Ausstellung: SchillerZeit in Mannheim
16. September 2005 | Von WT | Kategorie: Allgemein
Ab Samstag den 17. September für das Publikum zugänglich, könnte sich die Sonderausstellung “SchillerZeit in Mannheim” im Anna-Reiss-Saal der Reiss-Engelhorn-Museen als der Höhepunkt des Schillerjahres in Mannheim erweisen, der im Gegensatz zu kurfristigen Events dauerhaft in Erinnerung bleiben dürfte; nicht nur wegen des von Alfred Wieczorek und Liselotte Homering herausgegebenen Begleitbandes.
Das Team um die Kuratorin Liselotte Homering, Leiterin der Theater- und Musikgeschichte der Reiss-Engelhorn-Museen, konzentriert sich auf die Zeit der Uraufführung der Räuber 1872 und Schillers Mannheimer Jahre 1873 – 1875. In Räumen, die in 15 Kapitel gegliedert sind und sich in ihrer Farbgestaltung dem Farbempfinden der Schiller-Zeit annähern, werden Schillers Lebensstationen und Lebensumstände verdeutlicht. Unter den Ausstellungsgegenständen befinden sich viele kulturhistorisch wertvolle Leihgaben, die bisher noch nicht in Mannheim zu sehen waren. Allein durch seine Größe dominiert den Ausstellungsanfang Friedrich August Pechts Monumentalgemälde von 1865 “Friedrich Schiller verlässt nach einer Aufführung im Mai 1782 in Begleitung von Henriette von Wolzogen und Luise Vischer das Mannheimer Theater und wird Gegenstand einer Ovation des Publikums”. In der Ausstellung selbst ist dankenswerter Weise wenig von Schiller-Ovationen zu spüren.
Die Themen kreisen unter anderem um: Schiller und der Theateralltag, Intendant, Schauspieler und Proben. Schiller und das Geld, Schulden, Gläubiger und Gönner. Schiller und Intrigen im Spannungsfeld zwischen Freimaurern und Illluminaten. Schiller und die Medizin; seine Zeit als Militärarzt und eigene Erkrankung an Malaria. Schiller und die Frauen, die Schauspielerinnen Katharina Baumann, Karoline Ziegler, die Tochter seines Verlegers Anna Margaretha Schwan; auch Charlotte von Kalb und seiner späteren Ehefrau Charlotte von Lengefeld begegnet Schiller zum ersten Mal in Mannheim. Schiller und der Literaturmarkt. Was las Schiller, wie kam er an seine damals recht teure Lektüre? Etwas kurz geraten ist Schiller als publizierender Autor, gilt er doch quasi als Urvater des hauptberuflich schreibenden Schriftsteller. Zum Weg der “Räuber” vom “Anonymus” im Selbstverlag über seine Mannheimer Verleger Christian Friedrich Schwan, Tobias Löffler zu Cotta in Stuttgart erfährt man relativ wenig. Zur Entstehung von Kabale und Liebe, Fiesko und Don Karlos hätte man sich vielleicht auch etwas mehr gewünscht. Dafür wird Schillers Scheitern als Zeitschriftenherausgeber deutlich gewürdigt; seine “Rheinische Thalia” kam mangels Subskribenten nicht über ein Heft hinaus.
Ein weiterer Teil der Ausstellung ist, mit Blick auf Mannheim, der Rezeptionsgeschichte von Schillers Dramen auf der Bühne und im Film gewidmet. Parallel zur Ausstellung gibt es ein vielschichtiges Rahmenprogramm. Es geht von literaturwissenschaftlichen Themen bis hin zu “Schiller mit allen Sinnen erleben” und kulinarischen Genüssen. Ausserdem werden jede Menge Veranstaltungen “Schiller für Kids” angeboten; auch Cineasten kommen auf ihre Kosten.
Mit Wehmut steht man nach dem Besuch der Ausstellung vor dem ebenfalls neu eröffneten Museum SchillerHaus in B 5, 7 auf historischem Boden. Im nicht mehr erhaltenen “Hölzelschen Haus” in B 5, 8 hatte Schiller seine letzte Mannheimer Bleibe gefunden. Das Anwesen in B 5, 7 – eines der wenigen in Mannheim erhaltenen barocken Wohnhausemsembles – wurde von der Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen mit Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Landesstiftung Baden-Württemberg erworben, behutsam renoviert, um die Atmosphäre des historischen Ortes zu bewahren. Im Gartenhaus mit seinem Erd- und Mansardengeschoss ist das Museum SchillerHaus untergebracht. In Zusammenarbeit von Reiss-Engelhorn-Museen und Pandora Neue Medien Gmbh in Stuttgart wurde ein multimediales Museumskonzept erarbeitet und realisiert, das im Erdgeschoss “Text und Bild spielerisch in einen Bezug” und den Menschen Schiller näher bringen soll. Im Obergeschoss besteht die Möglichkeit zum “Lesen, Hören, Schmökern” und “zur kreativen Auseinandersetzung mit Schiller”. – Wenn der mit dem Museum SchillerHaus verbundene Wunsch, “erstmals die konkrete und dauerhafte Vergegenwärtigung eines entscheidenden Stücks europäischer Theater- und Literaturgeschichte in Mannheim möglich” zu machen, in Erfüllung gehen soll, muss der dokumentarische Teil der Sonderausstellung “SchillerZeit” in Mannheim spätestens mit der Wiedereröffnung des Zeughauses dauerhaft für die Öffentlichkeit zugänglich sein; sonst bleibt vom SchillerHaus B5,7 aus nur der voyeuristische, virtuelle Blick auf den berühmten Nachbarn, der längst ausgezogen ist aber immer noch die Phantasie beflügelt.
SchillerZeit in Mannheim 17.09.2005 – 29.01.2006 Di. – So. 11 – 18 Uhr, (Montag geschlossen) Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim.
Alfred Wieczorek, Liselotte Homering Hrsg.) SchillerZeit in Mannheim. 190 S. mit 100 Farbabbildungen, Format 22 x 25 cm, Mainz 2005, Phlipp von Zabern ISBN 3-8053-3554-7; 24,90 Euro
* Bilder mit freundlicher Genehmigung Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim
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