Fremdbleiben dürfen
Auch wenn man es lange sozusagen gewußt hatte, daß vor der „Festung” Europa „das Fremde” sei, hat man sich weder national noch auf der Ebene der EU allzu viele Gedanken darüber gemacht, welche Projektionen da in Gang gesetzt würden, wie fremd überhaupt sei, was extra mures ja nicht „lauert”, wie man die, die kommen könnten, integrieren werde, auch: worin, wenn es keine Leitkultur gibt, aber statt dieses unguten Begriffs Europa nur den Kapitalismus oder eher Feudalismus entwickelt hat, welche Verantwortung man habe, zumal man an den Fluchtgründen der meisten verdiente, trans. und so wurde Europa zuletzt „überflutet”, „überrollt”, trans. so der Panikjargon freilich nur derer, denen – angeblich – erst angesichts der Flüchtlinge auffiel, daß die Demokratie in Schieflage ist.
Den „Beziehungsmodus” des Fremden untersucht nun das aktuelle Kursbuch, seit vielen Jahren Garant dafür, Handlungsoptionen zu untersuchen, Fahrpläne statt Oden oder Oden als Fahrpläne offerierend, um es mit Enzensberger zu formulieren. Dabei wird „Otherness” erklärt, „Post-Otherness”, die der Andersartigkeit begrifflich nicht mehr traut, die „erflehte” Integration ebenso bedacht, die man vom Fremden offenbar erwartet, die Kategorie der „Überflüssigkeit”, die den Flüchtling nicht betreffen kann, aber dann auch sonst keinen Menschen, es wird gefragt, ob das „Fremdbleiben dürfen” nicht etwas ist, was Kultur auch anbieten muß, es wird Migration auch als innerpsychisches Sich-Abarbeiten untersucht – kurzum, man ist nach diesem Kursbuch doch etwas besser auf das vorbereitet, was da kam, kommt und kommen könnte.
Eine Lektüre, die angesichts mancher erhitzter Debatte, worin nur mehr Unmut und Reflex zu vernehmen sind, sehr willkommen sein muß..!
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