Blanka Beirut - Tagebuchstaben (18)

Wochenkolumne

Autor:
Andrea Karimé
 

Wochenkolumne

Wehe! Schwarze Schafe in Sankt Gallen! / Mai/ 18/ tissaa’taasch

Was geschah
geschah sehr fern
     einige von uns haben
     die Schüsse gehört

(Horst Bienek)

Lichtflecken glitzern am Satzhang. Blanka Beirut ist in der Schweiz. Heile Welt in grau und braun und müde. Blanka ist böse, denn das sind wirklich keine Sommerfarben. Aber es ist ja nur einen Tag lang, murmelt der Nymphensittich, der ansonsten heute nichts zu sagen hat. Braucht er auch nicht, denn hier in den Heiligen Gallen ist es so wunderbar vogelfreundlich und herzgrün, dass er den ganzen Tag beschäftigt ist.

Blanka und ihr Kollege hingegen laufen und schütten sich kurze Zeit später trotz Regen aus wie zwei Gießkannen. Auf der Wiese holzkohlenschwarze Schafe wie dicke Pudelopas. Das besänftigt Blanka, die außerdem einen köstlichen Duft auffängt. Blütenfrisch, wie ein sehr diskretes Parfum, zart wie die Augenschatten eines Kindes, insektenflügelhaft unter dem Lid.

Doch die schwarzen Schafe täuschen! Wehe! Später ist um den Kneipentisch herum das Wort Neger wieder lustig. Eidgenossen Spaßvögel. Blanka muss ihre Handtasche fest zuhalten und kaut einen Gallenapfel, damit sie nichts mehr hört. Rabenverrat. Vernagelte Herzenstüren. Lautes Rosten. Da steht Blanka Beirut auf und singt harsch und entschieden einen Baumton in den Apfelkrach und stellt sich vor die Fatimabuchhandlung an der Kathedrale. Lauter Biografien von Mohammads Frau? Nein, Gott bewahre, rügt sie jemand, hier doch nicht im Land der halslosen Moscheen. Heilige Gallenschriften sinds und Wallfahrtsorte.

Also Blanka, ab auf die Wiese und stöhnen mit den schwarzen Schafen. Dort hört sie Schüsse. Syrien, Ägypten, Libyen, Jemen. Und lernt ein neues hässliches Wort: Gewaltexport. Herrschaft gegen Demokraten. Moslems gegen Christen. Doch hier in die Schweiz wird nichts davon importiert. Sagt man. Und die schwarzen Schafe? Schoggibänz, besser hi luegä! triumphiert ein Eidgenosse Schäfer.