Zwei ältere Herren im Foyer und das Spielen mit Geschlechterrollen

9. November 2004 | Von | Kategorie: Literatur u. Medien

Mit Johannes Kunisch und Volker Ullrich waren am fünften November zwei ältere Herren zu Gast in “Literatur im Foyer” bei Thea Dorn, die darum bemüht waren, uns zwei noch ältere Herren – den Alten Fritz und Napoleon – näher zu bringen. Sie taten dies ganz unliterarisch im Duktus publizierender Historiker. Da man ein historisches Seminar schlecht moderieren kann, sah auch Frau Dorn in diesem Teil der Sendung ziemlich alt aus. Wer dabei eingeschlafen ist, obwohl er sich für das Sujet interessiert, muss sich eben die beiden Biographien besorgen.

Die Bestenliste mit Fahrgästen in der Stuttgarter Strassenbahn abzuhandeln, konnte den Eindruck erwecken, man sei im Nachtprogramm mit historischen Zugfahrten gelandet, wenn nicht so schnell zwischen den einzelnen Titeln rumgezappt worden wäre. An der Haltestelle Wielandshöhe sehnte ich mich nach einem Kaffee im Restaurant bei Vincent Klink.

Mit Elisabeth Bronfen und Thomas Meinecke kam nicht nur Musik sondern auch Spannung in die Sendung. “Mich interessiert, welche Themen überdauern die Jahrhunderte; und wie werden diese Themen in den unterschiedlichen Medien transformiert” so beschrieb Frau Bronfen die Beweggründe für ihr Buch “Liebestod und Femme fatale. Der Austauch sozialer Energien zwischen Oper, Literatur und Film”. Der sich entwickelnde Diskurs um das Funktionieren in Geschlechterrollen ermöglichte es Thea Dorn endlich aus der Rolle der Gast- und Stichwortgeberin herauszukommen. Sie diskutierte mit Thomas Meinecke dicht am Text. Meinecke markierte das Spielen mit Geschlechterrollen als einen der zentralen Punkte in der Geschichte der POP-Musik. Frau Bronfen befreit den Begriff der “Diva” mit Bayernkönig Ludwig aus der Fessel des Weiblichen. Bei der Frage nach der Utopie stellt Meinecke fest: “Utopien kommen in meinen Romanen nicht vor. Ich schreibe ja den Dingen immer hinterher.” Frau Bronfen wünscht sich ein postgeschlechtliches Zeitalter, in der Geschlechterrollen keine so grosse Rolle mehr spielen. – Thea Dorn empfahl zum Abschluss ein gutes Buch mit ins Bett zu nehmen – Bücher schnarchen nicht.

Elisabeth Bronfen:Liebestod und Femme fatale. Der Austauch sozialer Energien zwischen Oper, Literatur und Film. Suhrkamp ISBN 3-518-12229-0
Elisabeth Bronfen; Barbara Straumann (Hrsg): Die Diva – Eine Geschichte der Bewunderung. Schirmer und Mosel ISBN 3-88814-308-X
Thomas Meinecke: Musik. Suhrkamp ISBN 3-518-41638-3

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