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Autorenbuch Mechthild Curtius Ostsee-Fischland-Darß – FIXPOETRY.com

Gewählter Autor: Mechthild Curtius

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Ostsee-Fischland-Darß


Es wird märkisch-flach, viele Elektrowindmühlen (Wind-Energieanlagen), immer mehr, mit Gardelegen beginnt jener Ortstyp mit Backsteintoren und Kirchen. Nahe Wittenberge in Seehausen "Hotel Stadtmitte“ bei mürrischem Wirt. Blick auf gotische Backsteinkirche, unrestauriert, sehr versehrt. Tauben und Krähen umgurren und umkrächzen morgens den Turm, ich gehe durch Fachwerk und Backstein zum Fluss, Hintergarten mit Hühnern und Hähnen, Frauen sprechen norddeutsch, vom Damm am Flussufer Blick über Dachlandschaft auf Doppeltürme. Weiter mit  flacher Fähre und Mann im Turm holüber bei Havelmündung in Elbe, diese dreieckigen Inseln der Mündungen, archaische Transporttechnik, ein Drahtseil halben Kilometer aufs Ufer gespannt, an einem Schalthebel steht „Gierwinde“, die das flache Floß hin und herschiebt. So etwas kann ich nicht beschreiben. Landschaft nun endlich locus amoenus kleine Flusse und Bäche, Kopfweiden wie Erlkönige geschoren oder, seltener, mit strack abstehenden Zweigen. Gelber Raps, seidig-grün grannige Gerste, weniger Roggen, blaustichig und stumpf. Der Gerstenhalm ist biegsamer, die Grannen sind länger, das bewegt der Wind viel mehr, das erzeugt den Glanz. Rauh und kratzig sind Gerste und Roggen zwischen den Fingern. Neustadt an der Dosse. Vorabend zur Fontanetag-Lesung, Di, 20. Mai. Lausiges Kaff. Der Hund ist dort nicht einmal verfroren, er lauft frei, gleich drei, am anderen Ende der langen Leinen kahlgeschorene Jungs. Neuruppin. Im Museum lese ich vor Fontane-Touristen, rüstigen Rentnern aus Dortmund, die Hiesigen sagen, dafier keene Zeit, zum Läsen nie. Und die Droste, die in Westfalen Jubel-Event war voriges Jahr, kennen hier auch die Veranstalter nicht. Sie lesen weder Droste noch Fontane, wozu auch. Eröffnet im März mit Ministern im Spiegelzelt. "Unsereens kommt da nie rein.“ Am Morgen mit Hotelangestellten sprechen, wie überall:  "Das Haus geheert eenem Wessi, natierlich.“ West-Ost noch immer Gegenseitiges Verachten. Peter Hahn vom Theater am Turm in Frankfurt wiedergetroffen, den Mann mit der Seidenkappe von nun silbrig gespitzten Haaren und dem aufrechten tänzelnd doch festen Gang. Er managt die Fontane-Theater. Weg vom absurd mutierten  Fontane-Neuruppin. Zur Ostsee. Durch grüne Ebene mit endlich leichten Wellen und Dellen, via Rostock, seitab Fischland-Darß. Halbinselfolge, die sich seit Jahrhunderten immer mehr zum-Halbkreis um die Bodden schloss, verlandetes Gebiet zwischen Ostsee und Festland, das eine eigene Flora und Fauna gebar, Vogelschutzgebiet heute, einige Arten in Europa einmalig, Autos verboten bis auf die einzige Landstraße, die wir entlang fahren zwischen zwei Wassern unterschiedlicher Weise, eine Seite Ostsee, andere Bodden, immerzu Art Moor und Ried und Weideland, viele weiße Windmühlen vor Meer und Himmel in unterschiedlichem stets wechselnden Licht, heller als anderswo, und man sieht, dass so von Wassern umgeben Helligkeit ungehindert einflutet. Gewitterbraunschwarz später über grünem Meerwasser, wechselt über in Weiß, das sich in der Mitte durchsenkt bis auf den Wasserspiegel. Morgens 5 Uhr Blick aus dem Fenster hinter Birken und Weißdorn sonnhellgrau blau Wasser edelsteingrün. Daneben Ried und Weiden mit Rindern und Pferden, Restacker Heideland bis zur Ostsee, bis zum Damm, den rot-lila Rosa Centifolia überrankend vor Wegwehen schützen. Ich gehe hinaus, das Ufer entlang, eine Frau mit Kinderwagen, wie schön, rennt mit dem Wägelchen, das Jungchen lacht. Allein zwischen den Häusern umher, Neudorf aus Wochenend-Datschen, überall Zäune, Betreten verboten. Absperrungen, Weg sind die Wege. Psychos Haus, zu dem olle Strandvillen gut herhalten könnten. Aber hier sind wir landeinwärts, zwischen Berg und Stralsund, doch zwischen Weißdornhecken, dicht vor dem Fenster, Vögel singen und Sperlinge zwitschern seit 4 Uhr, da bin ich nicht immer allein wach. Ab Küste Freitagmorgen weiter durch die Rostocker Heide nach Fischland Darß. Weite Fläche, Klappklapp der Flügel im Wind und Surren der Stromradiatoren. Schild siehe Foto: "Windpark Küstrow Altenpleen, 10 Windenergie-Anlagen mit 2900 KW. Dieser Windpark wurde durch die Europäische Gemeinschaft in Brüssel, das Bundesministerium für Forschung und Technik und das Land Mecklenburg-Vorpommern gefördert.“ Zweidrittel Himmel  über dem schnurgeraden Horizont, den nur die weißen Striche der Mühlenmaste einschneiden, vom Gekreisele der Windflügel im Himmel gekrönt, über gelbem Rapskilometer oder seidengrünem Getreide, manchmal Wassertümpel oder Kanäle, In Ried und Sumpf gelbe Iris, Wasservögel, Angler, wenige Reetkaten. Fischland, Saaler Bodden links - Ostsee rechts. Wasserschutz, Vogelschutz, Ornithologen  mit Feldstechern Backsteinkirchen und Tore, Häuser, wenn echt und alt, wie in Darß, Born und Wiek - Fischerkaten kaputt und verlassen oder von alten Frauen bewohnt, Klinkerseiten und Holztüren, unter nachgedunkeltem Reetdach, das wie eine Fellmütze tief über die kleinen Augenfenster hängt, in kleinen Garten mit Rittersporn und Pfingstrose hinter Staketen.
 

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