Birgit Birnbachers Figuren lassen Wale steigen, leihen sich Geld bei der Bank für eine Fischbude in Camden, klettern einarmig auf den Springturm im Freibad, wenn Herbst ist, sitzen mit anderen nackt in fremden Wohnzimmern, wollen was tun, aber am liebsten was Großes. Sie sind politisch, fühlen sich machtlos, solidarisieren sich. Nehmen Drogen, aus Langeweile, überfallen eine Tankstelle, aus Dummheit. Sie leben in der Kleinstadt, sie wollen nicht unbedingt weg, aber hier sein allein reicht nicht. Sie suchen ihren Platz, und während sie sich fragen, was es zu bedeuten hat, dass der Mensch genetisch zu über 50 Prozent mit einer Banane übereinstimmt, kriegt einer die Kurve und eine andere die Panik.
Viel war die Rede von denen über 30. Doch was machen die mit Mitte 20? Ausbildung, studieren, etwas anderes, alles anders. Feiern, die Welt verbessern, labern. Aber das Leben: Ist das schon das Leben? Ist das alles schon ernst? Während sie noch darauf warten, dass es beginnt, müssen sie erkennen, sie sind längst mittendrin. Und aus diesem Mittendrin stürzt sich jemand von der Brücke und einer schaut zu.
"Birgit Birnbacher erzählt – präzise gerade in der Auslassung und ohne falsches Pathos – von jungen Menschen, nicht von hoffnungslos verzweifelten, aber doch von solchen, um die sich der Nebel zu dicht gelegt hat, als dass sie die Möglichkeiten sehen könnten, die das Leben doch noch bereithalten müsste."
Wiebke Porombka, FAZ
"Dass Birnbacher ein Bouquet scheinbar autonomer Geschichten versammelt, kollidiert nur auf den ersten Blick mit dem Gattungsanspruch des Romans: Nach und nach erweist sich, dass diese Geschichten eine genaue soziale Topografie markieren. In ihrem Zentrum stehen desorientierte Schüler, antriebslose oder gescheiterte Studenten, Künstler am Rand des Prekariats, psychisch und physisch Versehrte, Behinderte, Ausgegrenzte, und sie alle bewegen sich in einem 'perspektivischen Niemandsland“, angezogen von einer „magnetischen Leere'. Es gehört zu den Qualitäten des Romans, dass Birnbacher die Innenräume dieser Orientierungslosigkeit ausleuchtet und so Verständnis weckt für das zuweilen befremdliche Verhalten ihrer Akteure. Das Befremden macht einer nüchternen, taghellen Empathie Platz, die nicht auf Schuldzuschreibungen aus ist, sondern auf Einsichten und Erkenntnisse. Dabei kommt der Komposition des Romans entscheidende Bedeutung zu. Die Geschichten driften nicht auseinander, sondern sind auf kunstvolle Weise miteinander verschränkt."
Gerhard Melzer, Der Standard
"Was [die Erzählungen] als Ganzes ergeben, ist ein vielschichtiges, lesenswertes Porträt der Generation Whatsapp. Irgendwo zwischen (Nackt-)Party, Drogen, Provinzlangeweile, Antiaggressionstraining, Therapie und Beziehung suchen Birnbachers Figuren nach ihrem Lebensweg, plagen sich mit einem 'Kummerkörper', dem 'Kleinstadthirnwichsen', der Trauer um ihren Hund oder mit einer magnetischen 'Leere' in sich. […] Birnbachers Ich-Erzählungen setzen meist gekonnt auf Verdichtung, Andeutungen und Leerstellen; sie springen gleich mitten ins Geschehen oder in die dahinjagenden Gedankenströme ihrer Figuren und richten sich einmal empört, dann wieder mit voller Trauer an ein noch unbekanntes Gegenüber. Es dauert, bis man sich die jeweilige Situation des Sprechers erschlossen hat, was ebenso reizvoll ist wie das Herstellen der (auch chronologischen) Bezüge der Texte untereinander. Kurz: ein geglücktes Debüt […]."
Oliver Pfohlmann, Neue Zürcher Zeitung
"'Wir ohne Wal' ist ein Reigen von hingetupften Momentaufnahmen, deren Stärke in ihrer Unmittelbarkeit liegt. Kleine Alltagsdramen, gespeist aus Unruhe, Ratlosigkeit, Desorientierung. Nicht neu das alles, aber als Talentprobe viel versprechend."
Christoph Schröder, Der Tagesspiegel
"Birgit Birnbacher seziert menschliche Fehlbarkeit und ihre Unsicherheiten dabei sprachlich so präzise, ist so nah dran an den ernüchternden, verstörenden und humorvollen Erkenntnissen ihrer Figuren, dass man Sätze aus ihrem Buch herausschreibt, um sie in den richtigen Momenten parat haben zu wollen."
Christin Odoj, Neues Deutschland
"'Wir ohne Wal' […] besticht in erster Linie durch eine eigenwillige, aber überzeugende Gegenwartssprache. […] Birnbacher schätzt elliptische Sätze, die die Lektüre beschleunigen. In ihrem assoziativen Gedankenstrom öffnet die Ich-Erzählerin mit wenigen Worten gänzlich unterschiedliche Lebenswelten.
Sebastian Gilli, Falter
"Über der Stadt schwebt ein Wal als Kunstinstallation – aber eben auch als Symbol für etwas Großes, vielleicht Unerreichbares. Und unten in der Stadt bröckelt das Leben von zehn Menschen. In allem – im Wal und in den Menschen –stecken Geheimnisse, von denen die 31-jährige Salzburgerin Birgit Birnbacher in ihrem Debütroman erzählt. Sie spürt Menschen nach, die es durch das Leben strudelt und von denen sie in sagenhaftem Rhythmus und ganz eigenständigem Ton berichtet."
Bernhard Flieher, Salzburger Nachrichten
"Das Besondere des Buchs ist die Sprache, in der die Betroffenen ihre Befindlichkeit ausdrücken. So ärmlich und durchschnittlich die meisten Charaktere erscheinen, so plastisch und eigentümlich ist die Sprache, die sie verwenden. Es ist kein Großstadtjargon, extrem modische Merkmale kommen nicht vor, aber in Passagen wird der Tonfall der Umgangssprache angedeutet. Durch sie wird deutlich, wie verletzlich die jungen Leute im Grunde sind, wie hoffnungslos sie sich fühlen und wie unbehütet sie groß geworden sind."
Tiroler Tageszeitung / APA
"Die Sprache schafft den beeindruckenden Spagat zwischen lesbarer Alltagsmodernität, beobachtender Genauigkeit und der jeweils eigenen Stimme des bzw. der Erzählenden, ohne stilistisch auseinanderzufallen."
Marcus Neuert, literaturhaus.at
"Birgit Birnbacher findet mit ihrem Debütroman 'Wir ohne Wal' eine Ausdrucksform, indem sie einen besonderen Sound schafft. Nicht Nora, Marko oder gar der Wal, sondern genau dieser Sound wird damit zur eigentlichen Hauptfigur des Romans."
Ana Maria Michel, Missy Magazine
"Die Sprache der Autorin lotet genau aus: Sie ist dringlich, sinnlich, atemlos, ein Stakkato der Vorwürfe, der Empörung, der Verzweiflung, aber auch der leisen, nachdenklichen Töne und der Poesie. Es geht was ab im Leben der jüngeren Generation, aber irgendwas fehlt ihr immer. Ein Debüt mit einem unvergesslichen Sound, von der Größe eines Wales."
Senta Wagner, Hotlistblog