Blanka Beirut - Tagebuchstaben (14)

Wochenkolumne

Autor:
Andrea Karimé
 

Wochenkolumne

Stimme von Kork und dunkler Blume / April/ 14/ arbatasch

Während ich Kaffee
Eingoss verlief
Ich mich mit
Dem Inhalt der Tasse

(Sarah Kirsch)

Blanka Beirut lacht sich heute morgen nicht tot sondern himmelig. Das liegt nicht nur an der Frau mit dem spargelfarbenen Gesicht, die ihr Kaffee bringt auf dem ein Haufen liegt wie Badeschaum. Nein, grüner wird’s nicht in der Republik, denkt sie, keiner will Atomkraft, nur soll alles so bleiben wie es ist: Landschaft, Stromverbrauch und Kasse. Selbst die Grünen piepen derartigen Verbalkram! Die alle haben sie ja nicht alle. Plemmplemm!

Deshalb: Zeitung weg und ins Grüne. Doch muss sie immer an den Satz von gestern Abend denken: „Das Nichts ist das Ziel“. Klingt das nicht nach einer spirituellen Weisheit? Ja, einer, der einst Großwesir war, hat es gesagt, und auch das klingt märchenhaft. Doch leider handelt sich um eine todrotes Märchen. Die Absicht. Eines Staatschefs. Talat Pascha, der Osmane, hat das vor zirka neunzig Jahren gesagt und die Lösung seiner Amrmenierfrage damit gemeint. Das, was asiatisch weise klingt, bedeutete nichts anderes als Genozid. Deshalb ist für Blanka das Grün sowieso nicht Grün sondern...

Und deshalb verschwindet sie fast im Badeschaum der Tasse. Und da hustet der Nymphensittich ihr was aus der Handtasche raus und erinnert sie daran, dass ihr das alles eine Stimme aus Kork und dunkler Blume erklärt hat. Ein in Deutschland aufgewachsener Armenier verwies gestern Abend auf der Töne Fahrtwind und die Fleißarbeit der Nazis beim Zu- und Abgucken. Da wird einem ja schlecht. Den Tagesklang bestimmt außerdem das Taubenpack. Doch unbeirrt zwinkert später der kürzlich verstorbene Freund in ihre Buchstaben. Wie jeden Tag. Darauf sie sich verlassen kann.