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Das Meer und der Norden     Streifzüge von Küste zu Küste     von Charlotte Ueckert
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Das Meer und der Norden     Streifzüge von Küste zu Küste     von Charlotte Ueckert
Kritik

Literarische Reisebilder

Hamburg

Nach 'Orte des Glücks' (Europäische Verlags-Anstalt) legt uns Charlotte Ueckert ihr wohl persönlichstes und neben ihrer Lyrik wohl eindrücklichstes Werk vor. Das liegt nicht zuletzt an ihrer weniger journalistischen als vielmehr stimmungsvoll dem Sujet angepassten poetischen Sprache und einfühlsamen Beschreibung und Schilderung dieser 'geheimnisvollen', mystischen, rätselhaften fremden Welt, einer Sprache in der sich die neugierig Suchende und oft beglückt Fündige kenntnisreich und stilsicher bewegt.

Wir begleiten die Autorin, sie versteht es uns einzustimmen, führt uns, lässt uns miterleben, was uns bei einer viel wissenden aber leider trocken beschreibenden Museumsführerin lediglich nur ein leichtes Gähnen entlocken würde.

Dabei geht es keineswegs nur um Ausstellungstücke und in der Erde Gefundenes. Aber gegraben wird trotzdem: es sind oft unsere Fragen, die in uns bohren, die sich unserer bemächtigen, weil wir eine Antwort haben müssen: warum reise ich, was ließ die Etrusker in dieses Land kommen, was lässt uns weggehen und einen anderen Ort aufsuchen, was werden wir einmal hinterlassen, wer wird sich um uns kümmern? Warum scheitern Bekannte und Freunde am fremden Ort, warum zerbricht dort eine Partnerschaft? Aber auch: wie fand dort jemand sein Glück?  Zwischen den Zeilen spüren wir, dass es um mehr geht als die Begutachtung von archäologischen  Funden. Das wird deutlich in den beiden größeren Passagen des Buches, dem Mondtagebuch und den Tarot-Aufzeichnungen.

Was machten die Etrusker in kalten und einsamen Nächten? Sicher haben sie auch den Mond betrachtet, vielleicht diesen zu- und abnehmenden Freund so angesehen und ihre Geschichten um ihn gesponnen wie es die Autorin in der Fremde tat. Und sie haben versucht, in die Zukunft zu schauen mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen. Sie hatten ihre Symbole und Rituale, sie suchten nach Bedeutungen und Antworten, so wie die Autorin es tut                                 wenn sie sich die Stäbe und Münzen, die Pokale und Schwerter, die 'Königinnen und Nackte' der Tarotkarten legt. Letztlich trägt alles dazu bei, unsere Stellung in der Welt zu ergründen.

So wird aus diesen 'literarischen Reisebildern', bei denen wir durchaus auch einige spannende Geheimtipps bekommen, ein Teppich aus zum einen lyrisch gesponnenen Fäden, aber auch realistischen, ja 'emanzipierten' Ansichten einer Frau von heute. So ist sie keineswegs eine Autorin, die das Volk der Etrusker idealisiert. "Sie waren nicht die besseren Menschen, auch sie peitschten Sklaven aus". Aber wollen wir denn immer alles so genau wissen, genügt uns nicht manchmal auch ein Geheimnis und eine Sprache, die liebevoll das Mögliche zu interpretieren versteht? Auch wenn wir am Ende erkennen müssen, dass wir in der Fremde Fremde geblieben sind?

Was ist es, das uns das Glück eher woanders als zu Hause finden lässt? Was lässt uns scheitern? Und im Suchen und Finden, im Hoffen und Glauben sind uns die Etrusker kein fremdes Volk mehr. Das kann uns Charlotte Ueckert mit ihrer lebendigen Art und Weise der Annäherung an dieses Volk nahe bringen.

Es ist als ob man ihr folge in einen visionär-virtuellen Museumsraum, dort wo das 'Eigentliche' ausgestellt ist, das Herz des Geheimnis, die Seele und gleichzeitig der Spiegel, in dem wir uns wieder sehen und erkennen.

Vielleicht wird man auch von uns eines Tages sagen können: "Sie tauchten auf und verschwanden und sie faszinierten bis heute".

Wir wissen, wie müde oft Städte- und Landschaftserkundigungen machen können. Gönnen Sie sich einfach einen Cappuccino oder ein Glas Wein und lesen Sie diesen schmucken Band im Café an der Ecke mit Blick auf das 'Heimatmuseum'.

Charlotte Ueckert
Die Erben der Etrusker
Literarische Reisebilder aus Latium und der Toskana
Edition Karo
2013 · 120 Seiten · 14,00 Euro
ISBN:
978-3-937881-39-3

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