Blanka Beirut - Tagebuchstaben (4)

Kolumne

Autor:
Andrea Karimé
 

Kolumne

Mubaratten und der verlorene Januar / Februar/ vier/ arba’a

Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen...
Wir wollen wachen die Nacht,

(Else Lasker Schüler)

Blankas Beiruts Membranen vibrieren allesamt. Als ob sie ein Orchester beim Stimmen wäre. Der Januar ist an ihr vorbeimarschiert ohne ihr Bescheid zu sagen. Todtraurig macht sie sich durch den Februar und rührt seine Gaben in ihre Limonade: Graulicht. Das schmeckt natürlich nicht
und treibt Blanka ins Treppenhaus, das nach Kairo riecht, weil ein LKW Abgase hineinpumpt. Himmel, das ist auch nichts, dann lieber aus dem Fenster gucken, oder aus dem Fernfenster, da gibt’s ein Kairo ohne Abgase. Und viele Menschen, die mit guten Absichten wachen.
Aber Herzschmerzen haben. Kein Wunder, denn die Mubaratten haben ihre Elefantenfüße auf den Brustkörben abgestellt, wie auf Schuhputzkästen. Dort warten sie bis das Schiff gesunken ist. Aber das Schiff will nicht sinken. Stattdessen fallen Sterne runter, immer an den entsetzten Augen der Mubaratten vorbei. Schon ganz schwindelig wird den Rattengesellen, den Horizontschwimmern, die sich notfalls vom eigenen Samenerguss ernähren. Blanka Beirut schüttelt es, und mittags sieht sie eine Frau mit großen Margeriten auf dem Bademantel am Fenster eine Morgenzigarette rauchen. Ihre Augenlieder flattern wie die Flügel junger Vögel bei den ersten Flugversuchen. Davon wird der Nymphensittich wach und will los. Richtung Nil. Revolutionslieder pfeifen will er, in Ägypten. Doch zu spät, er kriegt den Schwalbenzug nicht mehr. Wütend kehrt er zurück und stürmt in der Handtasche herum. Abends braust deshalb frischer Wind durch Blankas  Buchstabengewächse. Haarschrift auf dem Wannenboden. Alles Wartegerüste für den gefiederten Freund, der nun auch noch den Februar wegsehnt.