Modernste Verarschung.
Makler. Ein Wort – ein Schreck.
Das sind Menschen mit gelb unterlaufenen Augen und Sabberfaden am Kinn, die dir ein 2-Zimmer-Loch an 4-spurigen Hauptstraßen mit kaputter Spüle als Designer-Loft in individueller Gestaltung für 800,- Euro kalt verkaufen wollen.
Ich hasse Makler wirklich von Herzen. Und doch weiß ich, dass ich Ihnen immer wieder begegnen werde. Wie zum Beispiel an diesem Samstag.
Beim Frühstück mit riesiger Zeitung auf dem Schoß. Ich lese:
- „Gemütliche Dachgeschosswohnung mit Charme, VB, EBK, französischer Balk., Flur, Keller zu sof. oder später, 700,- zzgl. NK/KT/Ct., Besicht. Heute 12 Uhr, Eppendorfer Weg 12.“
Ein Blick auf die Uhr – das schaff‘ ich noch – losgehetzt, ins Auto gesprungen, während der Fahrt Zippe in den Mund und Stadtplan auf den Schoß. Hausnummern zählen, 6, 8, 10 – da! Wieso ich mich so tierisch beeile weiß ich gar nicht.
Parkplatz ist nich‘, egal, stell mich hier an den Rand, springe ja nur kurz rein. Aus dem Auto, kurz das Haus von außen angeguckt, und laufe weiter, was heißen soll, dass das Haus von außen nicht so abstoßend ist, dass ich gleich wieder umdrehe. Das ist die halbe Miete, der Rest kann nicht mehr so schlimm sein.
Treppen hoch, selbstgemalte Schilder weisen den Weg. Noch ’ne Treppe und noch ’ne Treppe (4. Stock ohne Fahrstuhl), Menschenmengen im Flur murmeln leise oder laut.
Ich gehe beherzt rein.
„Guten Tag“ schreie ich, keinen interessiert’s.
Ich gucke mit Hühnerhals an die Decken, die Fenster die Türen, den Boden (Holzdielen, natürlich nicht trittschallgedämmt), der französische Balkon ist ein Gitter vor dem Wohnzimmerfenster mit Blick auf die Straße (4-spurig, na ja, macht ja nix), das VB ist schmuddelig weiß und ziemlich dunkel (Altbauschlauch), ob in die Badewanne auch meine Beine noch reinpassen…?
„Ach, einen Waschmaschinenanschluss, ja, wo soll sie denn noch hin, die Waschmaschine – na ja wenn man eine Leiter zur Hand hat, damit man über die Waschmaschine zur Badewanne gelangt, müsste es gehen“!
Der Makler guckt schon komisch, versteht den Zynismus gar nicht, er verkauft ja gerade eine Traumwohnung vom Feinsten, da sind solche Kommentare nicht sehr beliebt. Die EBK ist zusammengezimmerter Einzelschepper, großzügigerweise ohne Abfindungszahlung von diversen Vormietern dagelassen.
„Wieso steht eigentlich immer „Flur“ in den Anzeigen, gibt’s etwa Wohnungen ohne Flur?“ Er guckt wieder komisch.
Toller Flur, passen sogar meine 40 Paar Schuhe rein, wenn ich die Wände bis zur Decke mit Regalen vollballere, was ich diesmal nur denke, nicht ausspreche.
„Wie groß ist denn der Keller“, frage ich den genervten Makler, er blättert in seinen Unterlagen. 3,89 qm – wow, da kriege ich sogar ein paar leere, zusammengefaltete Kartons rein (gedacht, nicht gesagt, Makler sind so empfindsam).
„Ja nö, aber der Boden is schön, wie viel kostet die jetzt? 950,- inkl. allem, ja hm, ist ja nicht gerade wenig – na ja zu zweit… achso, Sie würden lieber nur an eine Person vermieten am liebsten an einen Nichtraucher, hm, ich rauch‘ nich‘. Wie viel qm sind das jetzt? 77, aha, na ja, danke erst mal.“
Gelähmt vor Fassungslosigkeit und Enttäuschung verlasse ich das Etablissement, stecke mir eine Zigarette an, und sehe ein weißes Zettelchen an meinem Scheibenwischer im Wind flattern. Ein tiefes Seufzen ist alles, was ich mir abringen kann..
Es fängt an zu regnen, wie immer in Hamburg. Ich lebe seit 100 Jahren hier und habe 12 Schirme, aber nie einen zur Hand. DAS, meine Lieben, wird sich auf jeden Fall ändern!