Blanka Beirut - Tagebuchstaben (13)

Wochenkolumne

Autor:
Andrea Karimé
 

Wochenkolumne

Frühjahrszahnputz und der Glanz der Tintenschrift / März/ 13/ tlatasch

Ich bringe mein Lächeln in Ordnung
und öffne die Tür

(Maram al-Masri, Paris)


Der Nymphensittich sich sehnt nach Frischeivokalen, heute morgen, was wieder niemand versteht. Kein Wunder, da es nicht ums Verstehen geht, sagt er und flattert nervös mit den grauen Flügeln. Ganz anders der Tag, der wie ein schöner Transvestit daher kommt und alles Dunkel und Grau verjagt mit seinem Lichtgrinsen. 

Blanka Beirut fletscht die Zähne, da die Transe auch Staub offenbart,  der wie dichtes Tierfell auf den Lamellen ihres Rollos liegt; und vom Regen aufgedrucktes Tapetenmuster auf Fensterglas.
Putzen, kommandiert der Nymphensittich aus der Handtasche heraus, doch das hasst sie wie Zähne putzen. Deshalb spürt sie alle Nase lang einen Pelz auf dem Fletschen, dem sie sich zu entledigen sucht. Sie streicht mit der Zunge, kratzt mit den Fingernägeln und wischt mit dem Taschentuch.

Blanka, putzen, putzen, putzen! Pah!, denkt sie, ich habe doch arabisches Zahnfleisch. Blau und widerstandsfähig.
Aber dann sieht sie ein, dass sie ihr Lächeln richten muss. Und das geht nur mit Willenskraft und Zahnbürste. Das Motto des heutigen Tages: Glaube und Vernunft. Muss sie jetzt den Papst lieben und den Imam? Nein, das sollen die doch selbst tun. Der gestreifte Nachbar, der seinen blonden Pudel an ein älteres Ehepaar abgab, kichert auch schon leise vom Balkon rüber und erklärt Blanka Himmelblau.

Samawi. Und Weidenkätzchenmiau. Ausgerechnet der. Aber in Deutschland gibt sich ja heutzutage jeder Barbar wiesengrün. Treu allein der Glanz der Tintenschrift.