Die Vergessenen – Ein Kriminalroman als Hommage an den Mannheimer Widerstand
2. Dezember 2009 | Von WT | Kategorie: Regional-Krimi»Die Parteiführung feierte den jährlichen Kameradschaftsabend zum Gedenken des gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsches von 1923. Hitler tupfte sich die Mundwinkel mit einer Serviette und schickte seinen Adjutanten weg. Dann rückte er näher an seinen Tischnachbarn Goebbels heran und sagte leise: ‘Es ist soweit.’«
Es ist ungewöhnlich, diese beiden Gestalten leibhaftig in einem Mannheim-Krimi auftreten zu lassen. Daniel Morawek tut es symbolträchtig. In Kapitel 9 seines Romans »Die Vergessenen« überschrieben mit »Mittwoch, 9. November 1938, München« geben die beiden den Startschuss für die Pogromnacht. Kapitel 3 ist dem 30. Januar 1933, dem Tag der Machtergreifung, zugeordnet.
Die eigentliche Handlung von Moraweks Krimigeschichte spielt in der Gegenwart. Leonard Kimski, ehemaliger Kommissar und SEK-Gruppenleiter, hat seinen Dienst quittiert und sich als Detektiv und Personenschützer selbstständig gemacht. Er war nur Polizist geworden, um seinen Vater, einen überzeugten 68ger, zu ärgern. Ein Auftrag führt Kimski in eine imposante Heidelberger Villa. Die Hausherrin, Maria Kampowski, beauftragt ihn, nach den Mitgliedern einer in Vergessenheit geratenen Mannheimer Widerstandsgruppe aus der Zeit des Dritten Reiches zu forschen, zu denen auch ihr Mann gehörte. Adelbert Kampowski ist bereits 89 Jahre alt und leidet an einer seltenen Nervenkrankheit. Er sitzt im Rollstuhl und wird rund um die Uhr von einem Pfleger betreut. Maria will ihrem Mann zum Geburtstag ein Treffen mit seinen alten Mitstreitern schenken, ihr Mann darf also nichts von den Nachforschungen erfahren. Die jugendlichen Mitglieder der Widerstandsgruppe haben sich damals gegenseitig nur mit Decknamen angeredet, deshalb kennen weder Adelbert noch Maria ihre wahren Identitäten.
Kimski hat noch nie was von einer Widerstandsgruppe »Die Vergessenen« gehört. Zusammen mit der Journalistin Eva del Monte macht er sich auf die Suche. Ihre Suche wird lebensgefährlich, als Kimski einen Zusammenhang zwischen seinen Nachforschungen und dem mysteriösen Mord an einem jungen Historiker feststellt.
Morawek, von Hause aus auch Drehbuchautor, schneidet ergänzend zur Gegenwartshandlung Szenen aus der Vergangenheit ein. Die Geschichte der Widerstandsgruppe »Die Vergessenen« wird, an bekannte Ereignisse gekoppelt. So entsteht eine spannende Krimigeschichte mit einigen Toten und überraschenden Wendungen. Verblüffend an diesem Krimi ist nicht unbedingt der Plot, wohl aber der Blickwinkel und die Empathie mit der Morawek, Jahrgang 1981, seine Hommage an den Mannheimer Widerstand, insbesondere der Gruppe um Georg Lechleiter, schreibt.
Daniel Morawek: Die Vergessenen. Kehl Verlag, Hamm am Rhein, 2009 ISBN 978-3-935651-36-3bestellen bei Libri
Donnerstag, 03.12.2009. 20 Uhr. Buchhandlung Schwarz auf Weiß, MA-Neckarau. Lesung aus »Die Vergessenen« – musikalische Begleitung: Peppe Sciandrone. (Der sizilianische Jimi Hendrix mit der Stimme von Adriano Celentano singt Widerstandslieder)
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