märchenerzähler, die Affenbesitzer und die Gaukler.

Langsames Wogen seit Jahrhunderten.

Hin und wieder gehen entsetzte Blicke über die Absperrung,

Fußgänger werden zu Reportern,

Bilder zu Trophäen.

Heute morgen, auf einem anderen Markt,

schauten mich leere Augenhöhlen

in abgetrennten Schafsköpfen blutig an.

Hier, unter dem dunklen Trommeln, den schrägen Gimbri-Tönen

und den aufgeregten Stimmen lässt sich das Leben

nicht aufhalten, nicht unterbrechen und nicht ersticken. 

Der Minister bereitet eine Trauerfeier vor

Der Koch bereitet eine Suppe vor

Die Lebenden tauschen Plätze mit den Toten

treffen sich im Hier und Jetzt unter einem Regenbogen

Und aus der Tragödie wird schon bald

eine Geschichte zum Erzählen

aus dem Wrack des Cafés eine Theaterkulisse

Und die Geschichtenerzähler, Reisende zwischen

Diesseits und Jenseits, nehmen den Platz ganz in Besitz.

Anmerkung: Auf dem Platz Djemaa El Fna (mögliche Übersetzung: „Versammlungsort der Getöteten“) kam es am 28. 4. 2011 zu einem Anschlag auf das Touristen-Café Argana, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen und weitere schwer verletzt wurden.

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