Sibylle Zerr: Blues für einen Schmetterling

7. Juni 2007 | Von | Kategorie: Literaturveranstaltungen

Eine Hommage an New Orleans nennt Sibylle Zerr bei ihren Lesungen ihr Buch “Blues für einen Schmetterling”. Seit September 2006 tingelt sie damit durch die Lande. Die nächste Station am Dienstag den 19. Juni um 19:30 Uhr ist die Buchhandlung Himmelheber in Heidelberg. Musikalisch begleitet wird ihre Lesung von Alexandra Lehmler (Sax) und Matthias Debus (Bass).

Im Frühjahr 2004 reiste die Journalistin Sibylle Zerr nach New Orleans und war von den Menschen am Mississippi so beflügelt, dass sie ihre Erlebnisse aufgeschrieben hat. Sie erzählt von überschäumender Lebenslust und allgegenwärtiger Todessymbolik in einer lebenshungrigen Stadt, begegnet Musikern wie Allen Toussaint und Irvin Mayfield. Ein Jahr nach Hurrikan “Katrina” haben Touristen das “French Quarter” längst zurückerobert. Wer aber die vollkommen zerstörten Bezirke flussabwärts besucht, verliert die Illusion von Normalität. Den Verkaufserlös ihres Buches teilt sich die Autorin deshalb mit Hilfsorganisationen in New Orleans, die sich dem Wiederaufbau der Wohnquartiere vor allem ärmerer Bevölkerungsschichten verschrieben haben.

“Blues für einen Schmetterling” lässt seine Leser nicht unbeteiligt. Der Titel bezogen auf New Orleans und den Grundton des Buches ist schlichtweg genial. Ausstattung und Fotos des Bandes hinterlassen einen wohlgefälligen Eindruck. Thema und Intention verdienen jede Unterstützung. Sprachlich provoziert Frau Zerr.

“…Bryan fletscht die Zähne, sein weißer Ziegenbart vibriert und er röhrt aus voller Kehle, dass der ganze Körper mächtig bebt: “Leute,alles was ich brauche ist eine Sechs-Saiten-Therapie.” Er zuckt mit dem Kopf, so als ob ein Blitzschlag von oben bis unten durch ihn hindurch fährt, wiederholt sein inbrünstig gesungenes Bekenntnis, dass der kehlige Schrei sich wie Blut und Schweiß auf die staubigen Deckenbalken legt und in jede Pore dringt …

…Einsamkeit rinnt wie Kondenswasser von den Metallpfosten der Straßenlaternen und dem blanken Backsteingemäuer der kantigen Häuser. Die Nacht liegt schwarz über den Seitenstraßen von Uptown New Orleans. Regen hat die schwüle Luft schwer gemacht und das Dunkel fast undurchdringlich. Ab und zu fällt ein nasser Tropfen. Irgendwo zischelt eine Querflöte …”

Diese von der Autorin per Pressemitteilung publizierten Textproben und das Buch insgesamt trafen – um im Zerr’schen Sprachduktus zu bleiben – bei einem Drehbuchautor, einem Musikjournalisten, einer Deutschlehrerin und einem schreibenden Psychotherapeuten das Sprachempfinden wie der Bohrer des Zahnarztes den ungeschützten Nerv. Ich halte es mit Heinrich Heine: Andre Zeiten, andre Vögel! Andre Vögel, andre Lieder! Sie gefielen mir vielleicht, wenn ich andre Ohren hätte!

Sibylle Zerr: Blues für einen Schmetterling Begegnungen in New Orleans. 168 Seiten, Hardcover, 14,8 X 21 cm 15 Geschichten und ein Nachwort zu Hurrikan “Katrina” 30 Farb- und 22 Schwarz-Weiß-Fotos BoD, Norderstedt, August 2006. ISBN 3-8334-5289-7
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