Neuen Kommentar schreiben
Stream flüssiger Identitäten
Es geht nicht um Regen oder um Gewitter - es geht um einen stream, der die Richtung wechselt und dessen Verlauf von mehr als einem Faktor bestimmt wird. Das tut Max Czolleks A.H.A.S.V.A.R., nicht allein inhaltlich, sondern auch formal. Derweil Lyrik als smartphonekompatible und zeiteffiziente Literaturgattung gelobt wird, verträgt sich gebundene Rede nicht mit responsivem Design. Die Edition Binaer des Veragshaus Berlin bietet mit ihrem Code - ˇ steht für einen Zeilenumbruch, ¬ für einen Einzug, und so weiter - eine Notlösung an, die genauso Notlösung ist wie der Zeilenumbruch auf dem bedruckten Papier. Das Formale verflüssigt sich so und spiegelt damit einen in Kultur und Medien zu beobachtenden modus operandi von Identität wider, der sich nur auf eine Art adäquat nachzeichnen lässt: als stream.
So beginnt auch Max Czolleks A.H.A.S.V.A.R., welches eine identitäre Prozessualität kritisch nachvollzieht:
josef, iosif, joseph
wer bist du gewesen
wer bist du geworden?
Er sieht sich konfrontiert mit »tannen wie hamburger gitter« - das lässt sich im Kontext seiner (flüssigen) Veröffentlichungsform auf ihr Umfeld übertragen: Eine Literaturszene, die bis auf wenige Ausnahmen weder die veränderten ökonomischen Gegebenheiten ihrer Zeit anerkennen will noch deren mediale Möglichkeiten für sich nutzen will.