weitere Infos zum Beitrag
Kolumne
Jasmin und der Diktator / Februar/ fünf/ chamsa
Wir öffnen das Gartentor, damit der
Jasmin als schöner Tag auf die Straßen
hinausgeht. (Mahmoud Darwish)
Eine Nacht kann lang sein. Und langsam. Vor allem, wenn ein kreisrundes Watteplättchen vor magerer Mondsichel hinter einem her ist und dauernd etwas sagen will. Da bleibt nur die Suche nach dem Plural von Kosmos. Gibt es nicht, kreischt der Nymphensittich wörterbuchtreu und liest in den Sonnenstrahlen vom Tage, als wären sie Postkarten der Zugvögel.
Warum denn nicht? Kosmata, probiert sie, oder Kosma. Nicht übel für das erste. Nur der Stift will heut nicht wie er soll. Er ist steif, wie das Bein vieler Kinder in Afghanistan. Wenn sie noch leben! Schon vergessen? Kriegskosmos. Und davon soll es keinen Plural geben? Los jetzt, Blanka Beirut treibt den Stift an, und da schreibt er noch was. Ein Wörtchen, wie ein niedlicher dicker Käfer mit Marzipanflaum und Tortenton fließt da aufs Papier. Das Sterbenswörtchen höchstpersönlich. Endlich weiß sie wie es aussieht und einen ordentlichen Plural gibt es auch! Also wird dem Stift die Ruh gelassen und der in die Hand genommen, der soeben Geschichte geschrieben hat. Auf Arabisch. Mabrouk! Glückwünsche.
Der Nachbarjunge zertritt am nächsten Morgen ein rohes Ei auf der Treppe. Die einzige Sonne heute. Blanka Beirut hört sich seine Sorgen an, auch wenn es seit Tagen überall nach Jasmin riecht. Der Fußballtrainer hat ihm gesagt, dass er die Haare kurz schneiden soll, die er lang trägt wie ein Mädchen. Aber das kommt ja gar nicht in Frage. Wie recht er hat, denkt Blanka und in der Handtasche rumpeln Stolz und Jasmintag und sie sagt: Willst du einen Kaugummi? Doch der Junge hat es eilig. Später reißen alle Wolken auf und Bananenbeine liegen vornehm aneinander in der Schale auf Blanka Beiruts Tisch. Die Pfeffermühle späht aufrecht. Und auf einmal weiß Blanka Beirut warum es überall nach Jasmin riecht, vor allem in den Poren der Tage: Ein Volk hat seinen Diktator verscheucht. Auf Arabisch! Also Türen auf: Assalaamu’aaleikum! Friede sei mit Euch! Und Ahlan we sahlan bikum! Seid herzlich willkommen!