Wenn Dichter wandern …
11. Dezember 2003 | Von WT | Kategorie: LiteraturveranstaltungenMigration von Menschen gibt es seit tausenden von Jahren, mochten es Kriege oder Katastrophen sein, die sie bewogen ihre Lebensräume zu wechseln, mögen es heute Armut, politische Konflikte oder ersehnter wirtschaftlicher Wohlstand sein.
Massenhafte Wanderungen konfrontieren auch stets mit dem Fremden, dem Andersartigen aber auch dem Neuen. Eine Verpflichtung geradezu, in einer global immer enger zusammenwachsenden Welt, sich mit den Kulturen anderer Ethnien auseinander zu setzen.
Internationalität, Interkulturalität und Integration fordern Handlungsoptionen, die Gesellschaften, die den Mut haben, sich mit dem Migrationsphänomen kreativ zu beschäftigen, Chancen geben, sich selbstkritisch zu betrachten und zu erneuern.
Denn eigentlich sind die Grundmuster menschlichen Zusammenlebens und ihrer Beziehung zum Überirdischen auf unserer Erde sehr ähnlich, sie spiegeln sich in Mythen, Erzählungen, Religionen wider, deren Grundstrukturen in einer globalen Mythologica gefasst werden können. Die Varianten als gewachsene Unterschiedlichkeiten, die “abweichenden Erzählformen” erzeugen die Vielfalt und die Spannungsfelder, die es gilt fruchtbar umzusetzen.
Auch Dichter `wandern´, Autoren wechseln ihre Lebensräume.
Schreiben, literarisches Schaffen über nationale, sprachliche, kulturelle Grenzen hinaus ist daher ein höchst beachtenswertes Phänomen, das mit Überschreitungen zu tun hat, um Entfremdung entgegen zu wirken. Was immer auch Dichter, Autoren bewegen mag, sich in anderen als ihren ursprünglichen Lebens- und Sprachräumen zu formulieren – literarisch “laut” zu werden in einer “fremden Zunge” – es ist ein mutiges und spannendes Unterfangen.
Beispiele für Autoren, die in einer “Fremd-Sprache” zu literarischem Weltruhm gelangten, gibt es durchaus: Chamisso, Nabokov, Beckett. Und wie es der Mannheimer Germanist Jochen Hörisch jüngst in seiner bei `volltext´ in Wien erschienen Rezension zu Dimitré Dinevs grandiosem Roman “Engelszungen” formulierte: “Die Wörter aus der unheimlich vertrauten Fremde sind die eigentlich vielversprechenden Wörter”.
Die Lesereihe “gutenMORGEN deutschLAND” möchte zu diesem spannungsreichen Dialog ihren Beitrag leisten.
[Bernhard Wondra]
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