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Komm! Ins Offene haus für poesie
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Kritik

Zwei finale Bände der Werkausgabe von Janko Messner

Hamburg

Die siebenbändige Ausgabe seiner „Ausgewählten Werke“ hat der slowenische Kärntner Schriftsteller Janko Messner gerade noch erlebt. Eineinhalb Monate vor seinem 90. Geburtstag ist er verstorben. Im Band 6 findet sich „Kritisches und Polemisches“, kleine Fundstücke sowie autobiographische Prosa, darunter einige bemerkenswerte kurze Erzählungen, insbesondere im Zyklus „Mein Korotan moj“, die leidenschaftlich auf die Situation in Kärnten Bezug nehmen. Sie demonstrieren die unnachgiebige Haltung des kämpferischen Kärntner Slowenen, wenn er etwa auf einen anonymen Anrufer Stellung bezieht, der ihn als „Slowenenschwein“ beschimpft. Wesentlich mehr Satire findet sich in diesem Band als im Band 7 mit dem Titel „Satirisches und Dokumentarisches“. Amüsant ist jene Geschichte, wo der Erzähler darauf beharrt, nicht mit „Grüß Gott“ begrüßt zu werden („Grüß Gott und Mahlzeit!“), welche Floskel er auch nicht hören mag. Dabei kann schon einiges an Unverständnis erwidert werden, insbesondere in einem von Geistlichen geführten Spital. „Ich bin mir bewusst, dass ich damit gegen den gewaltigen Strom der erzkonservativen, Frömmigkeit vortäuschenden Österreicher schwimme.“

Mit seiner Haltung hält Janko Messner keineswegs hinter dem Berg: „Deine Katecheten sagen, Du habest die Welt aus dem Nichts erschaffen? Das kann man ihr zweifellos anmerken. Mich wirst wohl eher aus irgendeiner Scheiße erschaffen haben und mich darin sitzen lassen. Den Oberleerer droben auf dem Hügel hingegen aus Deinem fragwürdigen, herzlosen Ebenbild – mit der geschmeidigen Weidenrute in der Hand.“ Der Oberleerer, das ist der Oberlehrer in der Schule. Andererseits anerkennt er aber einen „Hochwürden“: „Niemals hast du mich – Agnostiker – zu bekehren versucht. Gabst mir recht, dass Gott und Teufel ihren gemeinsamen Wohnsitz nirgends sonst als im Menschen selbst haben.“

Erschütternd zu lesen ist die Dokumentation über die Hinrichtungsstätte Dravograd/Unterdrauburg, ein Verkehrsknotenpunkt, der die Steiermark mit Kärnten verbindet und der drei Kilometer von der österreichischen Staatsgrenze entfernt liegt. Dort hatte die „Geheime Staatspolizei“ ein Lager errichtet, um Partisanen zu foltern und zu ermorden, die in ihrer Diktion „Banditen“ waren. Augenzeugen und Überlebende berichten von den schrecklichen Taten, dass die Gefangenen nichts zu essen bekamen, dafür zwei Liter gesalzenes Wasser trinken mussten. Einem haben die Gestapo-Schergen mit einer Schere die Haut vom Gesicht geschnitten. Andere mussten die eigene Scheiße fressen, ebenso wurde mit Frauen und Kindern verfahren, sobald sie in die Hände der Gestapo gefallen waren. Ihr Grab mussten sich die Häftlinge selbst schaufeln, bevor sie erschossen wurden. Und die Täter lebten ungestraft weiter. Dieser Text ist ein unfassbares Dokument, was Menschen anderen Menschen zugefügt haben.

„Solange ich noch halbwegs oder wenigstens viertelwegs gehen kann und gesegneten Appetit auf Lammfleisch und Bachforellen (…) entwickle“ – solange hat sich Janko Messner mit den Worten seiner Sprache zur Wehr gesetzt.

Janko Messner · Jozej Strutz (Hg.)
Ausgewählte Werke
Band 6: Kritisches und Polemisches
Übersetzung:
Kristjan Mo?ilnik
Drava
2011 · 208 Seiten · 21,50 Euro
ISBN:
978-3-854356141

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