Im Zeichen des Zwinker-Smileys
Die Ironie hat es in Zeiten nicht leicht, die den Möglichkeiten des Wortes wenig Gewicht beimißt; längst ist sie nicht mehr jene Spannung im Zweideutigen, jene Unbestimmtheit, sondern meist Antiphrasis, die also blank das Entgegengesetzte von dem ausdrücken soll, was ein Wort eigentlich besagt, und sicherheitshalber gibt es dazu noch ein Emoticon, den Zwinker-Smiley, worin die Dummheit unserer Zeit geradezu kulminiert.
Klaus Amann und Wolfgang Hackl gaben nun jüngst einen Band heraus, der darum sich der Ironie zuwendet, Satire – Ironie – Parodie, so der Titel des Buchs, auf dessen Cover dann der Zwinker-Smiley prangt, hoffentlich so, daß er als Ironisierung in sich ironisch gemeint ist. Und weil Ironie in Umwegen besteht, gibt es hoffentlich ironische abstracts dazu. Sonst wäre ja gleich zu Beginn Walter Serner zu zitieren, aber das Zitat erspare ich uns…
Dieser irritierende Eindruck ist dann aber nicht, was bleibt, es folgen durchaus feine close readings zur Uneigentlichkeit und zur Komik, die zwar den Rahmen umklar werden lassen, was das Thema war, aber vielleicht ist das nun schon die eigentliche Ironie: daß man nicht weiß, wann und wo was ironisch ist – jedenfalls nicht ganz.
Das beginnt mit der Frage sogleich des ersten Beitrages, von F. Cambi, was überhaupt „zum Lachen” bringe – und die damit in den Fokus gerückte Frage, ob das nicht eine Interaktion sei, ob also Ironie nicht wenigstens auch eine Leistung des Rezipienten sei, eine Bringschuld, ist damit eröffnet. Daß ex negativo eine Empfindung über „ihre entgegengesetzte” (Jean Paul) gezeichnet werden könne, ist jedenfalls noch keine blanke Empfehlung der Antiphrasis, sondern auch dialektisch lesbar, was mit Heine hier auch unternommen wird, wiewohl sich ein Zwischenschritt mit Hegel angeboten hätte.
Ähnlich in einem anderen Beitrag, von A. Fambrini, die „Wirklichkeitsaneignung” durch Schlegel, auch sie eine, die die Wirklichkeit nicht verkehrt, sondern eher dekonstruiert, also vielleicht nicht aneignet – oder im Eignen der Aneignung befragt. Ironie ist also „der Erkenntnisdrang selbst“, wie dieser feine Text schließt.
So wird das Spiel mit dem je dem Erkennen „heterogenen” Material zu Ironie, Witz und Verstehen, wie in ihrer Chargaff-Lektüre M. Gronau vorschlägt. „Polytheismus”, der Stil wird, „die ganze Welt […] beseelt” (Chargaff), was die Umkehr nahelegt: Seele ganz Welt..?
Immer wieder sehr präzise Einblicke, Interventionen fast, Parteinahmen für die poetische Möglichkeit von Texten, etwas zu fassen, was der Wissenschaft, wo sie weniger methodisch, denn sprachlich verarmt, sich selbst schuldig zu bleiben droht. Bis in die Politologie zielt das, das Erkennen gesellschaftlicher Realität ist ohne Ironie kaum formulierbar, wie an der Sprache nicht der Ohnmacht, aber eben auch nicht der Macht gezeigt wird, die Grünmandls und Koschuhs Kabarett auszeichne. Im Beitrag E. Wimmers wird dabei auch das Zeitliche der Ironie, fast das Erlösungsbedürftige nicht nur der Zustände, sondern auch ihrer Formulierung skizziert. Und ihrer sie Formulierenden, „radikale Subjektivität”, wo die Objektivität heteronom sein müßte.
Man kann nicht alle Beiträge hier hinreichend würdigen und/oder kritisieren, aber wie sich hoffentlich zeigt, ist der Band spannend und vielseitig. Vor allem da gilt das, wo die Unschärfen der Ironie in sich präzise sind, das Dauerproblem mancher linguistischer Beiträge ist ja, daß sie, was man ohnehin weiß und oft so gar nicht wissen wollte, an Texten zeigen, von denen unklar ist, inwiefern sie also relevant sind.
Das Grundproblem beantwortet der Band allerdings nicht, was Ironie ausdrücke, und zwar nur sie, da Wendung um Wendung hier wegerklärt wird, immer ist etwas verloren, während so fast alles erklärt wird. Vielleicht ist das dann die Ironie dieses Bandes, zusätzlich zu jener des Covers.
Beteiligte Autor_innen: Fabrizio Cambi, Alessandro Fambrini, Marco Serio, Magdalena Maria Gronau, Wolfgang Hackl, Erika Wimmer, Otto Grünmandl und Markus Koschuh, Klaus Amann, Fulvio Ferrari, Davide Bertagnolli, Elisabeth Christensen, Federica Ricci Garotti, Manuela Caterina Moroni, Daniel Pfurtscheller, Heike Ortner
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