Blanka Beirut - Tagebuchstaben (33)

Wochenkolumne

Autor:
Andrea Karimé
 

Wochenkolumne

Windklapswetter und / 33/ tlata u talatin/ Oktober

Staubgefäße reckten sich in wortgenauer Befruchtung,
Fruchtknoten steckten die ründlichen Köpfchen dem
nächstbesten Verbum ins Maul.

(Ulla Hahn)

Ein Rubinienzweiglein setzt an zum Nasenstüber mit Blanka Beirut nachdem herbstlich herabgeweht. Allerdings sind die Brückenhäupter heute hellblond. Blanka sitzt in der Bahn und ihr läuft die Nase. Obwohl der Oktober lauwarm ist, wie Tee. So muss
sie die ganze Zeit geräuschvoll einatmen, peinlich ist das. Sie versucht das allzu auffällige Hochziehen zu vermeiden, jedoch ist das nahezu unmöglich. Immer wieder macht sich ein glitzernder Tropfen frei, sie hat kein Taschentuch dagegen.

Vor ihr sitzt ein Mann, der versucht, die durch sein Übergewicht entglittenen Gesichtszüge in Form zu halten, indem er eine grell gelbe Krawatte trägt. Aber das lenkt nur ab. Immerhin, Blanka bewundert nun doch die perfekt polierten Schuhe und sein in Wellen gelegtes Deckhaar. Wie die Oberfläche eines Weihers nach gutmütigen Windklapsen. Zwischen den Wolken hängt Licht, und dort gruppieren sich heute die Worte der Blanka Beirut mit frühlingshaften Fruchtknoten, und warten auf ein Verbum. Irgendeins, doch am Fluss steht nur ein schokoladenfarbener Baum. Alle Verben weg.

Wird deshalb die Bundesregierung so nervös und kündigt Rettung an wo keine ist? Verbal statt Verbum? Der Nymphensittich nickt mit dem Köpfchen und schnallt sich an. Er hat halt heut schon Weihnachten.