Literaturportal.de: Geld verplempert für Nichts?

20. Juni 2006 | Von | Kategorie: Allgemein

Vom Kulturstaatsminister Neumann mit regierungsamtlichen Weihen versehen und von der Deutschen Schillergesellschaft e.V. Deutsches Literaturarchiv Marbach betrieben ging am 15. Juni das “erste deutsche Literaturportal online”. Auf der Startseite heißt es: “Unter dem Dach des Literaturportals verbinden sich die verschiedensten literarischen Institutionen des Landes, allen voran die grossen Einrichtungen zur Förderung der deutschen Sprache und Literatur und ihres Gedächtnisses.”

Mit im Boot sitzen Goethe-Institut, die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung und der Online-Branchenservice “Kulturkurier”. Das Gedächtnis hat es den Betreibern besonders angetan, soll doch ab August auch ein Terminkalender als “Litfaßsäule mit Gedächtnis” Literaturveranstaltungen nicht nur bundesweit ankündigen sondern auch dauerhaft archivieren und das Herzstück des Literaturportals bilden.

Mit Litfaßsäule liegen die Betreiber gar nicht so falsch – nur mit dem Gedächtnis hapert es ein wenig. Den Terminkalender – ein Produkt des “Kulturkuriers” gibt es schon seit Jahren. Veranstalter und Verlage können dort gegen Bezahlung einer monatlichen Gebühr ihre Termine einstellen. Das Literaturportal bietet weder zusätzliche Termine noch zusätzliche Funktionen. Läßt sich hier ein Dienstleister einfach doppelt bezahlen: von den Veranstaltern, die die Termine veröffentlichen und von der öffentlichen Hand, die die Termine im Literaturportal anbietet? Vor Monaten hatte ich bei E-Mail: info@literaturportal.de angefragt, ob und vom wem der Kalender redaktionell betreut wird und ob eine redaktionelle Mitarbeit möglich wäre – keine Antwort. Für den Terminkalender gibt es anscheinend keine Redaktion – aber einen Beirat, der ihr beratend zur Seite steht.

“Warum nun 150.000 Euro in die Hand genommen wurden, um ein Portal auf die Beine zu stellen, dessen zentraler Teil auf einem Modul beruht, das bereits seit Jahren existiert und genutzt werden kann, ist nicht nachvollziehbar. Das erste Literaturportal sieht tatsächlich aus wie das erste Literaturportal: Es ignoriert konsequent die Entwicklungen der letzten Jahre. Was wäre für 150.000 Euro möglich gewesen? Gerade in Zeiten, in denen im Internet hochspannende Entwicklungen geschehen und völlig neuartige Möglichkeiten der Vernetzung und Kommunikation möglich sind. Ich würde gern wissen, wozu hier die Gelder im Detail verwendet wurden.” Diesen Fragen von Joachim Leser (bluetenleser.de) kann ich mich nur anschließen.

Zur Qualität der im Litertaurportal angebotenen Autorenporträts empfiehlt sich Michael Brauns Artikel im “Tagesspiegel”: “Marbacher Lachnummer”

Übrigens: Mein Terminkalender in “Szyllas Lesezeichen” enthält kostenlose Einträge, ist redaktionell betreut und das Archiv ist bis zum Januar 2004 rückwärts recherchierbar; ohne einen einzigen Cent öffentlicher Förderung.

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Ein Kommentar
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  1. Vor Monaten war die E-Mail-Adresse info@literaturportal.de noch nicht erreichbar. Jetzt ist sie es. Der Kalender (und das Portal) wird redaktionell betreut – von mir. Sie können mir gerne schreiben, ich beantworte Ihnen gerne Ihre Fragen. Bis dann, beste Grüße

    Fritz Niemann