Heidelberger Poetikdozentur: Alban Nikolai Herbst – Kybernetischer Realismus
13. Januar 2008 | Von WT | Kategorie: LiteraturveranstaltungenMit seinen Vorlesungen im Rahmen der Heidelberger Poetik-Dozentur versucht Alban Nikolai Herbst die Grundzüge einer allgemeinen nach-postmodernen Poetik zu skizzieren, wie er sie für unabdingbar hält, wenn vor allem die Prosa-Dichtung nicht restlos den entertainenden Bach hinabgehn und Literatur eine Bedeutung wiedererringen soll, die sie in den letzten drei Jahrzehnten verspielt hat. Er betont: „Ich spreche von Dichtung, nicht von Schriftstellerei. Es ist wichtig, auf diesem Unterschied wieder zu beharren, und poche darauf, daß es einen Unterschied zwischen den sogenannten E- und U-Künsten gibt, einen Unterschied der Tiefe, der Bedeutung, auch der Härte und des Risikos.“
In seiner 3. Vorlesung am Donnerstag den 17. 1.2008 geht es um die Grundzüge eines zeitgemäßen realistischen Erzählens.
“Kybernetik oder auch die Steuerungs-Lehre spielt bei der Ausbildung der nach-postmodernen Ästhetik für das überleben der Literatur-als-Dichtung eine notwendige, ja entscheidende Rolle: in der de facto unübersichtlich gewordenen Welt (oder See) muss heute anders erzählt (navigiert) werden. Wir sind soeben erst hinausgefahren auf diese See und unsere Fahrt hat sich, anders als in früheren Zeiten, exponentiell beschleunigt: weniger See als Strom-im-Umfang-einer-See. Da Literatur per se ein langsam sich entfaltendes Medium ist, muss sie eine Art entwickeln, die der Beschleunigung sowohl entspricht, als auch sich ihr entgegenstemmt.
Es geht mir um eine narrative und als Narration erfüllte Form des Erzählens, die erreichte Traditionsstände keinesfalls aufgibt, sich jedoch den Gegebenheiten der Gegenwart aussetzt und sie verarbeitet. Fiktionalität wird zum Realitätskriterium, Vermischung eine der Stützen. Der kybernetische Realismus ist ein Erzählen in freier Tonalität, das Dokumentation (etwa Autobiografie) mit Fiktionalem verbindet, diese jedoch auf eine Weise, dass mehrere Möglichkeitsräume gleichberechtigt und sich gleichberechtigt realisierend nebeneinander stehen.” Schreibt Herbst in seiner Vorankündigung.
Wir werden inhaltlich auf die Vorlesungen noch eingehen. Vorarbeiten zu den Vorlesungen und die Vorlesungstexte sind zu finden unter http://www.albannikolaiherbst.twoday.net
Vorlesung am Do, 17.01.2008, 18.00 Uhr, Hörsaal, Karlstraße 16
Schreibseminar: Dichtung in der “Nach-Postmoderne”: Fr, 18.01.08, 11.00-13.00, PB SR 123. Obwohl Herbst für seine Seminare einen „literatur-darwinistischen Ansatz“ postuliert, der erheblich von dem funktionaler creative-writing Seminare abweicht, werden sie fälschlicherweise als solche in der Presse (Mannheimer Morgen) angekündigt.
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