Riskant und grundlos: Liebe
Eigentlich ist es merkwürdig: Philosophen schreiben vom Vorletzten und Letzten gar, schreiben über den Tod, den Sinn des Lebens, die Bedeutung von Sinn und also die Aussagbarkeit dessen, was der Sinn des Lebens sei, sie schreiben kurzum über alles und scheuen dabei keine Wahrheit. Woran nicht gerüttelt wird, ist indes der Jargon, ist die Fußnote, ist kurzum, wie die finalen Fragen buchhalterisch zwischen Einbände verwurstet werden.
Harry G. Frankfurt tut dies nicht, mit der ohnehin größeren Bereitschaft an Beispielen, für die die akademische Philosophie unserer Breiten die USA beneiden könnte, beim Zitieren sparsam und leger denkt er darüber nach, wie Bullshit – weder einfach Lüge noch Wahrheit, vielmehr ein strategisches Sprechen, das diese Dimensionen ignorierend Verhältnisse stiftet und Handlungen anregen soll – wirke, aber auch: was Liebe sei. Welche Gründe hat sie?
Keine, diese Pointe sei zumindest vorweggenommen. Sie schafft Gründe: In ihr ist mit der Legitimation ihres Seins ein „Gedanke[n] zuviel”, wäre eine Performanz zuwenig mit diesem: Denn „die Liebe (ist) eine Quelle von Gründen […], die […] Handlungen liebevoller Zuwendung und Hingabe inspirieren.” In einer Fußnote setzt Frankfurt diesem Satz einen weiteren gleich hinzu: „Genauso macht die Liebe die Welt lebendig.”
Dieses Buch ist liebevoll, offensichtlich, denn auch dieses Buch belebt die Welt. Es ist liebenswert und macht liebenswert – auch, weil es zeigt, dass dieses Wort und sein Opponent, dass nämlich etwas „unserer Liebe »unwürdig«” sein könne, gleichermaßen „als fehlgeleitet” schon unterbieten, was Liebe und durch Liebe ist. „Lieben ist riskant”, wie übrigens auch Lesen – dennoch: Lieben! Lesen!
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