When First We Faced, And Touching Showed
When first we faced, and touching showed
How well we knew the early moves,
Behind the moonlight and the frost,
The excitement and the gratitude,
There stood how much our meeting owed
To other meetings, other loves.
The decades of a different life
That opened past your inch-close eyes
Belonged to others, lavished, lost;
Nor could I hold you hard enough
To call my years of hunger-strife
Back for your mouth to colonise.
Admitted: and the pain is real.
But when did love not try to change
The world back to itself--no cost,
No past, no people else at all--
Only what meeting made us feel,
So new, and gentle-sharp, and strange?
Beim ersten Mal als wir uns trafen zeigte sich
Beim ersten Mal als wir uns trafen zeigte sich,
Wie gut wir sie beherrschten, jene ersten Gesten,
Hinter dem Mondlicht und dem Frost,
Erregt und dankbar: in unseren Gesichtern stand,
Wie viel unsere Begegnung anderen Begegnungen
Verdankte, anderen Lieben.
Dekaden eines anderen Lebens,
Die deine Augen, halbgeschlossen, wiedererweckten,
Gehörten anderen, vertan, verloren;
Meine Umarmung war nicht fest genug,
Die Jahre meines Hungerkampfes zurückzuholen,
Um deinen Mund ganz zu besitzen.
Zugegeben: und der Schmerz ist wirklich.
Doch wann hätte die Liebe nicht versucht
Die Welt zurück zu verwandeln in sich selbst – um jeden Preis,
keine Vergangenheit, kein Mensch weit und breit –
Nur unsere Begegnung machte uns
So neu und freundlich-scharf und seltsam?
(Übersetzung: Stefanie Golisch)
The first cut is the deepest
“The first cut is the deepest” heißt es in einem alten Lied von Cat Stevens, und in der Tat bietet das Leben reichlich Gelegenheit, diese durchaus schlichten, aber doch zutiefst wahren Worte an sich selbst zu verifizieren, sprich: zum Objekt seiner eigenen Anschauung zu werden. Von Mal zu Mal ein wenig abgebrühter steht man im entscheidenden Moment so weit neben sich, dass man das Welt-Ereignis einer erneuten ersten Begegnung gewissermaßen wie auf einer Bühne wahrnimmt und am liebsten umgehend in einer Art „Traktat über die Liebe“ verarbeiten würde.
In eben jenem, der totalen Entzauberung fast anheim gefallenen Moment, setzt Philip Larkin an, um auf unnachahmlich lakonische Weise denjenigen - oder dasjenige - in uns zu retten, das aller Vernunft zum Trotze dennoch bereit ist, es noch einmal zu versuchen. Nur wie, ohne dass der Versuch a priori zur Farce verkäme, zu wildem Säbelrasseln in Kostüm und Maske?
Man hat seine Lektion gelernt, die ersten entscheidenden Gesten gehören zum selbstverständlichen Repertoire, man beherrscht die gewissen tiefen Blicke aus dem Effeff und schleudert sie dem anderen so zielsicher ins Gesicht, dass er sie mühelos aufnehmen und, wenn er möchte, erwidern kann. In ihnen liegt alles, was man im Leben von den verschiedenen Spielarten der Liebe gelernt hat; Übung hat, wie in vielen anderen Bereichen, auch hier den Meister hervorgebracht.
Einerseits, andererseits.
Einerseits klappt es beim wiederholten Versuch eindeutig besser als beim ersten Mal, als man im strömenden Regen stotternd und rot vor Aufregung voreinander stand, andererseits kann die späte Umarmung jedoch niemals fest genug sein, um den Mund der Geliebten ganz und gar in Besitz zu nehmen, zu „kolonialisieren“ wie es im englischen Original heißt.
Der Schmerz, der in dieser Unentschlossenheit beschlossen liegt, ist ebenso unausweichlich wie „wirklich“, entspricht es doch der innersten Natur der Liebe, selbst dann noch alles auf eine Karte zu setzen, wenn man längst weiß, dass dies eigentlich nicht funktionieren kann.
Die verlorene Unschuld kann bekanntlich nicht zurück gewonnen werden - und doch, ein Abglanz jenes Ur-Zaubers ist, aller Vernunft zum Trotze, stets dann am Werk, wenn zwei Menschen im Augenblick ihrer ersten Begegnung sich selbst noch einmal hervorbringen, wenn sie urplötzlich für sich selbst und für einander, neu werden, „freundlich-scharf und seltsam“: zwei fremde, dunkle Wesen, verloren auf der restlos erhellten Erdkugel. Dass dieses verführerisch-verstörende Bild ausgerechtet von Philip Larkin stammt, dem großen Sarkasten oder Hyperrealisten unter den angelsächsischen Lyrikern, ist einmal mehr der Beweis für die innere Notwendigkeit des Gedichts, das seine Wahrheit zur Not auch gegen seinen Schöpfer behauptet.
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