Der Berg ist nicht schwer, der Himmel ist nicht oben, der Vogel ruht in der Luft
Der zweite Roman von Roman Israel Flugobst ist im Oktober bei Luftschacht erschienen. Dortselbst auch sein Caiman und Drache, drei Jahre zuvor. War letzterer eine Art Oberschlesischer Historienroman der 20er Jahre, ist Flugobst ein Wenderoman von der deutsch-tschechischen Grenze, also auch ein wenig historisch, wenn man so will. Mit seiner altmodischen Kapitelstruktur, das genaue Datum mit Zusammenfassung "Das war der 13. November. So ist er passiert" etc. und seiner Parade Schwejkscher Schlauköpfe in dem verschlafenen Dorf Klarabach, die alle in einer Art Aufbruch sich befinden, schreibt Israel angenehm unaufdringlich, mit sicherer Sprache, eine Quasi-Screwballkomödie mit viel Lokalkolorit. Inklusive Vater-Sohn-Ehe-Geschäfts-Verstrickungen, verschwundenen Hunden, coming-of-age, Punks vs Rechten, alle gegen die Stasi und noch einer ganzer Menge anderen Szenen/ Aspekten.
Vielleicht ein bisschen zu viele davon. Das Buch funktioniert in den Einzelkapiteln recht gut. Ihre anti-chronologische Anordnung und mehr, das Fehlen von sympathischen Charakteren, macht es allerdings bisweilen schwer, für den in die Länge gezogenen Plot in einen Leserausch zu geraten. Das Mitfiebern oder Erwartungenhaben beim Lesen unterläuft Israel nicht selten mit vorhersehbaren Belanglosigkeiten oder witzelnden Kommentaren aus der Perspektive der rätselhaft vielen Dorfgestalten, bei denen man sich nicht ganz sicher ist, ob der Autor die Klischees oder sie ihn im Griff haben. Es ist mehr eine allgemeine Stimmung "Klarabach", die sehr gekonnt veranschaulicht wird, nicht aber das unbedingte Miterlebenwollen dessen, was sich da alles zwischen Obststand und neuem Puff an der Grenze abspielt. Dennoch steuert der Band auf einen höhepunktartigen Showdown hin und die Stricke entwirren sich jeder auf seine Weise. Und wie angedeutet, ist Roman Israels Sprache dafür vorzüglich verwendet und bringt knapp auf den Punkt, was auf den Punkt gehört. Sie erlaubt sich kein Ausrasten und oft genug hebt sie zu aktionsgeladenen Situationen ab, komisch und schnell. Schade, dass sich zwischen den fast 300 Seiten trotzdem auch ein paar Längen einfädeln.
Fixpoetry 2017
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Fixpoetry.com und der Urheber
Dieser Artikel ist ausschließlich für den privaten Gebrauch bestimmt. Sie dürfen den Artikel jedoch gerne verlinken. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Neuen Kommentar schreiben