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Kritik

Auf der Spur des Glücks

Alle hundert Jahre kommt ein Elch von weit her aus den Sümpfen zu jenen Kindern, die ihn gerufen haben. Nämlich zu jenen Kindern, die seiner Hilfe bedürfen. Pedro, dessen Eltern vertrieben wurden, weil sie eine andere Sprache gesprochen haben. Auch Pedro wird nicht mehr erlaubt, seine Sprache zu sprechen. Der Elch nimmt Pedro mit, auf seinem Rücken geht es durch Wälder und über Berge. Nach einer langen Wanderung treffen sie auf Alissa. Das schwarzhaarige Mädchen hat ihre Eltern verloren, ein Bürgerkrieg hat ihr Dorf und ihr Haus zerstört.

Soldaten versperren dem Elch den Eintritt in eine verlassene Stadt, doch der Elch weiß sich zu helfen, um zu Jussif zu gelangen, der das einzige Kind ist, das sich vor den Soldaten verstecken konnte. Auch für Jussif findet sich noch ein Platz auf dem großen Rücken des Elchs. Die Reise geht weiter. Schließlich treffen der Elch und die Kinder das blonde Mädchen Fiep, deren Eltern nichts anderes im Kopf haben als Vergnügungen und Mode und Einkaufen. Jedoch ersetzen Computer und Spiele, Fernsehen und Swimmingpool nicht die Liebe der Eltern. Fiep ist einsam in der riesigen Villa ihrer Eltern. Ohne lange zu überlegen wirft sie ihren Fernseher in den Pool, um sich dem Elch und den anderen Kindern anzuschließen. Zusammen suchen sie nach einem Ort, wo sie glücklich und zufrieden leben können.
Uli Rothfuss ist ein überaus poetischer Text gelungen, in dem Ängste und Sehnsüchte geschickt verpackt, zudem packend zu lesen sind, in einer einfachen Sprache, die weit entfernt ist banal zu sein oder zu idealisieren, sondern die Phantasie anregt, und zwar gleichermaßen jene von Kindern wie von Erwachsenen.

Als Vater und Professor für Kulturwissenschaft kennt der Autor all diese Situationen der Bedrohung und geht damit höchst subtil um, greift die verschiedensten Situationen auf, ohne sie direkt beim Namen zu nennen, indes lässt sich leicht begreifen, was gemeint ist. Ein Märchen, das ohne Könige und Prinzessinnen auskommt, vielmehr aus der Gegenwart gegriffen wurde und in die Gegenwart eingreift.

Die Illustrationen von Dieter Huthmacher, Maler, Grafiker und Liedermacher, ergänzen nicht bloß, geben dem Text zudem eine weitere Dimension, greifen so manches Detail auf und erzählen die Geschichte in präzisen Bildern, zum Greifen nahe.
Ein wunderschönes Buch sowohl für Kinder als auch für Erwachsene.

Uli Rothfuss
Bist Du der Elch?
Auf der Spur des Glücks
Illustrationen: Dieter Huthmacher
Medienverlag
2009 · 56 Seiten · 14,90 Euro
ISBN:
978-3-938295168

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