Kolumne
Die Lyrik Roberto Blancos
Also weiter. Gefragt danach, wie es zu dem Buch kam, sagte der Journalist, ein Verlag sei an ihn herangetreten. Immerhin war es nicht seine Idee. Nach ihm kam die erste der drei Krimiautorinnen auf die Bühne. Solide Kost, von der sie als freie Autorin gut zehren kann. Ich überlegte mir, was ich antworte, wenn ich gefragt werde, wie es zu meinem Buch gekommen ist. Zum Beispiel: Der Verlag sei auf mich zugekommen und wollte mit meinen Gedichten unbedingt ein Buch machen. Ich habe erst abgelehnt, mich dann aber durch die Höhe des Honorars überzeugen lassen.
Oder die traurige Wahrheit. Man muß als Lyriker Schmerzensgeld an den Verlag zahlen, daß man bei ihm veröffentlichen darf. Das hätte geklungen, als wolle ich Mitleid erheischen. Und damit soll man nicht übertreiben.
Eine Autorin dieses Abends schrieb sogenannte Gourmetkrimis und über mangelnde Nachfrage in den Kurbadbuchhandlungen dürfte sie nicht zu klagen haben. Überhaupt war mir um die Existenz der drei, mir gegenüber sehr freundlich gestimmten, sympathischen Krimiautorinnen des Abends nicht bange (als junger brotloser Lyriker wäre man als Beischläfer einer reifen Gourmetkrimiautorin sicher nicht unwohlgelitten). Ich bitte um Zuschriften!
Ein Autor, der Geschichten über die Regionalhistorie Schleswig-Holsteins verfaßte, war auch eingeladen worden. Zwei Tage nach unserem Auftritt wurde das Abschlußfoto, auf dem wir alle zu sehen waren, im Internet veröffentlicht. Darunter standen unsere Namen und in einem Wort das, was wir sind. Mir hatte man immerhin das Attribut „Jung-Autor“ zugebilligt. Der Mann mit den Regionalgeschichten war der Mann, dessen Attribution sich darauf beschränkte, ihn einen Schleswig-Holsteiner zu nennen. „Herr Soundso, der Schleswig-Holsteiner“. Nicht einmal der „schreibende“ Schleswig-Holsteiner, was ein Hinweis darauf gewesen wäre, daß er neben seinem Dasein als Schleswig-Holsteiner auch schreibt. Möglicherweise klänge das aber noch schlimmer, beinah wie schreibende Hausfrau.
Als letztes kam ein Mann auf die Bühne, dem als einzigen der acht Autoren die Bezeichnung Schriftsteller zugestanden wurde. Das war der Sushi verspeisende C.H.Beck Verlag Schriftsteller. Er las, weil die Veranstalter sich für den Literaturabend lieber etwas Lustiges als Literatur erbeten hatten, eine Kolumne vor. Überhaupt habe ich mich gewundert, wie jemand, der beim C.H.Beck Verlag veröffentlicht, dazu kommt, ohne Honorar an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen. Selten unterstelle ich Großzügigkeit. Und ja, es kann nur eine Antwort geben. Er schreibt eine Kolumne darüber. Wer über diesen Abend keine Kolumne schreibt, obwohl er von sich behaupten kann, er sei dabei gewesen, dem ist nicht zu helfen. Ihm war zu helfen, man kann sie nachlesen im Internet und mit meiner vergleichen. Seine Kolumne ist um die Hälfte kürzer. Diesen Vorteil hat sie zumindest. Und ich bin immer noch nicht fertig. Weil mir als Lyriker aus der Provinz der Mund über geht, denn ich erlebe nicht viel. Mein Leben fließt eintönig dahin. Und zum Schluß muß ich noch etwas zu meinem Auftritt sagen. Den kann ich ja nicht verschweigen. Als Anmoderation las die Ko-moderatorin wortwörtlich meine Vita vom Zettel ab, die ich im Internet zur Verfügung stelle. Also: „1997-2004 Studium der Soziologie und Politikwissenschaft. Abschluß als Magister Atrium. 2005 Beginn einer promooschen. Seit 2000 im Sog Hallischen Dichterkreis vorlesend.“
Ich brauchte einen Moment, bis ich den Sog des Hallischen Dichterkreises als die Abkürzung von sogenannt deuten konnte. Den „Vorhof-Magister“ war ich schon gewohnt. Daß ich aber seit 2005 weder Zigaretten noch Was-auch-immer promotet habe, daß ich überhaupt nichts, aber auch gar nichts mit proomoschen zu tun haben will, soll hiermit klargestellt sein. Ich promoviere! Das heißt, ich halte in meiner Vita an meiner Promotion fest, die ich im richtigen Leben leider längst fallengelassen habe. Als ich nach vorne ging, wollte ich diese Fehltritte allerdings nicht aufklären. Die Ko-moderatorin auf ihre akademische Unbedarftheit hinzuweisen, hätte mich nicht sympathischer gemacht. Und dann habe ich auch noch den Lyrikerschwanz eingekniffen und keine Gedichte vorgelesen, sondern ebenfalls eine Kolumne. Was Lustiges eben. Wie gewünscht. Ich fühlte mich in diesem Moment als der Roberto Blanco unter den Lyrikern.
Es bleibt mir zu hoffen, daß meine Fahrtkosten auf mein Konto überwiesen werden, bevor diese Kolumne erscheint.
Christian Kreis für Fixpoetry.com
Oder die traurige Wahrheit. Man muß als Lyriker Schmerzensgeld an den Verlag zahlen, daß man bei ihm veröffentlichen darf. Das hätte geklungen, als wolle ich Mitleid erheischen. Und damit soll man nicht übertreiben.
Eine Autorin dieses Abends schrieb sogenannte Gourmetkrimis und über mangelnde Nachfrage in den Kurbadbuchhandlungen dürfte sie nicht zu klagen haben. Überhaupt war mir um die Existenz der drei, mir gegenüber sehr freundlich gestimmten, sympathischen Krimiautorinnen des Abends nicht bange (als junger brotloser Lyriker wäre man als Beischläfer einer reifen Gourmetkrimiautorin sicher nicht unwohlgelitten). Ich bitte um Zuschriften!
Ein Autor, der Geschichten über die Regionalhistorie Schleswig-Holsteins verfaßte, war auch eingeladen worden. Zwei Tage nach unserem Auftritt wurde das Abschlußfoto, auf dem wir alle zu sehen waren, im Internet veröffentlicht. Darunter standen unsere Namen und in einem Wort das, was wir sind. Mir hatte man immerhin das Attribut „Jung-Autor“ zugebilligt. Der Mann mit den Regionalgeschichten war der Mann, dessen Attribution sich darauf beschränkte, ihn einen Schleswig-Holsteiner zu nennen. „Herr Soundso, der Schleswig-Holsteiner“. Nicht einmal der „schreibende“ Schleswig-Holsteiner, was ein Hinweis darauf gewesen wäre, daß er neben seinem Dasein als Schleswig-Holsteiner auch schreibt. Möglicherweise klänge das aber noch schlimmer, beinah wie schreibende Hausfrau.
Als letztes kam ein Mann auf die Bühne, dem als einzigen der acht Autoren die Bezeichnung Schriftsteller zugestanden wurde. Das war der Sushi verspeisende C.H.Beck Verlag Schriftsteller. Er las, weil die Veranstalter sich für den Literaturabend lieber etwas Lustiges als Literatur erbeten hatten, eine Kolumne vor. Überhaupt habe ich mich gewundert, wie jemand, der beim C.H.Beck Verlag veröffentlicht, dazu kommt, ohne Honorar an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen. Selten unterstelle ich Großzügigkeit. Und ja, es kann nur eine Antwort geben. Er schreibt eine Kolumne darüber. Wer über diesen Abend keine Kolumne schreibt, obwohl er von sich behaupten kann, er sei dabei gewesen, dem ist nicht zu helfen. Ihm war zu helfen, man kann sie nachlesen im Internet und mit meiner vergleichen. Seine Kolumne ist um die Hälfte kürzer. Diesen Vorteil hat sie zumindest. Und ich bin immer noch nicht fertig. Weil mir als Lyriker aus der Provinz der Mund über geht, denn ich erlebe nicht viel. Mein Leben fließt eintönig dahin. Und zum Schluß muß ich noch etwas zu meinem Auftritt sagen. Den kann ich ja nicht verschweigen. Als Anmoderation las die Ko-moderatorin wortwörtlich meine Vita vom Zettel ab, die ich im Internet zur Verfügung stelle. Also: „1997-2004 Studium der Soziologie und Politikwissenschaft. Abschluß als Magister Atrium. 2005 Beginn einer promooschen. Seit 2000 im Sog Hallischen Dichterkreis vorlesend.“
Ich brauchte einen Moment, bis ich den Sog des Hallischen Dichterkreises als die Abkürzung von sogenannt deuten konnte. Den „Vorhof-Magister“ war ich schon gewohnt. Daß ich aber seit 2005 weder Zigaretten noch Was-auch-immer promotet habe, daß ich überhaupt nichts, aber auch gar nichts mit proomoschen zu tun haben will, soll hiermit klargestellt sein. Ich promoviere! Das heißt, ich halte in meiner Vita an meiner Promotion fest, die ich im richtigen Leben leider längst fallengelassen habe. Als ich nach vorne ging, wollte ich diese Fehltritte allerdings nicht aufklären. Die Ko-moderatorin auf ihre akademische Unbedarftheit hinzuweisen, hätte mich nicht sympathischer gemacht. Und dann habe ich auch noch den Lyrikerschwanz eingekniffen und keine Gedichte vorgelesen, sondern ebenfalls eine Kolumne. Was Lustiges eben. Wie gewünscht. Ich fühlte mich in diesem Moment als der Roberto Blanco unter den Lyrikern.
Es bleibt mir zu hoffen, daß meine Fahrtkosten auf mein Konto überwiesen werden, bevor diese Kolumne erscheint.
Christian Kreis für Fixpoetry.com